Rzeczpospolita: Zwei Gewinner nach der zweiten Runde der Kommunalwahlen
Artur Bartkiewicz schreibt am Montag in der Rzeczpospolita, dass die zweite Runde der diesjährigen Kommunalwahlen zwei Gewinner bestätigt habe und die politische Polarisierung in Polen auf einem soliden Fundament stehe. Einer der Gewinner ist die oppositionelle Partei Recht und Gerechtigkeit (PiS), die es trotz Machtverlusts auf nationaler Ebene und schwierigen Monaten geschafft hat, ihre Unterstützung auf dem Niveau der regionalen Wahlen von 2018 zu halten. Bei den Wahlen zu den Kreis- und Gemeinderäten konnte sie die meisten Sitze erringen. Trotz dieses Erfolgs sei der Sieg jedoch bitter, da die Macht der PiS in den Versammlungen aufgrund mangelnder Koalitionsfähigkeit schrumpfe. Doch die Erhaltung ihrer politischen Präsenz, trotz vielfacher Vorhersagen einer Niederlage und eines baldigen Zerfalls, sei ein Erfolg für die Partei von Jarosław Kaczyński.
Auf der anderen Seite hat die liberale Bürgerkoalition (KO) ihre Fähigkeit bewiesen, ihre Macht auszubauen, selbst wenn sie gegen ihren Erzrivalen PiS verliert, insbesondere durch ihre starke Präsenz in den Großstädten, die fest in ihrer Hand bleiben. Laut Bartkiewicz habe die PiS die Großstädte fast kampflos aufgegeben, da ihre Kandidaten lediglich aufgestellt worden seien, um der Form halber präsent zu sein. Das sei ein deutliches Zeichen dafür, dass sie bereits vor der Wahlschlacht die weiße Fahne gehisst hätten. Die Kommunalwahlen hätten daher nur die bestehenden Trennlinien zwischen KO und PiS bestätigt. Der Autor führt weiter aus, dass die KO noch immer nicht den Schlüssel zu den Herzen der Wähler in kleineren Städten gefunden habe, wo die Auswirkungen der liberalen Transformation gemischte Gefühle hervorrufen. Die rasche "Westernisierung", insbesondere im kulturellen Bereich, wecke Widerstand. Für dieses Polen biete Donald Tusk und seine Partei kein verlockendes Narrativ, das mit den sozialen Transfers der Partei Recht und Gerechtigkeit konkurrieren könnte.
Andererseits schaffe es die PiS nicht, das Misstrauen der Wähler in den Großstädten zu überwinden, wo man eine Garantie für den prowestlichen Kurs des Landes erwarte. Konflikte der Partei mit Ärzten oder Lehrern und ein für kleine und mittlere Unternehmer schmerzhaftes Steuersystem hätten ihr ebenfalls nicht geholfen. Die PiS habe ihre Unterstützung auf etwa dreißig Prozent festigen können, aber auch eine Obergrenze dafür gesetzt, schließt das Blatt. Wie Bartkiewicz feststellt, hätten die Kommunalwahlen somit bewiesen, dass die Polarisierung in Polen tief verwurzelt bleibt. Beide Hauptkräfte hätten ihre Hochburgen, hätten aber in den Gebieten des Gegners nichts zu suchen. Solange niemand einen gemeinsamen Nenner für die Wähler beider Seiten finde, werde der Wahlkampf-Clinch zwischen KO und PiS andauern.
Dziennik.pl: Wahlen sind zu einem „Pranger der Demokratie“ geworden
Laut der staatlichen Wahlkommission lag die Wahlbeteiligung in der zweiten Runde der Kommunalwahlen bei knapp über 44 Prozent, verglichen mit 52 Prozent in der ersten Runde. Dies ist ein deutlicher Rückgang gegenüber den Parlamentswahlen vom 15. Oktober 2023, bei denen über 74 Prozent der Wahlberechtigten ihre Stimme abgaben. Warum sinkt die Wahlbeteiligung von Wahl zu Wahl?
Dr. Mirosław Oczkoś, Experte für Image und politisches Marketing, erklärte in einem Interview mit Dziennik.pl, dass die Menschen einfach überdrüssig seien. Es dürfe sie nicht mit einer Überlastung durch Wahlen überfordert werden, insbesondere da bald auch die Europawahlen anstehen. Keine der Parteien im Sejm habe eine Kampagne zur Förderung der allgemeinen Wahlbeteiligung durchgeführt, daher sollte die niedrige Wahlbeteiligung nicht überraschen.
Nachdem eine Wahl abgeschlossen ist, folgt sogleich eine weitere. Für viele Menschen sei dies eine Belastung. Wahlen sollten eigentlich ein Fest der Demokratie sein, doch nun seien sie zu einem „Pranger der Demokratie“ geworden, so der Experte. Im nächsten Jahr stehen zudem die Präsidentschaftswahlen an. Wenn sich die Bürger wie Sklaven dieser zyklischen Wahlen fühlen, könne keine echte Freude daran entstehen. „Aus einem Sklaven wird kein Arbeiter“, bemerkt Dr. Oczkoś. Er gibt zu bedenken, dass vor allem die Opposition für diese Situation verantwortlich sei. Sie würde alles unternehmen, um eine Machtübernahme zu erschweren und die Wahlbeteiligung zu bremsen. Doch auch die Regierungskoalition müsse überlegen, ob die interne Rivalität zwischen den Parteien die Wähler langfristig nicht abschrecke, schließt der Experte im Online-Blatt ab.
Forsal: Niemand schert sich wirklich um die EU-Wahlen
In den bevorstehenden Wahlen zum Europäischen Parlament werden wohl nur wenige Polen gezielt für Entscheidungen auf EU-Ebene stimmen, schreibt Witold Sokała für das Nachrichtenportal Forsal. Politiker machen es ihren potenziellen Wählern dabei nicht leichter. Im Gegenteil, sie betrachten die EU-Wahlen als Nachspiel zu nationalen Parlaments- und Kommunalwahlen. Es scheint, als ob sie die Wahl darauf reduzieren wollen, ob Polen Donald Tusk oder Jarosław Kaczyński bevorzugen.
Laut Sokała könnten die tatsächlichen Kontroversen im neuen EU-Parlament quer durch diese Spaltungen verlaufen. Das würde viele polnische Wähler überraschen, zumindest jene wenigen, die überhaupt verfolgen, wie ihre Vertreter in Brüssel und Straßburg abstimmen. Die Mehrheit scheint eher daran interessiert, was ihre Europaabgeordneten über die innenpolitischen Auseinandersetzungen im Fernsehen und auf Facebook sagen oder welche Auslandsreisen sie für Schulen und Frauenverbände in ihren Wahlkreisen finanzieren.
Sokała stellt auch die Frage, wie manche wählen werden, wenn ihr Favorit eigentlich aus zwei Koalitionsparteien besteht, wie im Fall des Dritten Weges und der Bauernpartei PSL. Eine gehört der konservativen EVP-Fraktion an, die andere der sehr liberalen Fraktion Renew Europe. Die Unterschiede in ihren Ansichten und ihrem Abstimmungsverhalten bei vielen Themen sind deutlich.
Polnische Medien hinterfragen ebenfalls nicht, wie die Kandidaten tatsächliche Lösungen für EU-Probleme sehen – vermutlich weil sie es selbst nicht wissen. Letztendlich ist es nicht ihr Problem, sondern das der Wähler, die für Bananen stimmen, aber stattdessen Gurken erhalten – oder umgekehrt. Solange sie aber noch einmal nach Brüssel reisen können, um das Parlament zu besichtigen und ein gutes Bier zu genießen, scheint das auszureichen. Wir sollten uns daher nicht wundern, dass diese Gemeinschaft nicht wirklich so ist, wie wir sie uns wünschen, so Witold Sokała in Forsal.
Autor: Piotr Siemiński