Die polnischen Romantiker hatten es schwerer als ihre Zeitgenossen in anderen Ländern: Aus dem Machtbereich des zaristischen Russlands ins französische Exil gezwungen, verkörperten sie dort häufig jenen Typus des politischen Schriftstellers, der eigentlich nie anerkannt, sondern fast immer nur diskreditiert worden war. Zudem konnten sich in Paris nur wenige von ihnen finanziell über Wasser halten. Auch der Nationaldichter Juliusz Słowacki konnte zunächst nichts veröffentlichen. Dafür erwies er sich aber als ein Finanzexperte, der nur selten über Geldsorgen klagte.
Zwischen gemäßigtem Reformismus und revolutionären Konzepten
Obgleich die polnische Romantik - entgegen dem Selbstverständnis ihrer Hauptvertreter - nicht die kulturrevolutionäre Bewegung war, die sie zu freien Individuen machen konnte, so schuf sie in Paris doch einen produktiven Freiraum, der es ihnen ermöglichte, am dortigen Kulturleben teilzunehmen. Die politischen Vorstellungen von Mickiewicz oder Słowacki waren dabei keineswegs einheitlich. Sie differierten von einem eher gemäßigten Reformismus bis hin zu radikalen Konzepten einer revolutionären Umgestaltung des künftigen Polens. Einheitlicher als die politischen Visionen, die oftmals von den örtlichen oder biographischen Gegebenheiten abhingen, waren die Vorstellungen von der Rolle der polnischen Literatur im gesellschaftlichen Prozess. Gegen das Programm der ästhetischen Erziehung der französischen Romantiker setzten die Exilpolen ihr Modell einer „eingreifenden“ Literatur.
Finanzielle Engpässe
Noch etwas anderes war zu dieser Zeit einheitlich: In Paris litten polnische Autoren an mangelnden Veröffentlichungsmöglichkeiten und damit häufig an finanziellen Engpässen.
Wie hieß es doch gleich: „Der hungrige Bauch hat keine Augen und Ohren für idealisierende Kunstwerke“. Die materielle Armut nahm vielen polnischen Intellektuellen häufig den Wind aus den Segeln, schränkte ihre Wirkungsmöglichkeiten ein.
Słowacki: Kränkelnder Jüngling, Meister des Wortes und... Finanzgenie?
Anders bei Juliusz Słowacki: Zwar galt er zeitlebens als ein „zarter, kränkelnder Jüngling“ (Miłosz), der verfrüht verstarb, doch was seine Finanzen anging, zeigte sich der sonst so emotionsgeleitete Schriftsteller eher vernünftig, sachlich und analytisch. Was viele nicht wissen: Słowacki, der von seinen Landsleuten mitunter als „exaltiert“, „verrückt“ oder „impulsiv“ beschrieben wurde, erwies sich als ein viel bestauntes Finanzgenie, das in Eigenregie an der Börse investierte, die Risiken und Vorteile der Spekulation früh abzuwägen wusste sowie beträchtliche Gewinne erzielte. Ein Beitrag von Wojciech Osiński.