Ein Bezirksgericht im westpolnischen Poznań (Posen) hat einen internationalen Haftbefehl gegen einen ehemaligen Stasi-Offizier erlassen. Manfred N. stehe unter Verdacht, Czesław Kukuczka auf dem Grenzübergang Friedrichstraße in Ostberlin in den Rücken geschossen zu haben, um eine Überschreitung der Grenze durch den Feuerwehrmann aus Jaworzno zu verhindern. Kukuczka ist kurz nach dem Schuss im Krankenhaus gestorben.
In dem offiziellen Stasi-Bericht sei von Selbstverteidigung die Rede. Kukuczka, so die offizielle Version, soll eine Waffe gezückt haben und der Stasi-Offizier habe seine Kollegen und sich selbst schützen wollen.
Der tödliche Schuss wurde am 29. März 1974 auf dem Ost-Berliner Eisenbahngrenzübergang Friedrichstraße abgefeuert. Wie das Institut für Polnisches Gedenken (IPN) am Mittwoch informierte, haben polnische kommunistische Funktionäre der Stasi mitgeteilt, dass der Mann ihr Land nicht verlassen darf, selbst wenn dies den Einsatz von Schusswaffen erforderte.
"Als Czesław Kukuczka in Richtung U-Bahn-Tunnel aufbrach, feuerte ein Stasi-Beamter in Zivil, Manfred N., aus rund zwei Metern Entfernung einen Schuss in den Rücken des Opfers", teilte das IPN mit.
Das Institut stellte fest, dass die an der "Verhinderung des Terroranschlags", wie der Vorfall offiziell genannt wurde, beteiligten Funktionäre hochrangige staatliche Auszeichnungen erhielten.
Laut der deutschen Polizei sei Manfred N. noch am Leben und wohne in einem der östlichen Bundesländer. Nach seiner Festnahme werde er des Mordes angeklagt werden, informierte das IPN.
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