PLUS MINUS: Bleiben oder zurückkehren?
Der Brexit verzögert sich wieder einmal, aber eine Million Polen, die derzeit in Großbritannien leben, werden sich früher oder später die Frage stellen müssen, ob sie auf der Insel bleiben oder doch in ihre Heimat zurückkehren wollen.
100 Tausend hätten sich bereits für die Rückkehr entschieden, schreibt die Wochenzeitschrift Plus Minus. Das Magazin beschreibt in der neuen Ausgabe einige Schicksale der Emigranten. Diese zeigen, dass die Rückkehr oft gar nicht so einfach sei. Ein polnisches Paar habe sich zum Beispiel noch vor dem Brexit-Referendum für die Heimkehr entschlossen. Das Haus in London hätten sie verkauft und seien nach Polen gefahren. Mit einer ganz konkreten Idee, denn wer ohne konkreten Plan zurückkehre, werde früher oder später nur von seinen englischen Ersparnissen leben, lesen wir in Plus Minus. Sie hätten also einen Plan gehabt, aber zu wenig Glück. Schnell habe sich herausgestellt, dass die Frau wegen Schwangerschaft die Arbeit aufgeben muss, der Mann habe wesentlich weniger als in Großbritannien verdient. Die Ausgaben seien höher als sein Einkommen gewesen. Nach weniger als einem Jahr seien sie erneut nach London geflogen. Nur das Haus sei schon weg gewesen, sie mussten erneut bei null anfangen, lesen wir in Plus Minus.
Auch Marta lebe in der britischen Hauptstadt. Sie sei 28, wohne mit ihrem Freund zusammen – so sei es billiger, außerdem könne man sich gegenseitig unterstützen. Das einzige, was sie in Großbritannien halte sei Geld, erklärt sie. Sie wolle so schnell wie möglich etwas Geld verdienen. London gefalle ihr überhaupt nicht, sagt die junge Polin. Viele Menschen würden über Warschau meckern, sie finde aber, dass die polnische Hauptstadt viel schöner und sauberer sei als London. Und vor allem auch sicherer, was für eine junge Frau nicht ohne Bedeutung sei. Auf ihrem Arbeitsweg gehe sie an einem Zeltstädtchen vorbei, das von Obdachlosen bewohnt werde. In Warschau seien solche Szenen unvorstellbar, meint die Frau. Über den Brexit mache sie sich keine Gedanken. Wieso sollte sie auch? Auch wenn Großbritannien die EU verlassen werde, bereite ihr das keine Sorgen. Sie wolle dort nur etwas Geld verdienen, sagt die Polin dem Magazin Plus Minus.
TYGODNIK POWSZECHNY: Donald Tusk kommt in die Politik zurück
Ganz sicher werde der ehemalige Premierminister Donald Tusk in die polnische Politik zurückkehren. Es bleibe bislang aber noch unbekannt in welcher Rolle, stellt in seinem Kommentar in der Wochenzeitschrift Tygodnik Powszechny der Publizist Andrzej Stankiewicz fest. Anfang Dezember werde Tusk die Führung der EPP, der Europäischen Volkspartei übernehmen. Dies werde ihm ermöglichen, die Maske eines unparteiischen Spielers abzunehmen. Diese Maske habe ihn übrigens sichtlich gedrückt. Schon jetzt versuche der noch amtierende Chef des EU-Rates die Ereignisse auf der polnischen politischen Szene mitzubestimmen. Er habe sich nach den Wahlen mit seinem Nachfolger im Amt des Parteichefs getroffen und ihm die Idee aus dem Kopf geschlagen, Małgorzata Kidawa-Błońska als Kandidatin für den Präsidentschaftswahlkampf vorzustellen. Ob er selber den Kampf aufnehmen werde, sei ungewiss. Eine konkrete Antwort werde er wohl erst Anfang des kommenden Jahres liefern.
Wie dem auch sei, werde er Einfluss auf die polnische Politik nehmen. Egal ob als Kandidat der Opposition für den Posten des Präsidenten oder als ein Stratege der Anti-PIS-Opposition. Er werde zurückkehren und stark in der ehemaligen eigenen Partei mitmischen. Schon jetzt würden seine Vertrauten einen Komplott gegen den aktuellen Parteichef Grzegorz Schetyna vorbereiten, meint Andrzej Stankiewicz in der Wochenzeitschrift Tygodnik Powszechny.
RZECZPOSPOLITA: Die Wahl vor der Wahl
Heute treffe sich die Parteispitze der größten Oppositionspartei Bürgerplattform, berichtet die Tageszeitung Rzeczpospolita. Bereits am Vortag habe sich aber Parteichef Grzegorz Schetyna mit einigen Anführern der lokalen Parteistrukturen getroffen. Sein Ziel sei es gewesen, lokale Politiker für die eigenen Ideen zu gewinnen, unter anderem für seinen Plan vor den Präsidentschaftswahlen. Seinen Vorschlag habe der Politiker bereits in einem Interview vorgestellt. Er habe sich dabei stark für die Konzeption der Vorwahlen eingesetzt. Seiner Ansicht nach sollte die gesamte Opposition den stärksten Kandidaten aus mehreren Parteien wählen. Mit dieser Konzeption seien aber nicht alle Parteimitglieder einverstanden, daher könne man bei dem Treffen eine heiße Diskussion über den Verlauf des Präsidentschaftswahlkampfes erwarten, so Rzeczpospolita.
Die Präsidentschaftswahl finde im Frühjahr statt. In der aktuellen politischen Situation, in der die Regierungspartei über die Mehrheit im Sejm verfüge, die Überlegenheit im Senat aber zugunsten der Opposition verloren habe, komme der Wahl des Präsidenten eine enorme Bedeutung zu. Höchstwahrscheinlich werde sich der amtierende Präsident Andrzej Duda erneut mit Unterstützung der Regierungspartei um die Wiederwahl bemühen. Die Namen seiner Gegenkandidaten seien bislang unklar.
Jakub Kukla