Neben der Balladendichtung entfaltete Friedrich Schiller ein umfangreiches dramatisches Schaffen, das er vorher minutiös mit historischen Arbeiten vorbereitet hatte. So konnte er in vielfältiger Weise auf Epochenereignisse reagieren, sie künstlerisch erfassen und über die Wirkungskraft des Theaters einem breiten Publikum zugänglich machen. Hatte Schiller 1784 mit seinen „Räubern“ einen Griff in die deutsche Wirklichkeit getan, so thematisierte er in seinen späteren Dramen historische Begebenheiten in anderen europäischen Ländern. So befasste er sich in dem Drama „Maria Stuart“ mit der englischen Geschichte des 16. Jahrhunderts. Wenig später weckte das Leben der französischen Widerstandskämpferin Johanna von Orléans sein Interesse. Im Jahr 1785 arbeitete er in Leipzig an seinem Stück „Don Carlos“, dessen Handlung sich vor dem Hintergrund des durch die spanische Besetzung der Niederlande ausgelösten Achtzigjährigen Krieges abspielt.
Das Schiller Haus in Leipzig
Doch auch Polen und Russland spielten in seinem Schaffen eine bedeutende Rolle. In Sachsen setzte sich Schiller erstmals mit der „Zeit der Wirren“ im Moskauer Reich auseinander. Die „Smuta“ dauerte von 1598 bis 1613 und war von Hungersnöten, Machtwechseln, sozialen Unruhen und dynastischen Legitimationskrisen gekennzeichnet. Einer ihrer Schlussakkorde war der Krieg mit Polen-Litauen.
„Der Unterschied zwischen Polen und Russen liegt auf der Hand: Die einen sind frei und unabhängig, die anderen unterwürfig und gedemütigt, bemerkte Schiller im Zusammenhang mit seinem Stück „Demetrius“. Das unvollendete Drama beweise, dass die damaligen Probleme nichts an ihrer Aktualität eingebüßt haben, meint der Historiker Andrzej Nowak. Schillers Bühnenstück wurde jüngst von dem Bestsellerautor Antoni Libera ins Polnische übersetzt.
Aus Leipzig berichtet Wojciech Osiński.