Rzeczpospolita: „Nein zum wissenschaftlichen Polexit“
Die Nobelwoche hat begonnen, und polnische Wissenschaftler nutzen die Gelegenheit, um in einem Appell mehr Mittel für die Forschung zu fordern. Sie bitten die Regierung, zusätzlich 70 Millionen Euro für das Nationale Wissenschaftszentrum (NCN) bereitzustellen. Ohne die Bedürfnisse des Militärs infrage zu stellen, verglichen sie diese Summe mit den Kosten für zehn Abrams-Panzer, berichtet die liberal-konservative Zeitung Rzeczpospolita.
Nach den stark kritisierten personellen Veränderungen im IDEAS-Zentrum für die polnische Forschung zur künstlichen Intelligenz wenden sich zunehmend Wissenschaftler in offenen Briefen an Premierminister Donald Tusk. Zu den besorgten Wissenschaftlern zählen auch Empfänger renommierter Stipendien des Europäischen Forschungsrats (ERC). Bisher haben sich 45 dieser Forscher schriftlich an den Regierungschef und den Wissenschaftsminister gewandt, um zusätzliche Mittel zu fordern. Die Wissenschaftler warnen, dass die geplanten zusätzlichen 50 Millionen Euro nicht ausreichen, um die Erfolgsquote von 20 Prozent aufrechtzuerhalten – nur so viele der Bewerber würden letztlich Forschungsgelder erhalten.
Die Forscher sind sich einig, dass ohne staatlich finanzierte Grundlagenforschung polnische Wissenschaftler kaum Chancen auf einen Nobelpreis hätten. Zudem wird es immer schwieriger, junge Talente im Land zu halten. Das Potenzial Polens werde nicht genutzt, meinen die Forscher. Polen erhalte nämlich nur so viele ERC-Stipendien wie kleinere Länder wie Ungarn oder Tschechien. Laut Prof. Maciej Nowotny vom Internationalen Institut für Molekular- und Zellbiologie in Warschau liege dies unter Polens Potenzial. Immerhin sei Polen die sechstgrößte Volkswirtschaft der EU und verfüge über junge, talentierte Menschen. Obwohl zehn Polen kürzlich ERC-Stipendien erhielten, planten acht von ihnen, ihre Forschungen im Ausland fortzusetzen. Nowotny warnt daher vor einem „wissenschaftlichen Polexit“, der Polen real drohe.
Nach Ansicht von Nowotny brauche es ein langfristiges Modernisierungsprogramm. Polen sei derzeit nur ein „Subunternehmer“ und Lieferant von Rohstoffen und billigen Arbeitskräften. Das wolle jedoch niemand. Polen müsse eine eigene Technologie und wissensbasierte Wirtschaft aufbauen. Dies sei nicht nur eine Frage der Entwicklung, sondern auch der Souveränität. Polen brauche eigene Experten für künstliche Intelligenz, Demografie und moderne Gentherapien. Der Weg dorthin führe nur über eine verstärkte Finanzierung der Grundlagenforschung, die laut Nowotny für die meisten wissenschaftlichen Durchbrüche verantwortlich sei.
Dziennik/Gazeta Prawna: „Polnische Wissenschaft ist für Politiker nicht wichtig“
Auch die Zeitung Dziennik/Gazeta Prawna (DGP) berichtet über die zunehmende Debatte um die Verwaltung der polnischen Wissenschaft. Ursache sei nicht der Widerstand der Wissenschaftler, sondern eine Reihe schockierender Entscheidungen im Ministerium für Wissenschaft und Hochschulbildung. Besonders die Entlassung von Prof. Piotr Sankowski, dem Leiter des polnischen Forschungs- und Entwicklungszentrums für künstliche Intelligenz, habe für Diskussionen gesorgt. Die Stanford-Universität habe Sankowski kürzlich unter die besten 2 Prozent der Wissenschaftler weltweit eingestuft.
Der Vizepräsident der Polnischen Akademie der Wissenschaften kritisiert, dass die „Fehler“ des Ministeriums nicht nur Ausrutscher, sondern zur Regel geworden seien. Leider interessiere sich die polnische Öffentlichkeit noch weniger für Wissenschaft als für Nachrichten aus dem Ausland. Die DGP hebt hervor, dass viele Institute, deren Mitarbeiter keine Anhänger der PiS-Partei waren, sich durch die Veränderungen nach den Wahlen gedemütigt fühlten. Diese Veränderungen seien ein weiterer Rückschlag für Polens Bemühungen, sich wissenschaftlich international besser zu positionieren, was auch durch die Kontroversen um Entscheidungen der Regierung zum Zentralen Flughafen (CPK), zur Atomkraft und zum Hafenausbau verdeutlicht werde.
Die Proteste der wissenschaftlichen Gemeinschaft seien besonders heftig, da die frühere Leitung des Wissenschaftsministeriums so viel Vertrauen und Hoffnung auf positive Veränderungen nach den Wahlen geweckt habe. Innerhalb weniger Monate sei dieses Vertrauen verspielt worden. Die Leitung des Ministeriums durch die Linke werde für die Geschichte der polnischen Wissenschaft so bedeutsam sein wie ein Banküberfall, schreibt die DGP. Zuvor sei die Lage jedoch kaum besser gewesen, denn jeder Wissenschaftsminister der letzten Jahre sei schlechter bewertet worden als sein Vorgänger, unabhängig von der politischen Zugehörigkeit.
Wenn nun die überwiegend liberale wissenschaftliche Gemeinschaft in Polen, die der Linken nahesteht, feststellt, dass sie unter dem früheren nationalkonservativen Minister wenigstens wusste, was zu erwarten war, dann habe die polnische Linke einen Weltrekord in der Entfremdung ihrer natürlichen politischen Basis aufgestellt. Indem sie den scheinbar „unwichtigen“ wissenschaftlichen Teil der Politik als politische Beute betrachteten, habe die Linke zur größten Imagekrise der Regierung beigetragen, schließt die DGP.
DoRzeczy: Trump setzt auf gesunden Menschenverstand
Der Chefredakteur der rechtskonservativen Wochenzeitung Do Rzeczy kommentiert das Interview von Donald Trump mit dem ebenfalls rechtskonservativen privaten Fernsehsender TV Republika. In diesem Gespräch erklärte Trump, dass die Andeutungen seiner Rivalin Kamala Harris, die Vereinigten Staaten könnten Polen während seiner Präsidentschaft im Stich lassen, eine Lüge seien. Keiner habe so viel für Polen getan wie er. Trump betonte auch, dass er die NATO gestärkt habe, indem er rückständige Mitgliedstaaten unter Druck gesetzt habe, ihren vereinbarten Beitrag zur kollektiven Verteidigung zu leisten.
Wie Paweł Lisicki anmerkt, lohne es sich, auf Trump zu setzen, da er von gesundem Menschenverstand und Eigeninteresse geleitet werde. Trump habe verstanden, dass die NATO nur dann langfristig funktionieren könne, wenn alle Mitglieder ihren Beitrag leisten.
Lisicki führt weiter aus, dass die USA nicht alleine für alles bezahlen und Verantwortung übernehmen können, während die anderen Bündnispartner keinen Beitrag leisten und dennoch mit US-Geldern versorgt werden. Nach Lisicki verbindet Trump das nationale Interesse mit dem Gemeinschaftsinteresse und glaubt mehr an diese pragmatische Herangehensweise als an globalistisch-utopische Projekte, die lediglich viele schöne Worte hervorbringen, aber im Wesentlichen leer bleiben. Wenn es ums Bezahlen gehe, gäbe es keine Partner, und die ganze Sache verpuffe.
Zudem wiederhole Trump in dem Interview, dass Putin es nicht gewagt hätte, in die Ukraine einzumarschieren, wenn er US-Präsident gewesen wäre. Heute liege die Ukraine in Schutt und Asche, viele Menschen seien getötet worden. Wäre die Führung in Washington kompetent gewesen, so Lisicki, wäre diese Tragödie seiner Meinung nach nie passiert.
Autor: Piotr Siemiński