Rzeczpospolita: EU ohne Armee
In seinem Artikel für die konservativ-liberale Rzeczpospolita argumentiert Jędrzej Bielecki, dass das geplante militärische Kooperationsabkommen zwischen Deutschland und Großbritannien die Pläne zur Stärkung der EU als eigenständige Verteidigungsmacht untergräbt. Während Emmanuel Macron die EU angesichts geopolitischer Unsicherheiten, insbesondere eines möglichen Rückzugs der USA, zu einer eigenständigen Militärmacht entwickeln wolle, so der Autor, wolle Bundeskanzler Olaf Scholz stattdessen auf bilaterale Zusammenarbeit setzen.
Das Abkommen, das von Olaf Scholz und dem britischen Premierminister Keir Starmer derzeit vorangetrieben werde und bis Frühling 2025 unterzeichnet werden solle, lesen wir, orientiere sich am Lancaster-House-Abkommen von 2010, das noch unter völlig anderen geopolitischen Umständen geschlossen wurde – vor dem Brexit und der russischen Invasion in der Ukraine.
Das Abkommen zwischen Deutschland und Großbritannien solle unter anderem gemeinsame Rüstungsprojekte, die Koordinierung von Waffenkäufen und die Sicherstellung der Interoperabilität der Ausrüstung umfassen. Ein Beispiel dafür sei die geplante Gründung eines Konsortiums zur Produktion von Mittel- und Langstreckenraketen. Starmer habe sich in diesem Zusammenhang während seines Besuchs in Berlin mit den Führungskräften führender deutscher Rüstungsunternehmen wie Rheinmetall und Siemens getroffen.
Wie Bielecki erinnert, habe EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen die Ernennung eines Verteidigungskommissars angekündigt. Der scheidende Binnenmarkt-Kommissar Thierry Breton habe die Einrichtung eines 100-Milliarden-Euro-Fonds für den Waffenkauf durch die EU vorgeschlagen. Der derzeitige Verteidigungshaushalt der EU betrage jedoch nur 9 Milliarden Euro über sieben Jahre, während die Länder der „27“ jährlich 350 Milliarden Euro ausgeben. Auch die Chancen auf einen größeren Einfluss der EU-Kommission auf die europäische Rüstungsindustrie würden schlecht stehen. Ein weiteres Problem seien die technologischen Möglichkeiten der EU. Derzeit würden nur 3,5 Prozent der weltweit größten Rüstungskonzerne aus dem vereinten Europa stammen, während die USA 50 Prozent der globalen Rüstungsindustrie kontrollieren.
Scholz habe bereits 2022 daraus Schlüsse gezogen, als er die Initiative „Sky Shield“ angekündigt habe, die sowohl europäische als auch nicht-europäische Technologien umfasse, wie etwa die amerikanischen Patriot-Raketen und die israelischen Arrow-3-Systeme. Der Initiative hätten sich 20 Länder angeschlossen, darunter auch Polen und die Türkei. Ihr Hauptargument: Man könne nicht darauf warten, dass die EU eigene Technologien entwickelt. Damit würde in einem zentralen Element der Verteidigungspolitik erneut nicht die EU die Hauptrolle spielen, so Jędrzej Bielecki in der Rzeczpospolita.
Dziennik/Gazeta Prawna: Wieso sollte die Ukraine nicht auch Belarus angreifen?
Zbigniew Parafianowicz vom Wirtschaftsblatt Dziennik/Gazeta Prawna schreibt über die mögliche „Siegstrategie“ der Ukraine, die Präsident Wolodymyr Selenskyj bald US-Präsident Joe Biden, Vizepräsidentin Kamala Harris und Donald Trump präsentieren könnte. Diese Strategie, so der Autor, umfasse wahrscheinlich eine Eskalation des Konflikts, einschließlich weiterer Angriffe auf russisches Territorium und einer möglichen Internationalisierung des Krieges. Zumindest lasse sich dies aus den jüngsten Entscheidungen der Ukraine schließen. Wie Parafianowicz erinnert, habe die Ukraine am Wochenende den bisher größten Drohnenangriff gegen Russland seit Kriegsbeginn durchgeführt, bei dem 158 unbemannte Fluggeräte den Luftraum des Aggressors durchdrangen. Dabei seien unter anderem Heizkraftwerke in den Regionen Moskau und Twer zerstört worden. Gestern sei der Hauptstadtflughafen Wnukowo wegen der Bedrohung geschlossen worden. Gleichzeitig habe Aljaksandr Lukaschenka gepanzerte Fahrzeuge und Panzer mit taktischen Markierungen (dem Buchstaben B) in Richtung der ukrainischen Grenze geschickt. Wie der Autor erklärt, würden diese Markierungen darauf hindeuten, dass eine bestimmte Bataillonsgruppe zum Angriff bereit ist.
Geht es nach Parafianowicz, könne man nicht ausschließen, dass Selenskyj, statt auf den nächsten Schritt von Lukaschenka zu warten, sich, ähnlich wie im Fall von Kursk, für einen präventiven Schlag entscheiden könnte. Wenn es möglich sei, Russland anzugreifen, warum dann nicht auch das deutlich schwächere Belarus, fragt der Autor. Lukaschenkas Regime könnte dadurch destabilisiert werden, und die Ukraine könnte versuchen, auf belarussischem Territorium mit Hilfe des Kalinowski-Regiments ein Quasi-Staatsgebilde zu errichten, ähnlich wie Russland in anderen eingefrorenen Konflikten. Dies würde ein weiteres Land in den Krieg hineinziehen und damit die Aufmerksamkeit der NATO und USA auf den Konflikt lenken, Chaos in der logistischen Unterstützung des Kriegs stiften und die Kriegslogik Russlands umkehren, das die Idee eingefrorener Konflikte seit Jahren für sich nutze. Aus polnischer Sicht sei diese Strategie jedoch ambivalent, da eine Eskalation in Belarus zu einer neuen Flüchtlingswelle und erhöhter Instabilität an den polnischen Grenzen führen könnte, so Parafianowicz in Dziennik/Gazeta Prawna.
Dziennik/Gazeta Prawna: Die PiS muss sparen
Nach einer Entscheidung der Staatlichen Wahlkommission PKW, die den Finanzbericht der Partei aus der letzten Parlamentswahlkampagne beanstandet hatte, könnte die PiS bis zu 100 Millionen Złoty verlieren, schreibt in der aktuellen Ausgabe das Wirtschaftsblatt Dziennik/Gazeta Prawna. Im günstigsteren Fall könnte die Partei die Hälfte dieser Summe verlieren. Am wahrscheinlichsten sei jedoch der Verlust von 40 Prozent der Wahlkampfkostenerstattung, und langfristig möglicherweise sogar der Verlust der staatlichen Finanzierung überhaupt. Damit würden der einstigen Regierungspartei Sparmaßnahmen bevorstehen.
„Wir haben bereits gewisse Restrukturierungspläne eingeführt, aber es wird keine Entlassungen von Mitarbeitern geben“, versichern PiS-Politiker im Gespräch mit dem Blatt. Sie hoffen jedoch auf die Großzügigkeit der Wähler, besonders im Hinblick auf die Präsidentschaftswahlkampagne im nächsten Jahr. Die Bürgerkoalition KO plane indes Gesetzesänderungen im Bereich der Parteienfinanzierung. Es gelte als fast sicher, dass das Modell, in dem der Sejm die Mehrheit der Mitglieder der Staatlichen Wahlkommission bestimmt, aufgegeben wird. Es gebe auch Überlegungen, dass der Oberste Rechnungshof (NIK) die Finanzberichte der Parteien überprüfen könnte, so Dziennik/Gazeta Prawna.
Autor: Adam de Nisau