Deutsche Redaktion

Opposition konsolidiert sich

30.05.2023 10:55
Die neue Kommission zur Untersuchung russischer Einflüsse auf die Sicherheit Polens erhitzt derzeit die Gemüter in Polen und dominiert das politische Leben an der Weichsel. 
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RZECZPOSPOLITA: Die Opposition konsolidiert sich

Die Kommission soll neun Mitglieder haben, ebenso wie einst die Kommission zur Untersuchung der Unregelmäßigkeiten bei der Reprivatisierung in Warschau, erklärt das Blatt Rzeczpospolita. Aus öffentlichen Erklärungen nach der Unterzeichnung des Gesetzes durch den Präsidenten gehe jedoch klar hervor, dass die Oppositionsparteien keine Politiker in die Kommission entsenden würden. Vertreter der Regierungspartei PiS würden davon ausgehen, dass das Gremium noch vor den Sommerferien ihre Arbeit aufnehmen könnte. Laut Rzeczpospolita wolle die Partei von Jarosław Kaczyński, dass der Sejm die Mitglieder der Kommission bereits bei der nächsten Sitzung, also Mitte Juni, ernennt. Die Oppositionspolitiker aber hätten bereits vor vielen Monaten zum Boykott der Kommission aufgerufen und, wie es scheine, habe sich diese Überzeugungsarbeit wohl ausgezahlt.

Zugleich habe die Entscheidung von Präsident Andrzej Duda bereits die Optik im Vorwahlkampf verändert. Für die oppositionelle Partei Bürgerplattform (PO) sei die Entscheidung des Staatsoberhauptes zur treibenden Kraft geworden, um die Oppositionsanhänger zur Teilnahme an dem für Sonntag angekündigten Marsch zu mobilisieren. Der 4. Juni könnte zu einem der Wendepunkte im Kampf vor den im Herbst stattfindenden Parlamentswahlen werden. Die PiS-Politiker würden indes genau beobachten, was in der Oppositionsreihen vor sich gehe.

Und da sehe man die ersten Konsolidierungsschritte. So erklärte zum Beispiel der Chef der Gruppierung Polen 2050, Szymon Hołownia, dass Vertreter seiner Partei am Sonntag an dem von der PO organisierten Marsch teilnehmen würden. Der Warschauer Marsch sei nicht mehr nur eine Manifestation einer Partei, sondern eine Frage der nationalen Sicherheit; Unsere Politiker und Befürworter würden daran teilnehmen, sagte Hołownia, der dieser Idee zuvor skeptisch gegenüberstand.

Die Linken hätten ihre Teilnahme an dem Marsch schon vor langer Zeit angekündigt. Vertreter linker Gruppierungen würden darüber hinaus dem Präsidenten mit dem Staatstribunal drohen. Dies soll eine Folge der Unterzeichnung des Gesetzes über die Kommission zur Untersuchung russischer Einflüsse sein, lesen wir in der Tageszeitung Rzeczpospolita. 

DZIENNIK/GAZETA PRAWNA: Psychologische Hilfe braucht Hilfe 

Ein 16-Jähriger sei 63 Tage lang in einem Bett festgehalten worden – dies sei eine der vielen Pathologien, die die Höchste Kontrollkammer (NIK) bei der letzten Inspektion des psychologischen Betreuungssystems für Kinder festgestellt habe, berichtet die Tageszeitung Dziennik/Gazeta Prawna. Die NIK wollte überprüfen, wie die psychologische Hilfe für Kinder in Krise funktioniere. Als sie sich auf die Untersuchung vorbereitet habe, hätte sie bestimmte Vorstellungen gehabt, sagt Karolina Wirszyc-Sitkowska von der NIK-Außenstelle in Poznań. Es sei bekannt, dass die Zahl der Kinder mit psychischen Störungen zunehme und es Probleme mit der Beratung von Fachärzten gäbe. Dann aber sei sie gegen die Realität gestolpert, damit habe sie nicht gerechnet. Sie und ihr Team hätten Kinder und ihre Angehörigen gesehen, die keine Menschen mehr seien, sondern zu einer Prozedur werden. Die Idee der Reform sei an sich gut. Aber die Vielschichtigkeit des Problems verursache, dass die Umsetzung nur stockend vorangehe. Darüber hinaus sei das System an eine so große Zahl von Menschen, die auf Hilfe warten, nicht angepasst. Was hat Sie am meisten überrascht? - fragt das Blatt. Die Methoden des direkten Zwangs in Krankenhäusern seien für die Kontrollierenden der größte Horror gewesen. Und nicht einmal, dass es passiert, sondern wie es passiert, sagt Karolina Wirszyc-Sitkowska dem Blatt Dziennik/Gazeta Prawna. 

SUPER EXPRESS: Tödlicher Tabak 

Eine Studie der Polnischen Akademie der Wissenschaften zeige, dass 29 % der Polen regelmäßig Zigaretten rauchen würden, informiert die Tageszeitung Super Express. Vor der Pandemie habe dieser Anteil bei 25 Prozent gelegen. Die Änderung sei bedeutsam, stellt das Gesundheitsministerium fest und kündigt eine Anti-Raucher-Kampagne an. Experten würden zugleich auf die Notwendigkeit eines radikaleren Kampfes gegen die tödliche Sucht hinweisen. Denn der Anteil der Zigarettenraucher betrage zwar 29 %, außerdem gäbe es aber Menschen, die Tabakerhitzer und elektrische Zigaretten nutzen würden. Laut Dr. Łukasz Balwicki von der Medizinischen Universität in Gdańsk und dem Ausschuss für öffentliche Gesundheit der Polnischen Akademie der Wissenschaften würde das zusammen 37 Prozent der Bevölkerung ausmachen. Diese Daten hätten das Gesundheitsministerium beunruhigt.

Der Sprecher des Ministeriums, Wojciech Andrusiewicz, kündige daher eine Anti-Raucher-Kampagne an. Unterdessen schlage Łukasz Balwicki aber andere, radikalere Lösungen vor: - Zigaretten seien zu billig, meint er. Für ein durchschnittliches Gehalt könne man immer mehr davon kaufen - betont der Experte und fügt hinzu: Polen habe keine Maßnahmen zur Einschränkung des Konsums eingeführt und sei gleichzeitig der schnellen Vermarktung neuer Tabakprodukte ausgesetzt, wie zum Beispiel Tabakerhitzer. Dadurch würden diese Produkte auch das Rauchen normaler Zigaretten befördern, sagt Balwicki. Laut Experten der Polnischen Akademie der Wissenschaften sei Tabakrauchen die häufigste Todesursache bei polnischen Männern, lesen wir in der Tageszeitung Super Express.


Jakub Kukla