Deutsche Redaktion

"Diktaturen in der Verkleidung von Flüchtlingen"

12.11.2024 15:17
Die konservativ-liberale Rzeczpospolita berichtet in ihrem heutigen Aufmacher von der Enttarnung zweier Agenten des belarussischen Geheimdienstes, die in Polen Gegner von Alexander Lukaschenko bespitzelt haben. Trumps Sieg ändert nicht viel an Polens Sicherheit, glaubt Polens Generalstabschef Kukuła. Und: Die Liberalen und Konservativen im Lande haben ein neues Thema zum Streiten.
Na czym polega wojna służb wywiadowczych?
Na czym polega wojna służb wywiadowczych?shutterstock

Rzeczpospolita: Diktaturen in der Verkleidung von Flüchtlingen

Die konservativ-liberale Rzeczpospolita berichtet in ihrem heutigen Aufmacher von der Enttarnung zweier Agenten des belarussischen Geheimdienstes, die in Polen Gegner von Alexander Lukaschenko bespitzelt haben. Dzmitry P. und Maksim K., lesen wir, seien offiziell Eigentümer des 2022 gegründeten Unternehmens “A”, das sich mit Dienstleistungen im IT-Bereich und Autohandel beschäftigen sollte. Tatsächlich handle es sich um Juryj K. und Michaił P., zwei Agenten des Miliärgeheimdienstes GRU in Minsk. Ihre faktische Identität und Rolle hätten unabhängige Journalisten des Belarusian Investigative Center mit Hilfe der Belarusian Cyberpartisans, Hackern die Lukaschenko-Gegner seien, enthüllt.

Von der massenhaften Einwanderung und den damit verbundenen großen Emotionen in den westlichen Gesellschaften können nicht nur terroristische islamistische Organisationen profitieren. Auch aggressive Diktaturen würden diese ausnutzen, schreibt in seiner Stellungnahme zum Thema der Publizist des Blattes Jerzy Haszczyński. Das Kostüm des Flüchtlings oder armen Einwanderers, so der Autor, biete den Geheimdiensten dieser Staaten große Möglichkeiten, Unruhe im Westen zu säen, und andererseits Geheimdienstoperationen durchzuführen – beliebiger Art und in jeder zeitlichen Perspektive. Einige, die in Flüchtlingsverkleidung geschickt würden, könnten sich erst in Jahrzehnten als  nützlich erweisen.

Die Identifizierung der beiden Agenten, so Haszczyński, bedeute jedoch nicht das Ende der Angelegenheit; es sei nicht bekannt, wo sich diese belarussischen Agenten eigentlich befinden. Es sei auch unklar, wie viele ähnliche Versuche die belarussischen und russischen Dienste unternommen haben. Ebenso sei – zumindest der Öffentlichkeit – nicht bekannt, wie stark das russische oder belarussische Agentennetzwerk ist, das in Polen und anderen EU-Ländern aufgebaut worden sei, indem seine Funktionäre sich als oppositionelle Belarussen und Russen ausgegeben hätten.

Das sei ein sehr heikles Problem. Agenten würden ohne Zweifel einen sehr kleinen Teil der vielen Tausend Flüchtlinge darstellen, aber sie würden die polnischen und europäischen Dienste zur Wachsamkeit zwingen. Und vor allem die gesellschaftliche Stimmung gegenüber Einwanderern negativ beeinflussen. Die beiden enttarnten Spione hätten das Agentennetzwerk aufgebaut, aber die überwiegende Mehrheit der belarussischen Informatiker in Polen seien keine Agenten fremder Dienste. Die Aufgabe des Staates sei es, die Bösen herauszufiltern und nicht den Eindruck zu erwecken, dass alle böse sind, so Jerzy Haszczyński in der Rzeczpospolita.  

Rzeczpospolita: Die rote Lampe leuchtet schon

Er glaube nicht, dass sich die Sicherheitslage Polens nach dem Sieg von Donald Trump bei den Präsidentschaftswahlen in den USA stark ändern wird, sagt ebenfalls im Gespräch mit der Rzeczpospolita Generalstabschef Wiesław Kukuła. Man, so der General, müsse daran denken, dass Polen aus amerikanischer Perspektive ein NATO-Land ist, das ein Vorbild für andere darstellt, wie man eigene Verteidigungsfähigkeiten aufbauen sollte, um ein effektiver Bestandteil des Bündnissystems der Verteidigung zu werden. Unsere geopolitische Lage und unser Potenzial würden Polen zudem zu einem kritischen Punkt für alle Sicherheitsprozesse machen, die in Mittel- und Osteuropa stattfinden. Das gebe uns große Chancen für eine strategische und langfristige Partnerschaft. Nicht ohne Bedeutung sei dabei auch die sehr tiefe technische und taktische Integration unserer Waffensysteme. Das Ausmaß der Käufe in den Vereinigten Staaten sei sehr groß. Die amerikanische Präsenz – das seien heute über 10.000 Soldaten und mehrere Schlüsselinstallationen, die in Polen stationiert seien. Wie der General erinnert, könne man die Zahl der US-Soldaten, dank einem vor vier Jahren unterzeichneten Vertrag schnell auf 20.000 verdoppeln. 

Er, so Kukuła, sei sich sicher, dass Polen im Falle eines Angriffs Russlands oder Weißrusslands militärische Hilfe erhalten würde. Die NATO sei heute eine völlig andere Organisation als noch vor zehn Jahren. Ein Beispiel dafür seien die regionalen Pläne sowie die von den Einwohnern Polens beobachteten zahlreichen Übungen, die die Kräfte aus den Alliierten-Staaten gemäß ihren Bestimmungen auf den Kampf vorbereiten sollen. Sicherlich werden wir uns nicht allein verteidigen. Und im Falle eines Angriffs auf die baltischen Staaten würde Polen militärische Hilfe leisten. Denn so funktioniere die NATO. Aus Sicht der Kohäsion des Bündnisses beginne die Sicherheit Polens in Estland und den übrigen baltischen Staaten. Der Kampf um jeden Zentimeter der NATO sei entscheidend für die Glaubwürdigkeit des Bündnisses, so Generalstabschef Wiesław Kukuła im Gespräch mit der Rzeczpospolita. 

Dziennik/Gazeta Prawna: Fach der Uneinigkeit

Indes zeichnet sich ein neues Konfliktthema zwischen Konservativen und Liberalen in Polen ab. Proteste, Appelle und Richtlinien – so plane das konservative Umfeld, auf die Einführung von Gesundheitsbildung in den Schulen zu reagieren, die unter anderem Themen aus dem sexuellen Bereich umfassen werde, informiert das Wirtschaftsblatt Dziennik/Gazeta Prawna. Die Gegner des neuen Fachs glauben, dass dieses ein „Aufzwingen einer Erziehungsvision“ und eine Verletzung der Elternrechte ist. Experten dagegen überzeugen, dass angesichts der heutigen Herausforderungen eine zuverlässige Bildung in diesem Bereich unerlässlich ist. „Das ist eine enorme Chance – vor allem zur Verbesserung des Gesundheitszustands und der Funktionsweise der gesamten Gesellschaft“, argumentiert Prof. Zbigniew Izdebski im Gespräch mit Dziennik/Gazeta Prawna.

Autor: Adam de Nisau

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