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Wiktor Juschtschenko: Polen hat sich zu einem faszinierenden Spieler und einer neuen Führungskraft in Europa entwickelt

29.04.2022 08:10
Der ehemalige ukrainische Präsident Wiktor Juschtschenko sei fasziniert von dem Wandel, den Europa und seine führenden Politiker derzeit in Bezug auf Russland und Wladimir Putin durchlaufen. Er würdigte auch die derzeitige Rolle Polens, das er als einen "faszinierenden Spieler" und eine neue Führungskraft in Europa bezeichnete. 
Wiktor Juschtschenko ist der ehemalige Premierminister (1999-2001) und ehemalige Prsident (2005-2010) der Ukraine sowie eine der Hauptfiguren der Orangen Revolution von 2004.
Wiktor Juschtschenko ist der ehemalige Premierminister (1999-2001) und ehemalige Präsident (2005-2010) der Ukraine sowie eine der Hauptfiguren der "Orangen Revolution" von 2004. PAP/Marcin Obara

Juschtschenko sagte am Mittwoch in einem Interview mit dem Fernsehsender TVN24, dass er sich derzeit in seinem Land aufhalte. "Jeder Ukrainer, egal wo er ist, steht heute an der Front. Wir führen zwei Kriege gegen Putin - einer davon ist ein heißer Krieg, auf dem Schlachtfeld, wo die meisten unserer Streitkräfte mobilisiert sind", so der ehemalige Präsident. Der zweite Krieg ist seiner Meinung nach ein "kalter Krieg, der von der gesamten Gesellschaft der Ukraine geführt wird".

"Ich möchte sehr gerne glauben, dass er auch von der gesamten westlichen Gesellschaft geführt wird. Ich habe den Eindruck, dass die letzten 60 Tage bei Millionen Menschen, auch in Westeuropa, das Bewusstsein darüber, wer Putin ist und was Russland und das russische Volk sind, dramatisch verändert haben. Ich glaube, so was geschieht das erste Mal seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs", betonte Juschtschenko.

Kampf gegen "eine Horde, die aus Sibirien kommt"

Bei der Beschreibung des Krieges in der Ukraine sagte Juschtschenko: "Auf der einen Seite haben wir die Kräfte des Guten, der Freiheit, des Lichts, auf der anderen Seite die Orks". "Wir haben das 18., 17. tiefe Jahrhundert, eine Horde, die aus Sibirien kommt, die uns niemals Frieden geben wird, solange wir nicht in der Lage sind, ihn zu gewinnen", fügte der Politiker hinzu.

Er erinnerte daran, dass Putin nur nach drei Monaten Truppen in Georgien und acht Jahre später in der Ukraine einmarschieren lies. "Das ist eine sehr einfache analytische Logik. Hier muss man wirklich kein Genie sein, um zu verstehen, dass diese politische und energiepolitische Korruption, die durch Putins Hände in Europa eingeführt wurde, ihre Früchte getragen hat", sagte er im Gespräch mit dem Fernsehsender. Er wies darauf hin, dass viele westliche Politiker später für die russische Wirtschaft tätig wurden. "Das ist die sehr dunkle Seite der europäischen Politik, die mich sehr enttäuscht hat und trotz allem immer noch enttäuscht", so Juschtschenko.

Polen ein faszinierender neuer europäischer Anführer

Er fügte hinzu, dass er mit Faszination die neuen Anführer beobachtet, die kürzlich in Europa aufgetaucht sind. "Ich meine Länder, Anführer. Ich bin sehr froh, dass wir heute, wenn wir über die Lage in Europa sprechen, jederzeit Polen (...) sehen können", so der ehemalige ukrainische Präsident. Er erwähnte auch den verstorbenen Präsidenten Lech Kaczyński, "seinen Freund". "Er hat Polen zu einer so großen Führungsrolle verholfen, und heute ist es soweit - Polen ist ein absolut faszinierender Spieler geworden, ein neuer Anführer ohne jeden Zweifel", sagte Juschtschenko.

Juschtschenko ist der ehemalige Premierminister (1999-2001) und ehemalige Präsident (2005-2010) der Ukraine sowie eine der Hauptfiguren der "Orangen Revolution" von 2004. Damals führten Massenproteste der Ukrainer gegen die gefälschten Präsidentschaftswahlen zu einer Wiederholung der zweiten Wahlrunde in der Juschtschenko den pro-russischen Kandidaten Wiktor Janukowitsch besiegte und schließlich als Wahlsieger hervorging. Im September 2004 erlitt Wiktor Juschtschenko eine Dioxinvergiftung, in deren Verlauf sein Gesicht entstellt und seine Organe lebensgefährlich angegriffen wurden.

Im März 2018 antwortete Juschtschenko auf die Frage der BBC, ob der russische Präsident Putin involviert gewesen sei, mit der Aussage, er habe dazu eine Antwort, aber er werde sie nicht aussprechen. Wie er betonte sollte Europa erkennen, dass die größte Bedrohung für seine Bürger ein Russland sei, das im 21. Jahrhundert mittelalterliche Methoden anwende.


PAP, tvn24.pl/ps