Wirtualna Polska: In Polen kann man über Pädophilie nicht länger schweigen
Am Mittwoch wurde in Polen im öffentlich-rechtlichen Fernsehen TVP ein Film über Kindesmissbrauch im polnischem Showbusiness ausgestrahlt. Der zweite, nach dem Film über dieselben Verbrechen, nur in der Kirchenwelt, der vor kurzem im privaten Fernsehsender TVN gezeigt wurde.
Jedes Mal, wenn sich jemand mit dem Thema sexueller Gewalt und Pädophilie befasse, verdiene er Respekt. Unabhängig davon, ob er die Täter unter Kirchenleuten oder im Showbusiness bloßstelle, schreibt der Journalist Marcin Makowski für eines der größten Nachrichtenportale Polens WP. Die Frage sei aber, ob man im heutigen Polen über Pädophilie ohne politisches und mediales Tauziehen sprechen könne. Pädophilie der Kirche versus Pädophilie von Prominenten und Geschäftsleuten. Liberales Polen gegen konservatives Polen. Das klinge zwar absurd, aber genau in einem solchen Klischee stecke Polen heute fest.
Das Duell mit den beiden Fernsehdokumenten sei ein schierer Beweis für eine solche Diagnose, schreibt Makowski. Trotzdem haben es die Autoren der Filme geschafft, den Mechanismus der Deckung der Täter, die Impotenz der Staatsanwaltschaft und das Gefühl der Straflosigkeit für Vergewaltiger von zwei Seiten zu beleuchten - alles in allem, auf der Suche nach Gerechtigkeit für die Opfer. Beide Filme zeigen, dass man mit Geld und Einfluss, unabhängig davon, ob Pädophilie aus der Kirche oder aus prominenten Kreisen komme, in Polen aufs Beste gedeckt sei.
Beobachte man jedoch die Reaktion von Politikern und Leuten im Showbusiness nach der Ausstrahlung beider Filme, bemerkt Makowski, so sehe man den gleichen ständigen polnischen Streit zweier verfeindeter Stämme, der dazu führe, dass diesmal sogar Pädophilie klein geredet wird. Diese sinnlosen Streitigkeiten, schreibt der Autor abschließend, lenken nur die Aufmerksamkeit von den Opfern ab. Ohne Zweifel hätten die Regisseure, unabhängig von ihrer Stammeszugehörigkeit, zu etwas Wichtigem beigetragen, lautet Makowskis Fazit für WP: In Polen könne man über Pädophilie nicht mehr länger schweigen und so tun, als wüsste man nichts davon.
Niezależna: Der unerwünschte Erfolg Mitteleuropas
Das regierungsnahe Online-Portal niezależna.pl legt sich mit der westlichen Berichterstattung über Polens Handhabung der Pandemie auseinander. Westliche Zeitungen loben demnach Deutschland dafür, wie gut es mit der Bekämpfung des Coronavirus umgehe. Zwar gehe es Polens Nachbarn besser als den USA, Großbritannien, Italien, Frankreich oder Spanien, aber die Statistiken über Krankheits- und Todesfälle, behauptet "niezależna", seien definitiv schlechter als in Ländern Mitteleuropas. Diese aber wolle niemand loben. Stattdessen sollen im Westen eigenartige Kommentare erscheinen, dass die mitteleuropäischen Regierungen, die sich der Schwächen ihres Gesundheitssysteme bewusst seien, so schnell wie möglich Beschränkungen einführen mussten, um sich aus der Situation zu retten. Ein bevormundender Ansatz der typisch für viele meinungsbildende Kreise im Westen sei. Ihnen sei es schwer zu gestehen, heißt es weiter, dass in diesem Teil Europas etwas besser funktioniere als im sog. "Zentrum der Zivilisation".
"Niezależna" stimmt zwar zu, dass mitteleuropäische Gesundheitssysteme viele Nachteile hätten, aber man könne jetzt auch sehen, dass diese auch im Westen auftreten. Der Grund, warum es Polen, Tschechien oder Slowakei, Ungarn, Rumänien, Kroatien, den baltischen Staaten usw. so gut gehe, überzeugt das Online-Blatt, liege in einer Kombination vieler Faktoren, einschließlich solcher, dass entgegen dem Anschein, Mitteleuropa recht effiziente Staaten und integrierte Gesellschaften habe. Die Welt habe sich verändert, so das Fazit von "niezależna", aber einige westliche Eliten scheinen mental in einer anderen Ära festzustecken.
DGP: Gesundheitsministerium will Millionen von Polen nicht testen
Das Blatt Dziennik/Gazeta Prawna schreibt am Freitag über den Mangel an Tests für Polen im Kampf gegen das Coronavirus. Untersuchungen und Schnelltests sollen fehlschlagen und Laboratorien entsprechende Anforderungen nicht erfüllen. Infolgedessen, wolle das Gesundheitsministerium Millionen von Polen nicht testen.
Die Öffnung der Wirtschaft werde jedoch wahrscheinlich dazu führen, dass Schnelltests häufiger eingesetzt werden müssen. Obwohl das Ministerium eine große Menge davon bereits gekauft habe, sollen frühere Schnelltests in Krankenhäusern eine hohe Unzuverlässigkeit gezeigt haben - eine Ungenauigkeit von sogar bis zu 60 Prozent. Das Auftauen der Wirtschaft berge zudem das Risiko neuer Virusausbrüche und sogar einer zweiten Infektionswelle, überzeugt das Blatt. Aus diesem Grund werde z.B. in den Vereinigten Staaten diskutiert, wie viele Tests täglich durchgeführt werden sollten, um die Wirtschaft sicher abzutauen. Genannt werden sollen Zahlen von einer halben bis zu mehreren Millionen. In Polen aber, erfahren wir, werden bislang täglich rund 20.000 Tests durchgeführt.
Falls Polen die Zahl der sogar genauesten Labortests schnell erhöhen wolle, wäre dies sehr schwierig. Die derzeitige Laborinfrastruktur Polens erlaube es nämlich nicht die Testkapazität signifikant zu erhöhen. Ohne einen Ausbau des Laborpotentials Polens wäre die Qualität der durchgeführten Tests sehr unzuverlässig, schreibt DGP am Freitag über die Herausforderungen, die Polen zur Wiederbelebung der Wirtschaft überwinden müsse.
Piotr Siemiński