Es ist die Geschichte einer Gruppe polnischer Diplomaten, die alles riskierten, um Menschen vor dem Holocaust zu retten. In den britischen Buchhandlungen erscheint heute das Buch “Forgers" (Die Fälscher), das die Aktivitäten der Ładoś-Gruppe beleuchtet, die gefälschte südamerikanische Pässe an Juden ausstellte. Oftmals wurden diese Dokumente zu lebensrettenden Tickets.
Wie der Buchautor und bekannte britische Historiker Roger Moorhouse betont, handle es sich um eine weitgehend unerzählte Geschichte. "Es ist eine sehr frische Geschichte, die bisher nur am Rande erwähnt wurde, oft nur in Fußnoten", sagt er.
Die genaue Anzahl der Menschen, die durch diese Aktion gerettet wurden, ist unbekannt. Es gibt viele Lücken in den Archiven und Quellen. "Das Problem besteht auch darin, dass jemand, der ein solches Dokument zum Beispiel Ende 1943 erhalten hat, immer noch anderthalb Jahre in Bełżec überleben musste, wo sich die Bedingungen später erheblich verschlechterten. Darüber hinaus hatten viele von denen, die überlebten, oft keine Ahnung, woher dieser Pass, der sie gerettet hat, eigentlich kam", betont der Historiker. Und ügt hinzu, dass die Liste der Geretteten offen ist. "Ich hoffe, dass beim Lesen bei jemandem ein Licht aufgeht und er sich an eine unerzählte Familiengeschichte mit paraguayischen Pässen erinnert. Vielleicht können wir der Liste weitere Namen hinzufügen", so der Gesprächspartner des britischen Korrespondenten von Polskie Radio.
Sicher ist, dass ohne die gefälschten Dokumenten, Daniel Finkelstein, ein konservativer Lord und bekannter Kolumnist der "Times", nicht zur Welt gekommen wäre. Seine Mutter Miriam konnte von Bełżec in die Schweiz fliehen. "Es gibt Diskussionen, ob Ładoś als 'Gerechter unter den Völkern' betrachtet werden sollte. Nun, sagen wir es so: Für mein Volk wird er es immer sein", sagt Finkelstein.
Aus dem Buch ergibt sich ein Bild eines komplizierten Spiels. Denn entgegen den Erwartungen bestand die größte Herausforderung nicht darin, die Deutschen davon zu überzeugen, dass sie es mit echten Pässen zu tun hatten. Das Problem war, dass ihre Echtheit oft von den alliierten Ländern in Frage gestellt wurde, die sie angeblich ausgestellt hatten, darunter vom US-Außenministerium.
Die Deutschen merkten schnell, dass Juden mit ausländischen Pässen für das Dritte Reich eine Art "Vermögenswerte" waren. "In gewisser Weise tun sie so, als würden sie die Fälschung nicht sehen. Eine solche Person hat für sie einfach einen Austauschwert", betont Roger Moorhouse. Das Dritte Reich konnte Menschen mit gefälschten Dokumenten gegen ihre eigenen Bürger oder gegen Ausrüstung und Geld austauschen.
Die Tragödie bestand darin, dass dieser Wert verschwand, sobald Briten oder Amerikaner die Echtheit des Passes in Frage stellten. Beide Seiten mussten an der Mystifikation teilnehmen. Und die polnischen Diplomaten merkten schnell, dass das Problem oft auf der unerwarteten Seite lag: bei ihren Verbündeten. "Einige Kommentare von Diplomaten des US-Außenministeriums zeugen von schockierender Dummheit oder sogar Grausamkeit", urteilt Roger Moorhouse.
Geht es nach Moorhouse, zeige sein Buch die düstere Wahrheit darüber, wie der Westen auf den Holocaust reagierte. "Die meisten Menschen aus der Außenwelt haben keine Ausreden. Sie können nicht behaupten, dass sie nicht wussten, was vor sich ging. Hinter dem Mangel an Willen, Hilfe zu leisten, steht oft ein düsterer Instinkt. Manchmal ist es Apathie, aber oft ist es einfach Antisemitismus", betont Roger Moorhouse. "Vor diesem Hintergrund sind das Engagement, der Idealismus und die Energie dieser polnischen Diplomaten beeindruckend. Ich glaube, was sie getan haben, war ein Vorbild", fügt er hinzu.
Roger Moorhouse, geboren 1968, hat als Historiker unter anderem mit Professor Norman Davies zusammengearbeitet. Er ist Autor solcher Bücher, wie: "Jagd auf Hitler", "Pakt der Teufel. Hitler-Stalin-Allianz" und "Polen 1939: Die ersten gegen Hitler".
"Fälscher" soll im kommenden Jahr in Polen erscheinen.