Deutsche Redaktion

Ein Jahr Regierung Tusk: Zwischen Fortschritt und unerfüllten Versprechen

15.10.2024 10:26
Ein Jahr nach den Parlamentswahlen und der Bildung der Regierung unter Premierminister Donald Tusk ziehen die Polen und die Regierungspartei Bilanz. 
Warschau, 14.10.2024. Premierminister Donald Tusk (L) bei einer Kabinettssitzung in der Kanzlei des Premierministers in Warschau. Whrend der Sitzung wird der Ministerrat ber Gesetzesentwrfe beraten: ber den Aufbau eines Regulierungsrahmens fr den Betrieb des Wasserstoffmarktes in Polen, eine nderung des RES-Gesetzes und eine nderung des Spor
Warschau, 14.10.2024. Premierminister Donald Tusk (L) bei einer Kabinettssitzung in der Kanzlei des Premierministers in Warschau. Während der Sitzung wird der Ministerrat über Gesetzesentwürfe beraten: über den Aufbau eines Regulierungsrahmens für den Betrieb des Wasserstoffmarktes in Polen, eine Änderung des RES-Gesetzes und eine Änderung des Spor PAP/Albert Zawada

Laut einer Umfrage der Zeitung "Dziennik Gazeta Prawna" bewertet eine knappe Mehrheit der Polen das vergangene Jahr der Regierung Tusk positiv. 38,1 Prozent der Befragten gaben an, die Regierungsarbeit gut zu bewerten, während 32,5 Prozent sie negativ einschätzen und 27,6 Prozent neutral bleiben. Knapp 2 Prozent der Befragten hatten keine Meinung zu diesem Thema. 

Ein zentrales Anliegen der Bevölkerung ist das Tempo der Umsetzung von Wahlversprechen. Fast 57 Prozent der Befragten sind der Meinung, dass die Umsetzung zu langsam voranschreitet, während knapp 41 Prozent dies positiv bewerten. Die Bürger erwarten, dass die Regierung vorrangig folgende Themen angeht: Verbesserung des Gesundheitssystems (56 Prozent), Senkung der Steuern (40,5 Prozent) und Reform des Justizwesens (fast 38 Prozent). 35 Prozent der Anhänger des Regierungslagers warten auf eine Erleichterung des Zugangs zu Abtreibungen, während fast 50 Prozent der Oppositionsanhänger eine Modernisierung der polnischen Armee fordern.

Unternehmer loben Offenheit und kritisieren Mangel an konkreten Maßnahmen

Auch die Unternehmer ziehen eine gemischte Bilanz des ersten Regierungsjahres. Wie die Zeitung "Rzeczpospolita" berichtet, schätzen die Unternehmer die Offenheit der Regierung für Dialog, bemängeln jedoch einen Mangel an konkreten Maßnahmen. Fast 44 Prozent der befragten Unternehmer gaben an, dass sie unter der aktuellen Regierung genauso agieren wie unter der vorherigen Regierung der Recht und Gerechtigkeit (PiS). 25 Prozent empfinden ihre Situation als besser, während fast 27 Prozent sie als schlechter oder deutlich schlechter einstufen.

Positiv hervorgehoben werden die Bereitschaft der Regierung zum Austausch mit der Wirtschaft, die Einbindung von Unternehmervertretern in verschiedene Regierungsgremien sowie positive Veränderungen im Justizwesen. Auch die Freigabe von Geldern aus dem Nationalen Wiederaufbauplan wurde anerkannt. Kritisch sehen die Unternehmer den fehlenden Wandel bei der Berechnung der Krankenversicherungsbeiträge und die koalitionsinternen Spannungen in dieser Frage. Zudem wird der Regierung vorgeworfen, keine langfristigen Ziele in der Wirtschaftspolitik zu definieren und die hohen Energiepreise nicht in den Griff zu bekommen.

Politiker der Bürgerkoalition sehen Regierung auf gutem Kurs

Die Politiker der Bürgerkoalition ziehen ebenfalls Bilanz und betonen, dass trotz zahlreicher erfüllter Wahlversprechen der Zustand des Landes nach acht Jahren PiS-Regierung die vollständige Umsetzung aller Vorhaben erschwert habe. Marta Wcisło, Abgeordnete der Bürgerkoalition, wies darauf hin, dass seit der Regierungsbildung am 13. Dezember zahlreiche Versprechen eingelöst wurden, insbesondere zur Verbesserung der finanziellen Situation von Lehrern und im öffentlichen Dienst. "Die Regierung tut, was sie kann. Natürlich hätten wir gerne alles sofort umgesetzt, was wir versprochen haben, aber wir wussten nicht, dass es so schlecht steht. Ich gebe eine gute Note. Ich hätte gerne eine sehr gute gegeben, und vielleicht wäre es so, wenn wir das volle Ausmaß des Zustands des Landes gekannt hätten," sagte Wcisło.

Grzegorz Napieralski, ebenfalls Abgeordneter der Bürgerkoalition, hob hervor, dass es gelungen sei, die finanzielle Situation von Familien zu verbessern. "Vier plus, gute vier plus (Anm. der Redaktion: in Polen ist die fünf die höchste Note). Einiges konnten wir nicht umsetzen, weil es den Präsidenten gibt und wir daher bestimmte Änderungen nicht einführen können. Aber einige Dinge haben wir geschafft, was mich sehr freut. Das, was wir umgangssprachlich 'Omageld' nennen oder die Hilfe für Eltern von behinderten Menschen. Solche Dinge, die den Menschen nahe sind, haben wir gemacht," erklärte Napieralski.

Krystyna Szumilas betonte die anhaltende Anstrengung der Regierung im Kampf für Rechtsstaatlichkeit. "Wir ordnen Polen nach dem Chaos und der Zerstörung des Rechtsstaats durch die PiS. Das ist sehr schwierig. Wir machen es systematisch und werden es weiterhin tun, damit Polen ein demokratischer Staat mit starken Institutionen ist, ein Staat, der den Menschen gegenüber freundlich ist," sagte sie.

Bei den Parlamentswahlen am 15. Oktober 2024 hatte zwar die Recht und Gerechtigkeit (PiS) die meisten Stimmen erhalten, jedoch keine absolute Mehrheit erreicht. Schließlich bildete Donald Tusk eine Regierungskoalition aus der Bürgerkoalition, dem Dritten Weg und der Neuen Linken. Die Wahlen verzeichneten mit 72,9 Prozent die höchste Wahlbeteiligung seit der Wende.

IAR/adn

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