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Botschafter Melnyk: "Besuch von Olaf Scholz wäre jetzt eine Priorität"

14.04.2022 13:30
Die Ukraine brauche derzeit nicht nur Worte, aber vor allem mutige Taten, um die fatalen Entscheidungen der Vergangenheit wiedergutzumachen, erklärt im Interview mit der Süddeutschen Zeitung Ukraines Botschafter in Deutschland Andrij Melnyk. Daher wäre vor allem ein Besuch von Bundeskanzler Scholz in Kiew eine Priorität, denn er und seine Regierung können die notwendigen Entscheidungen über Waffenlieferungen und weitere Sanktionen gegen Moskau treffen.
Der ukrainische Botschafter in Deutschland, Andrij Melnyk.
Der ukrainische Botschafter in Deutschland, Andrij Melnyk. Creative Commons Attribution 4.0 International license

Die Ukraine brauche derzeit nicht nur Worte, aber vor allem mutige Taten, um die fatalen Entscheidungen der Vergangenheit wiedergutzumachen, erklärt im Interview mit der Süddeutschen Zeitung Ukraines Botschafter in Deutschland Andrij Melnyk. Daher, so der Diplomat, bestehe kein Zweifel daran, dass Bundespräsident Steinmeier die Ukraine in Zukunft wird besuchen können. Derzeit wäre allerdings ein sofortiges Embargo für russisches Gas und Öl das wichtigste Zeichen der Solidarität mit der Ukraine. Und daher wäre vor allem ein Besuch von Bundeskanzler Scholz in Kiew eine Priorität, denn er und seine Regierung können die notwendigen Entscheidungen über Waffenlieferungen und weitere Sanktionen gegen Moskau treffen. “Es wäre gut, wenn der Bundeskanzler diese Reise antreten würde. Wir würden dies sehr begrüßen. Es wäre nicht nur eine symbolische Geste, aber auch ein Zeichen, dass Olaf Scholz an den Sieg der Ukraine glaubt”, so Melnyk. Derzeit sei Deutschland kein Spitzenreiter in Bezug auf für die Ukraine wichtige Entscheidungen. Und die zögerliche Haltung des Kanzler könne aus seiner Sicht bedeuten, dass dieser auf eine Rückkehr zu normalen Beziehungen mit Russland zählt, so der ukrainische Botschafter. 

Russland habe die Ukraine angegriffen und für Russland sowie die russische Gesellschaft sei sein Staat der Feind Nummer eins. Umso mehr bleibe die “deutsche Sehnsucht nach einer Versöhnung mit Russland” für ihn unverständlich. Deutschland würde fast schon obsessiv nach Positivem in Russland suchen, unabhängig davon, wie schlecht die Situation sei. Eine solche Haltung würde auch Angela Merkel charakterisieren. “Niemand hat besser als sie gewußt, wie angespannt die Beziehungen zwischen Russland und der Ukraine waren und dass Putin keine Verständigung, sondern die Vernichtung seiner Heimat wolle. “Trotzdem ist in Berlin 2015 die Entscheidung für Nord Stream 2 und gegen Waffenlieferungen an die Ukraine gefallen”, erinnert Melnyk. Daher wäre es auch wichtig für Deutschland, wenn Frau Merkel nun Stellung beziehen würde. Es gehe nicht um Schuldzuweisungen, sondern darum, zu verstehen, wie all dies so falsch laufen konnte, fasst Melnyk zusammen.

PAP/adn

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