Dziennik/Gazeta Prawna: Neue Ideen für den Handel mit der Ukraine
Heute kommen die polnische und ukrainische Regierung zu Konsultationen zusammen, einen Tag, nachdem sich die EU-Mitgliedsstaaten auf Änderungen der Handelsbedingungen der EU mit Kiew geeinigt hatten. Das Abkommen umfasst potenzielle Importbeschränkungen für sechs landwirtschaftliche Produkte.
Die polnischen und europäischen Landwirte stehen dem Abkommen skeptisch gegenüber, lesen wir in der heutigen Ausgabe des Wirtschaftsblatts Dziennik/Gazeta Prawna. Die Kontingente, so der Vorwurf, würden weiterhin auf einem hohen Niveau bleiben. Zudem sollen die Beschränkungen auch nicht für die problematischsten Produkte, wie Weizen, gelten. Dies sei ein Wahlkampftrick, um den Landwirten Sand in die Augen zu streuen und zu zeigen, dass die EU nicht gleichgültig gegenüber Protesten sei, urteilt im Gespräch mit dem Blatt der Präsident des Instituts für Landwirtschaft (IGR), Szczepan Wójcik. Das Institut hatte die Gründung des paneuropäischen Landwirtschaftsverbands EUnitedAgri initiiert. Diese Plattform, der auch Branchenorganisationen aus Deutschland und den Niederlanden angehören, leitet seit einigen Monaten die europaweiten Protestaktionen der Landwirte.
Die gestern unter den Botschaftern der Mitgliedstaaten ausgehandelte Vereinbarung über neue Handelsregeln mit der Ukraine, so das Blatt weiter, werde sicherlich auch auf der Tagesordnung der heutigen polnisch-ukrainischen Regierungskonsultationen stehen. Im Vorfeld der Gespräche habe Außenminister Radosław Sikorski versichert, dass Polen die Ukraine strategisch unterstützt, was nicht bedeute, dass es keine Probleme in den bilateralen Beziehungen gibt. Wie Sikorski betonte, habe die Ukraine vollen Zugang zum EU-Binnenmarkt erhalten, als die Schwarzmeerhäfen blockiert gewesen seien. Zum Glück habe die Ukraine diese Schlacht gewonnen und heute aus Odessa Schiffe mit Getreide zu traditionellen Absatzmärkten in Afrika und China aufbrechen. Die Zeit der bevorzugten Behandlung neige sich daher dem Ende zu.
Kiew, so die Zeitung, behalte indes seine harte Haltung bei und bezeichne Handelsbeschränkungen mit der EU als ein Geschenk an den Kreml, obwohl die Ukraine wiederholt die Bereitschaft ausgedrückt habe, den Warenfluss zu regulieren und mögliche Mengenbeschränkungen einzuführen.
Geht es nach dem Chef der Kanzlei des Premierministers, Jan Grabiec, sollen die Konsultationen jedoch einen viel breiteren Themenbereich abdecken und eine Gelegenheit für einen Neuanfang in den polnisch-ukrainischen Beziehungen bieten. Szczepan Wójcik vom Institut für Landwirtschaft hofft, dass die Ukrainer bei den Handelsgesprächen ein tiefes Verständnis für die Situation polnischer Landwirte zeigen werden. Er glaubt, dass die Ukraine eine Geste in Richtung Polen machen sollte. “Polnische Landwirte genießen eine sehr große Unterstützung in unserer Gesellschaft. Wenn die Ukraine ihre harte Haltung nicht aufgibt, könnte die Unterstützung für sie zu schwinden beginnen, was der Ukraine selbst schaden würde”, so Szczepan Wójcik im Gespräch mit Dziennik/Gazeta Prawna.
Rzeczpospolita: Wir wollen keine Truppen in die Ukraine schicken
Dziennik/Gazeta Prawna hatte vor Kurzem darauf hingewiesen, dass die Unterstützung für einen Einsatz von NATO-Truppen in der Ukraine in Polen von Jahr zu Jahr gewachsen ist. Die überwiegende Mehrheit ist jedoch weiterhin dagegen, wie auch eine aktuelle Umfrage des Meinungsforschungsinstituts IBRiS für die „Rzeczpospolita“ zeigt. Demnach wollen 74,8 Prozent der Befragten nicht, dass polnische Soldaten und Soldaten aus den NATO-Ländern in die Ukraine geschickt werden. Nur 10,2 % der Befragten sind dafür, und 15 % haben keine Meinung. In der Gruppe der Gegner dieser Maßnahme, so Rzeczpospolita,würden Personen überwiegen, die bei den Parlamentswahlen im Oktober hauptsächlich für die Konföderation (100 %) oder den Dritten Weg (96 %) gestimmt haben. Sie beziehen ihre Informationen über die Weltlage hauptsächlich aus Wochenzeitungen (95 %).
Sei die Abneigung der Polen dagegen, Truppen in die Ukraine zu schicken, überraschend, fragt in seinem Kommentar zur Umfrage der Chefredakteur der Rzeczpospolita, Bogusław Chrabota. Überhaupt nicht. Seit mehr als zwei Jahren, so der Autor, würden wir ständig in der einfachen Logik geschult: Die NATO in Polen sei eine Garantie für Frieden und Sicherheit, die NATO in der Ukraine bedeute einen Weltkrieg. Und selbst wenn das nicht stimmen würde, würden die Polen ihre Meinung wahrscheinlich nicht so schnell ändern. Dieses Muster sei zu fest in den Köpfen verwurzelt. Der höchste Anteil der Unentschlossenen findet sich in der Wählergruppe der PiS, was die Spaltung der Partei von Jarosław Kaczyński in der Frage der Hilfe für die Ukraine widerspiegele. Einerseits werde die militärische Hilfe für Kiew nicht in Frage gestellt, andererseits werde die Ukraine als Gegner, zum Beispiel polnischer Landwirte, dargestellt. Das Ergebnis? Verwirrung und ein hoher Anteil an uneindeutigen Haltungen.
Die Schlussfolgerungen, so der Autor, seien nicht optimistisch. Denn obwohl klar sei, dass die Regierung selbst in kritischen Situationen das Thema des Einsatzes polnischer Soldaten im Osten nicht aufgreifen werde, könne man befürchten, dass diese Haltung zu einer immer größeren Distanzierung der polnischen Behörden zur Unterstützung der Beitrittspläne der Ukraine sowohl zur NATO als auch zur EU führen werde. Die polnische Distanz könne zur Folge haben, dass sich das Beitrittsfenster für die Ukraine langsam schließt. Das wäre natürlich eine Niederlage für Kiew. Und würde vielleicht sogar, in irgendeiner Perspektive, den Weg für eine Übergabe Kiews an mit Putin sympathisierende Kräfte ebnen. In diesem Sinne könne die konfrontative Haltung der ukrainischen Behörden gegenüber Warschau überraschen. Noch überraschender sei es, dass der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj nicht zu verstehen scheine, dass die Ansichten der Polen ein Lackmustest für die Beziehung der Bürger der EU zum von Kiew geführten Krieg sind.
Wenn man jedoch nach dem offensichtlichsten Opfer solcher Ansichten suche, laut denen die NATO nicht in der Ukraine eingreifen sollte, dann sei es die Logik. Dies werde vor allem von der russischen Opposition laut ausgesprochen. Wenn wir keinen Krieg im Westen wollen, müsse Putin am Dnjepr besiegt werden. Mit allen Mitteln. Vielleicht sogar mit der Beteiligung von NATO-Truppen. Der Sieger des Kriegs in der Ukraine werde unsere Grenzen überqueren. Früher oder später, so Bogusław Chrabota in der Rzeczpospolita.
Autor: Adam de Nisau