Deutsche Redaktion

„Der erste Kreis der Hölle“ - 85 Jahre seit der ersten Massendeportation von Polen in die Sowjetunion

10.02.2025 11:52
Diese Aktion war Teil einer gezielten Strategie des NKWD, die polnische Elite zu schwächen. Überfüllte Viehwaggons, mangelnde Hygiene und fehlende medizinische Versorgung forderten bereits während des Transports viele Opfer.
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Heute jährt sich die erste Massendeportation polnischer Bürger in die Sowjetunion zum 85. Mal. In der Nacht vom 9. auf den 10. Februar 1940 verschleppten sowjetische Sicherheitskräfte rund 140.000 Menschen aus den östlichen Gebieten der Zweiten Polnischen Republik nach Sibirien, Nordrussland und Kasachstan.

Diese Aktion war Teil einer gezielten Strategie des NKWD, die polnische Elite zu schwächen. Betroffen waren vor allem Militärsiedler, Förster und Eisenbahner mit ihren Familien. Die Deportationen erfolgten unter unmenschlichen Bedingungen: Überfüllte Viehwaggons, mangelnde Hygiene und fehlende medizinische Versorgung forderten bereits während des Transports viele Opfer.

“Das war der erste Kreis der Hölle”

In den Arbeitslagern erwartete die Deportierten eine harte Realität. „Das war der erste Kreis der Hölle“, beschreibt der Historiker Jerzy Rohoziński vom Instytut Pileckiego die Situation. Die Deportierten wurden gezwungen, schwere körperliche Arbeiten zu verrichten, insbesondere in der Holzindustrie. „15-Jährige bekamen Äxte und Sägen in die Hand, während jüngere Kinder Zweige sammelten oder andere kleinere Aufgaben übernahmen“, so Rohoziński weiter. Die Arbeitsbedingungen waren extrem – eisige Temperaturen, mangelhafte Ernährung und miserable Unterkünfte prägten das Leben in den Lagern.

„Die Sterblichkeit war hoch, aber wir wissen nicht genau, wie viele Menschen ums Leben kamen“, erklärt der Historiker. Schätzungen zufolge starben jährlich zwischen 15 und 30 Prozent der Deportierten an Hunger, Krankheiten oder Erschöpfung. Auch medizinische Versorgung war kaum vorhanden. „Wenn jemand krank wurde, hatte er kaum eine Chance zu überleben“, sagt Rohoziński.

Schätzungsweise 330.000 Polen verschleppt

Zwischen 1940 und 1941 fanden insgesamt vier große Deportationswellen statt, bei denen schätzungsweise 330.000 Polen in die Sowjetunion verschleppt wurden. Die vierte und letzte Massendeportation erfolgte im Juni 1941, kurz vor dem deutschen Angriff auf die Sowjetunion. Ein halbes Jahr später erreichte General Władysław Sikorski ein Abkommen mit Stalin, das die Evakuierung von 25.000 polnischen Soldaten und zahlreichen Zivilisten ermöglichte.

Obwohl einige Deportierte nach 1946 repatriiert wurden, kehrten viele nie in ihre Heimat zurück. Nach dem Krieg gehörten die polnischen Ostgebiete zur Sowjetunion, wodurch eine Rückkehr unmöglich wurde. „Selbst wer überlebte, fand keinen Weg zurück – entweder strandeten sie in einem fernen Teil der Welt oder mussten sich in einem Land zurechtfinden, das nicht mehr ihre Heimat war“, resümiert Rohoziński.

Zum Gedenken an diese Tragödie finden heute in Warschau, Krakau und Białystok offizielle Zeremonien statt.

IAR/adn

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