Deutsche Redaktion

Zweifelhafte Familiengeschichte des neuen Botschafters?

25.08.2020 10:30
Seit drei Monaten warte der neue deutsche Botschafter in Polen, Arndt Freytag von Loringhoven, auf das sogenannte Agrément. Diese Zustimmung des Gastlandes sei notwendig, bevor ein Botschafter auf Posten gehen kann.
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RZECZPOSPOLITA: Zweifelhafte Familiengeschichte?

Seit drei Monaten warte der neue deutsche Botschafter in Polen, Arndt Freytag von Loringhoven, auf das sogenannte Agrément. Diese Zustimmung des Gastlandes sei notwendig, bevor ein Botschafter auf Posten gehen kann, erklärt in der Tageszeitung Rzeczpospolita Jędrzej Bielecki. Zwischen befreundeten Staaten verlaufe die Prozedur normalerweise schnell. Zunächst habe es Erklärungen für die Verzögerung gegeben. Die Pandemie habe auch das Funktionieren der Politik beeinträchtigt, außerdem habe sich noch vor kurzem in Warschau alles um die bevorstehende Präsidentenwahl gedreht.

Für den Posten in Warschau hätten sich viele wichtige Personen bemüht, stellt der Publizist fest. Doch Bundesaußenminister Heiko Maas, der sich seit längerer Zeit um die Verbesserung der Beziehungen zwischen Warschau und Berlin bemühe, wollte auf einen Diplomaten mit großer Erfahrung setzten. Von Loringhoven sei ehemaliger Vizepräsident des Bundesnachrichtendienstes, er habe zuletzt als Geheimdienstkoordinator bei der Nato in Brüssel gedient. In Polen aber, so Bielecki weiter, habe mehr als die Erfahrung des Diplomaten seine Familiengeschichte Schlagzeilen gemacht. Der Vater des künftigen Botschafters, Bernd Freytag von Loringhoven, ein späterer Bundeswehr-Offizier, habe als Adjutant im letzten Kriegsjahr die Lagebesprechungen im Führerbunker vorbereitet. Für manche Politiker der Regierungspartei sei die Vergangenheit der Familie von Loringhoven problematisch. Die Geschichtsempfindlichkeit in Polen sei allem Anschein nach anders als es sich Bundesaußenminister Maas vorgestellt habe.

Arndt Freytag von Loringhoven sei bereits Botschafter in Prag in den Jahren 2014 – 2016 gewesen. Er möge Osteuropa und lerne intensiv Polnisch, lesen wir weiter. Die Verzögerung, die man zunächst mit der Corona-Krise und der Präsidentschaftswahl erklären konnte, verwandele sich nach und nach in einen diplomatischen Streit. Der zurückgetretene Außenminister Jacek Czaputowicz habe sich in den letzten Jahren bemüht, gemeinsam mit Heiko Maas die strapazierten deutsch-polnischen Beziehungen zu verbessern. Um die Effekte dieser Bemühungen nicht zu zerstören werde sein Nachfolger, Professor Zbigniew Rau, das anschwellende Problem schnell und gekonnt lösen müssen, so Jędrzej Bielecki in Rzeczpospolita.

DO RZECZY: Fehlstart vor dem Regierungsumbau

In seinem politischen Kommentar in der Wochenzeitschrift DoRzeczy bezieht sich der Publizist Piotr Semka auf zwei wichtige politische Veränderungen der letzten Tage. Es geht um die Rücktritte von Gesundheitsminister Łukasz Szumowski und Außenminister Jacek Czaputowicz. Beide Politiker hätten die Entscheidung allein getroffen, schreibt der Publizist. Der Moment sei jedoch alles andere als gelungen. Es scheine als ob die Regierung von Mateusz Morawiecki keine Idee hätte, wie man die steigende Zahl der COVID-Fälle in den letzten Wochen in Polen sinken könnte. Auch die Mundschutz-Lieferungen, in die Mitglieder der Familie von Szumowski eingemischt gewesen waren, würde einen schlechten Eindruck hinterlassen. Es schaue so aus, als ob der Rücktritt noch vor einem nahenden Skandal erfolgen sollte.

Noch überraschender sei die Demission des Chefdiplomaten Jacek Czaputowicz gewesen. Wer ihm zwar genau zugehört habe, habe in den letzten Monaten eine wachsende Müdigkeit gespürt. Er habe das Ministerium in einem schwierigen Moment übernommen und die Lage im Ressort beruhigt. Nun aber habe auch er genug. Laut Gerüchten wollten beide Politiker sich nun erneut dem akademischen Leben widmen. Sollte aber ein Minister die Regierung kurz vor einem angekündigten Umbau verlassen? Und sei die Krise in Belarus tatsächlich ein guter Moment für Änderungen im Außenministerium? - fragt Piotr Semka.

Die Nachfolger der zurückgetretenen Minister seien keine bekannten Politiker. Doch im Kompetenzbereich scheine alles zu stimmen. Dennoch sei die erste Etappe des Regierungsumbaus sehr unbeholfen verlaufen. Czaputowicz und Szumowski seien wie Passagiere eines rasenden Zuges, die plötzlich aussteigen wollten. Unabhängig von Plänen der restlichen Passagiere, schreibt Piotr Semka in der Wochenzeitschrift Do Rzeczy.

DZIENNIK/GAZETA PRAWNA: Lohnerhöhung? Wenn schon, dann nur für den Präsidenten.

Die Löhne der Politiker seien in Polen ein sehr kontroverses Thema. Nach dem letzten misslungenen Versuch die Gehälter der Politiker zu erhöhen, sei die Diskussion aufs Neue entbrannt. Aus einer neuen Umfrage, die im Auftrag der Tageszeitung Dziennik/Gazeta Prawna durchgeführt wurde, gehe hervor, dass nur wenige den Politikern ein höheres Einkommen gönnen würden. Laut fast 50 Prozent der Befragten sollten Politiker höchsten so viel wie jetzt verdienen. Dies gelte auch für die Vizeminister, die – auf das Problem werde seit Jahren hingewiesen – schlecht bezahlt werden und dennoch Entscheidungen treffen müssen, die mit großem Risiko verbunden seien.

Eine Ausnahme stelle das Amt des Präsidenten dar. Hier würden die meisten Befragten eine Lohnerhöhung am ehesten akzeptieren. Der Präsident sei eine Ausnahme – er sei unser Repräsentant, erklärt Marcin Duma die Ergebnisse der Studie. Ansonsten seien Politiker, darunter vor allem die Parlamentarier, eine Gruppe, die nicht besonders hoch geschätzt werde. Deshalb wären die Polen auch nicht bereit, den Vertretern dieser Berufsgruppe mehr zu zahlen, lesen wir in Dziennik/Gazeta Prawna.


Jakub Kukla