Deutsche Redaktion

"Opposition sollte in Bezug auf Deutschland mit Regierung zusammenarbeiten"

01.02.2024 14:28
Gemeinsam können die Regierungskoalition und die Recht und Gerechtigkeit (PiS) weitaus mehr in Punkto Wiedergutmachung von Deutschland erreichen, als getrennt, meint Michał Szułdrzyński von der Rzeczpospolita. Außerdem: Haben die Polen genug vom ewigen Streit zwischen dem Staatspräsidenten und der Regierung? Die Einzelheiten in der Presseschau. 
Polands Foreign Minister Radosław Sikorski and his German counterpart Annalena Baerbock meet in Berlin on Tuesday, Jan. 30, 2024.
Poland's Foreign Minister Radosław Sikorski and his German counterpart Annalena Baerbock meet in Berlin on Tuesday, Jan. 30, 2024.Photo: PAP/Albert Zawada

Rzeczpospolita: Opposition sollte in Bezug auf Deutschland mit Regierung zusammenarbeiten

In der Rzeczpospolita kommentiert Michał Szułdrzyński den Besuch des polnischen Außenministers in Berlin. Wie der Autor erinnert, hatte die oppositionelle Recht und Gerechtigkeit (PiS) während des Wahlkampfs vor einem Sieg der Bürgerplattform (PO) gewarnt, da dieser angeblich einen Sieg Berlins in Polen bedeuten würde. Offenbar, lesen wir, hätten viele konservative Wähler diese Vorhersage ernst genommen und erwartet, dass Außenminister Sikorski Deutschland bei seiner Visite Tribut zollen würde. Es sei jedoch anders gekommen. Sikorski habe sich in Berlin auch ernsthaft zu den Differenzen in der Bewertung der schwierigen Vergangenheit zwischen Polen und Deutschland geäußert und kreative Ansätze zur Entschädigung für Polens Kriegsverluste gefordert. Die PiS habe sich zwar darüber beschwert, dass Sikorski dabei das Wort "Reparationen" nicht ausdrücklich erwähnte. Wie der Autor jedoch erinnert, habe die ehemalige Regierung PiS dies in der diplomatischen Note vor zwei Jahren auch nicht getan. Fazit: Geht es nach Szułdrzyński, habe Sikorski seinen Auftritt in Berlin genutzt, um an die schmerzhafte und ungeklärte Vergangenheit zu erinnern, ohne seinen politischen Gegnern Anlass zu geben, seine angebliche Unterwürfigkeit gegenüber Deutschland zu kritisieren.

Zudem sei es, nach der Intervention des Auswärtigen Amts zum Video der EU-Kommission zum Holocaust-Gedenktag, bereits das zweite Mal, dass der Außenminister, auf heikle historische Fragen in den polnisch-deutschen Beziehungen reagiert hat. 

Die Anführer der größten Oppositionspartei, fährt der Autor fort, hätten ein Narrativ über eine angeblich pro-deutsche Regierung von Donald Tusk und Sikorski geschaffen, in der Hoffnung, jede Annäherung an Deutschland nach den Wahlen als Kapitulation Warschaus darstellen zu können. Die Realität sei jedoch komplizierter, und die Beziehungen zu Deutschland sollten nicht länger Geisel des politischen Streits in Polen sein, insbesondere dort, wo gemeinsame Interessen bestehen. Stattdessen sollte die PiS die Bürgerplattform in Fragen der Vergangenheit unterstützen, anstatt ihr eine pro-deutsche Haltung vorzuwerfen. Dies würde Polen in die Lage versetzen, viel mehr zu erreichen, als es die ehemalige Regierung und heutige Opposition je geschafft hätte, so Michał Szułdrzyński in der Rzeczpospolita.

Dziennik/ Gazeta Prawna: Wie Deutschland Kriegsschäden wiedergutmachen könnte

Auch Maciej Miłosz vom Wirtschaftsblatt Dziennik/Gazeta Prawna betont, dass das polnische Außenministerium weiterhin finanzielle Entschädigungszahlungen von Deutschland für Kriegsverluste erwartet. Und erinnert, dass Außenminister Radosław Sikorski unter anderem in einem Interview mit der “Welt” zu diesem Thema betont hat, dass die deutsche Anerkennung der Vergangenheit auch in Form finanzieller Entschädigungen zum Ausdruck gebracht werden sollte. Geht es nach Miłosz, zeige diese Botschaft, dass der neue Außenminister versteht, dass Polen Reparationen in engerem Sinne wohl nicht erhalten wird, aber das Thema damit keineswegs abgeschlossen ist.

Wie Miłosz erinnert, habe Sikorski vor zwei Jahren in einem Interview erklärt, dass die Polen von Deutschland 163.000 Euro pro Kopf und etwa 450.000 Euro pro Familie erhalten sollten. Eine diplomatische Note an Deutschland habe der Außenminister jedoch damals als unzureichend bezeichnet und gescherzt, dass man den Deutschen den Krieg erklären und gewinnen müsse, um Reparationen zu erzwingen.

Wie der Autor erinnert, hatte der Historiker Prof. Stanisław Żerko vorgeschlagen, dass Deutschland Mittel zur Stärkung der polnischen Armee zur Verfügung stellen könnte, was letztendlich auch Deutschland zugutekommen würde.

Super Express: Polen bewerten die Zusammenarbeit zwischen der Regierung und dem Präsidenten als schlecht

Haben die Polen genug vom Krieg des Präsidenten und des Premierministers? Laut der neuesten Umfrage des nationalen Meinungsinstituts CBOS haben die meisten Polen eine negative Meinung über die Kooperation der beiden Staatsführer, und die Hoffnung auf Besserung scheint zu schwinden, schreibt das Boulevardblatt Super Express. Nur 8 Prozent der Befragten glauben, dass diese Partnerschaft effektiv ist, während fast 80 Prozent Unzufriedenheit mit dem aktuellen Stand der Dinge äußern.

Auf die Frage, welche Partei für diese Situation verantwortlich ist, glaubt die Mehrheit der Befragten (über 41%), dass beiden Seiten der Wille zur Zusammenarbeit fehlt. Wenn jedoch nach Schuldigen gesucht wird, verweisen die meisten auf Präsident Andrzej Duda, wobei 39 Prozent angeben, dass es ihm an Kooperationsbereitschaft mangelt. 18 Prozent schreiben die Haltung der Regierung als Ursache zu. 2 Prozent haben dazu keine Meinung.

Die Meinungen zu diesem Thema variieren je nach politischer Orientierung und Parteizugehörigkeit. So glaubt eine Mehrheit der PiS-Anhänger (57%), dass es hauptsächlich die Regierung ist, die nicht mit dem Präsidenten zusammenarbeiten möchte. Fast 40% denken, dass beide Seiten nicht gewillt sind zu kooperieren. Die Anhänger der Bürgerplattform und der Linken neigen dazu, dem Präsidenten die Schuld für die Probleme in dieser Beziehung zuzuschieben.

Laut 60 Prozent der Befragten sollte die Regierung Maßnahmen priorisieren, die rechtliche Zweifel beseitigen, auch wenn dies zu langsameren Veränderungen führt. 30 Prozent sind der Meinung, dass die Regierung trotz Kritik schnelle Veränderungen in verschiedenen Lebensbereichen einführen sollte, so Super Express.

Autor: Piotr Siemiński