Deutsche Redaktion

Nationale Minderheiten dürfen nicht in Geiselhaft geraten

04.01.2024 13:16
Wojciech Mazarski schreibt in der linksliberalen Gazeta Wyborcza über den Deutschunterricht an polnischen Schulen für die deutsche Minderheit. 
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Gazeta Wyborcza: Nationale Minderheiten dürfen nicht in Geiselhaft geraten

Wie wir lesen, werde die neue Regierung ab dem 1. September 2024 den Deutschunterricht an polnischen Schulen im vollen Umfang von drei Stunden pro Woche wieder aufnehmen. So sei es bis 2022 gewesen, bevor der vorherige Bildungsminister der nationalkonservativen Regierung die Zahl auf eine Stunde pro Woche reduziert hatte. Przemysław Czarnek begründete dies damals damit, dass die Polen in Deutschland nicht so viele Stunden muttersprachlichen Unterrichts hätten, wie die Deutschen in Polen. Es war auch die Rede von der Wiederherstellung der Symmetrie in den deutsch-polnischen Beziehungen.

Jetzt frage die ehemalige Regierung und heutige Opposition, ob mit Berlin etwas über den Unterricht der polnischen Sprache in Deutschland ausgehandelt worden sei. Oder würden nur einseitige Beziehungen zu Gunsten der Deutschen in Polen wiederhergestellt, ohne die Situation der Polen in Deutschland zu verbessern? Der neuen stellvertretenden Bildungsministerin, Joanna Mucha, nach, werde ihre liberale Formation im Gegensatz zu ihren Vorgängern eine entsprechende Vereinbarung mit Deutschland aushandeln.

Nach Ansicht des Autors sei die Entscheidung der Regierung richtig. Die Antwort Muchas hingegen sei falsch. Kinder in Polen würden Deutsch nicht lernen, weil andere Kinder in Deutschland Polnisch lernen, lesen wir, sondern wegen ihrer Bildungsbedürfnisse. Kinder polnischer Staatsbürger besuchen polnische Schulen, ihre Eltern zahlen im Land Steuern. Deshalb sollte der Staat auch ihre Bedürfnisse erfüllen, so der Autor. Unabhängig davon, ob sie deutscher, ukrainischer oder weißrussischer Nationalität seien.

Wie Maziarski betont, dürften die Bemühungen, den Polen im Ausland die größtmögliche Unterstützung durch die dortigen Regierungen zu sichern, nicht die Behandlung der eigenen Bürger verletzen. Vertreter von Minderheiten in der internationalen Politik als Geiseln zu halten, sei nämlich charakteristisch für nicht-demokratische Regime, heißt es. Indem die Partei Recht und Gerechtigkeit dies getan habe, seien, dem Autor nach, die dunklen Tage der kommunistischen Ära zurückgekehrt.

Die gleiche Logik wende heute das belarussische Regime an, heißt es abschließend. Um Warschau zu schaden, verletzte es die Rechte seiner eigenen Bürger polnischer Nationalität und schließe polnische Schulen. Die gute Nachricht sei, lesen wir abschließend in der GW, dass nach der Entmachtung der national-konservativen Partei von Jarosław Kaczyński diese Lukaschenko-Normen in Polen verschwinden werden. 

DoRzeczy: „Duda-Tusk-Pakt" 

Medienberichten zufolge soll der Präsident einen informellen Pakt mit dem Ministerpräsidenten geschlossen haben, schreibt indes das Nachrichtenportal der rechtskonservativen Wochenzeitschrift DoRzeczy. Demzufolge hätten beide Politiker vereinbart, in Sicherheitsfragen mit einer Stimme zu reden. Trotz der zahlreichen Differenzen und Streitigkeiten (z. B. über die Übernahme der öffentlichen Medien oder die Justiz), die bereits zwischen dem „großen" und dem „kleinen" Palast deutlich geworden seien, heißt es, sollen die beiden Politiker in dieser Frage öffentlich dieselbe Meinung vertreten.

Medien sollen eine Andrzej Duda nahestehende Person mit den Worten zitieren, dass die beiden Politiker über den staatlichen Fernsehsender TVP und andere Themen heftig streiten können, aber wenn es um die Sicherheit gehe, sollten der Präsident und der Premierminister Donald Tusk die Faust im Sack ballen. Solch eine Botschaft müsse an Russland gerichtet werden. Ein Regierungsmitglied soll versichert haben, die Sicherheit Polens sei das Wichtigste, deshalb wolle man in wichtigen Fragen natürlich zusammenarbeiten. Der Präsident und der Premierminister sollen in letzter Zeit auch häufiger miteinander gesprochen haben, als es die offiziellen Angaben der Pressedienste der beiden Beamten vermuten lassen. Beide hätten u.a. über den jüngsten Dezembergipfel in Brüssel und oftmals über Verteidigungsfragen gesprochen.

Der erste Test für die Effizienz des „Pakts" sei der Zwischenfall mit einer russischen Rakete, die kürzlich den polnischen Luftraum verletzte. Präsident Duda habe sowohl mit dem Premierminister, dem Verteidigungsminister Władysław Kosiniak Kamysz als auch mit Außenminister Radosław Sikorski gesprochen.

Die Zusammenarbeit des Präsidenten mit der neuen Regierung dürfte allerdings der Führung der oppositionellen Recht und Gerechtigkeit nicht gefallen, lesen wir am Schluss auf DoRzeczy. Die Recht und Gerechtigkeit zähle nämlich im Abseits auf Dudas Unterstützung bei der Auseinandersetzung mit der Regierung von Donald Tusk. 

Dziennik/ Gazeta Prawna: Frauen gehen zur Armee 

Maciej Miłosz wiederum schreibt in der DGP über die sich verändernde polnische Armee. Wie wir lesen, habe sich die Zahl der Berufssoldatinnen innerhalb von acht Jahren vervierfacht. Heute sei jeder achte Soldat eine Frau. Bei der freiwilligen Einberufung sei es fast jede Dritte.

Anfang Dezember waren unter den mehr als 130.000 Berufssoldaten der polnischen Armee fast 16.000 Frauen. Dies sei ein enormer Sprung. Im Jahr 2015 habe es nur etwas mehr als 4.000 Frauen in der Armee gegeben. Fünf Jahre später seien es mehr als 8.000 gewesen.

Was ist der Grund für diese Veränderung? Das Verteidigungsministerium sehe darin einen allgemeinen gesellschaftlichen Trend. Frauen sollen heute erfolgreich Berufe ausüben, die seit Anbeginn vor allem mit Männern verbunden waren.

Nach Ansicht des Autors sei es schwierig, eine solche Erklärung ernst zu nehmen. In Polen habe in den letzten acht Jahren keine Kulturrevolution stattgefunden, die einen solch radikalen Anstieg rechtfertigen würde. Experten zufolge könnte der Glaube an die Stabilität dieser Art von Beschäftigung in diesem Fall eine wichtige Rolle spielen. Für viele junge Menschen könnte auch die Möglichkeit eines schnelleren Ruhestands eine Art Anreiz sein, lesen wir.

Noch mehr Frauen würden einen freiwilligen Wehrdienst leisten, fährt Miłosz fort. In einigen logistischen Einheiten mache der Frauenanteil zwischen 28 und 56 Prozent aller Soldaten aus. In einigen Regionen mag dies mit der Situation auf dem Arbeitsmarkt zusammenhängen.

Der Sprecherin des Zentralen Rekrutierungszentrums der Armee nach gebe es mehrere Gründe, warum diese Art von Beruf bei den Frauen in Polen so beliebt sei. Frauen sehen darin sicherlich eine Chance für ihre Entwicklung - sowohl beruflich als auch persönlich. In der Armee herrsche auch gemäß NATO-Standard Gleichberechtigung. Gehälter richten sich nach dem militärischen Rang, nicht nach dem Geschlecht. Auch beim Zugang zu den Dienstposten gebe es keine Einschränkungen.

Auch die Zahl der weiblichen Soldaten unter den höheren Offizieren steige von Jahr zu Jahr. Geht es nach dem Autor, beweise dies, dass Frauen ihre Karriere in der Armee Polens vorantreiben können. Die Modernisierung der Streitkräfte biete wiederum Möglichkeiten, ihren Intellekt und ihr Wissen zu beweisen. Darin stünden Frauen den Männern keineswegs nach, heißt es abschließend. Es sei auch nicht ungewöhnlich, dass Frauen das harte Auswahlverfahren für die Spezialeinheiten erfolgreich durchlaufen.

Wprost: Russland spielt mit Atomwaffen und Migranten, Polen spielt im Sandkasten

Das Nachrichtenportal des Wochenblatts Wprost richtet seine Aufmerksamkeit auf die wachsende Bedrohung aus dem Osten. Trotzdem würden Polens politische Eliten sich auf drittrangige Sandkastenspiele konzentrieren. Unter solchen Bedingungen sei es leicht, den Sinn des Widerstands gegen Russland in Frage zu stellen und eine Einigung mit der neuen Achse des Bösen zu suchen, schreibt Jakub Mielnik.

Indem Polen mit, dem Autor nach, peinlichen Kämpfen um die Kontrolle der Fernseh-Propaganda beschäftigt waren, hätten sie nicht bemerkt, dass die Russen die Stationierung von Atomwaffen in Belarus abgeschlossen haben. Gleichzeitig würde der Kreml den Grund für weitere hybride Angriffe an der polnischen Grenze vorbereiten. Der weißrussische KGB und seine Moskauer Vorgesetzten hätten sicherlich bemerkt, dass Polens Freigabe des EU-Migrationspaktes neue Bedingungen für einen erneuten Migrationsdruck schaffe. Indirekt habe dies sogar Polens Sejmmarschall, Szymon Hołownia, bestätigt, als er für Fotos mit zurückgewiesenen, illegalen Migranten im Parlament posierte. Seine Geste würde zwar der Stimmung nach dem Machtwechsel in Polen entsprechen. Im Osten würde man sie allerdings unmissverständlich interpretieren: In Warschau stehen solche Leute an der Macht, dass es wert sei, sie mit hybriden Grenzoperationen zu testen.

Dem Autor nach könnte dies sogar bereits im Frühjahr passieren. Wie wir lesen, könnte die in der Türkei gegründete russische Fluggesellschaft Southwind damit beginnen, Menschen aus dem Nahen Osten für weniger als 200 Euro nach Minsk zu fliegen. Die Muttergesellschaft von Southwind - die Nordwind - erinnert Mielnik, habe zuvor eine Schlüsselrolle bei dem Grenzkrieg mit der EU in Litauen und Polen gespielt, als sie Menschen aus dem Nahen Osten ebenfalls nach Minsk flog.

Geht es nach Mielnik, wird sich dieses Szenario somit voraussichtlich im Jahr 2024 wiederholen, wenn die Bestimmungen des Migrationspakts in Kraft treten und die EU-Asylpolitik auch in Polen vollständig umgesetzt wird. Dieser Druck werde dann höchstwahrscheinlich im Herbst seinen Höhepunkt erreichen, wenn der Westen mit den US-Präsidentschaftswahlen beschäftigt sein wird, so die Schlussfolgerung des Autors auf Wprost.


Autor: Piotr Siemiński