Rzeczpospolita: Indien schweigt zur Finanzierung von Putins Krieg
Indien sei zu einer Macht geworden, die niemand mehr unterschätzen könne – weder die USA noch Polen, schreibt Jędrzej Bielecki in der Rzeczpospolita über den gestrigen Besuch des indischen Premierministers in Polen. Deshalb habe Polens Regierungschef Donald Tusk die Demokratie unter Narendra Modi gelobt und ihm für die Aufnahme lukrativer wirtschaftlicher Beziehungen gedankt. Was Tusk allerdings vergessen habe zu erwähnen, sei, dass Indien immer noch russisches Öl importiere.
Als Tusk Narendra Modi begrüßt habe, habe er am Donnerstag die Begriffe Freiheit, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit in Bezug auf seinen Gast in allen Fällen konjugiert. Dies habe ein zufriedenes Lächeln auf das Gesicht des indischen Premierministers gebracht. Denn Modi, der auf der Pressekonferenz keine Fragen zugelassen und seine Rede von einem Prompter abgelesen habe, werde oft dafür kritisiert, dass er die indische Demokratie einrolle, anstatt sie zu stärken. Er setze auch auf den Hindu-Nationalismus, um Indien unter den Großmächten der Welt zu festigen. Der Preis dafür sei die Ausgrenzung von Mitbürgern mit anderen Religionen als dem Hinduismus, heißt es im Blatt.
Dies möge beeindruckend klingen – zumindest im Ausland. Indien habe sich zu einer Macht entwickelt, die derzeit niemand unterschätzen könne, so der Autor. Polens Premierminister habe sich somit auch für die Bereitschaft Neu-Delhis bedankt, den Lebensmittel- und Waffenmarkt für polnische Unternehmen zu öffnen.
Tusk erklärte auch, warum er die Visapolitik für Inder, die während der PiS-Regierung zu Zehntausenden an die Weichsel gekommen seien, eingeschränkt habe. Er habe jedoch gleichzeitig kein Wort über die Tatsache verloren, dass Indien durch die Verzehnfachung der russischen Ölimporte zu einer wesentlichen Finanzierungsquelle für Putins Krieg geworden sei. Neu-Delhi untergrabe damit auch die Wirksamkeit der westlichen Sanktionen. Wie Bielecki erinnert, würden das aber auch viel größere Mächte als Polen tun, angefangen bei den Vereinigten Staaten.
Während Moskau und Peking einen Block brutaler Autokratien konsolidieren, könne es sich nämlich niemand leisten, mit dem bevölkerungsreichsten Land der Welt in Konflikt zu geraten, heißt es am Schluss. Die Zukunft wird zeigen, welche Auswirkungen sich daraus ergeben werden, so Jędrzej Bielecki in Rzeczpospolita.
Wprost: Buße oder Wiedergutmachung? Putins Freund auf Pilgerreise nach Warschau und Kiew
Ein führender Vertreter von Russlands montierter Weltfriedenspartei ist erst in Polen und heute in der Ukraine eingetroffen, um sich bittere Worte über die Nähe des demokratischen Indiens zum Regime in Moskau anzuhören, schreibt Jakub Mielnik im Wochenblatt Wprost über Modis Besuch. Wie es heißt, schwärme die indische Diplomatie von einem historischen Besuch in der Region. Die Wahrheit sei jedoch, dass Premierminister Narendra Modi offenbar Angst vor der zunehmenden Abhängigkeit Russlands von China habe. Nach seinem fatalen Image-Besuch in Moskau, so Mielnik, scheine er auch nicht mehr daran zu glauben, dass Putin ihn als Partner für irgendwelche Friedensgespräche benötige.
Unter den Politikern, die mit vagen pazifistischen Parolen die russische Aggression gegen die Ukraine und ihre eigenen Geschäfte mit Moskau rechtfertigten, sei der indische Premierminister eine eigene Kategorie, lesen wir weiter im Blatt. Anders als beispielsweise Viktor Orbán, der sich unverblümt in den Dienst des Kremls stelle, nutze Narendra Modi Putin zynisch aus, um billiges Öl zu bekommen. Er hoffe, dass die Verbreitung von Moskaus Märchen vom Frieden ihm eine Grundlage bieten würde, um wirtschaftlichen Druck auf Russland auszuüben.
In Anbetracht seiner Freundschaft mit Putin habe Modi trotzdem beschlossen, eine schwierige Reise in Länder zu unternehmen, die im Zentrum des Widerstands gegen Russlands imperiale Absichten stünden. Geht es nach dem Autor, scheine sein Land damit zu erkennen, wie ungünstig es sei, Moskaus Interessen zu verfolgen. Denn während Indien seine Neutralität vorziehe, würden andere Friedensapostel auf Verhandlungen mit Russland drängen. Dabei hätten sie natürlich nur die russische Version von Frieden im Sinn, heißt es im Wochenblatt. Und diese russische Welt brauche keine anderen Betreuer als Putin.
Forsal: Warum hat Europa noch kein Freihandelsabkommen mit Indien geschlossen?
Das Online-Blatt Forsal schaut indes auf wirtschaftliche Aspekte, die mit dem Besuch des indischen Staatsmannes in Europa einhergehen sollten. Modis Besuch erinnere daran, dass Indiens Rolle auf der globalen Szene zunehme. Die größte Demokratie der Welt gehöre nicht zum Block der westlichen Länder, halte aber auch Abstand zu China. In einer Zeit des „Friendshoring“ scheine es ein idealer Partner für Europa zu sein. Warum also habe die EU die Handelsbeziehungen zu diesem Land noch nicht ausgebaut, fragt der Wirtschaftsexperte Piotr Arak in seinem Kommentar für das Blatt.
Aus der Perspektive eines Europas, das seine Abhängigkeit von China verringern wolle, wäre es sinnvoll, heißt es, Indien zu ermutigen, mehr Handel zu betreiben und auch europäische Waren zu konsumieren. Bis 2030 könnte Indien nämlich zur drittgrößten Volkswirtschaft der Welt aufsteigen. Die Kaufkraft seiner Bevölkerung würde damit zwangsweise zunehmen. Die EU sei derzeit der drittgrößte Handelspartner Indiens. Seit 16 Jahren verhandle sie, Arak nach, wahrscheinlich eines der wichtigsten Freihandelsabkommen der Welt. Es soll die Ausfuhren von Waren und Dienstleistungen in beide Richtungen erheblich steigern. Derzeit belaufen sich die Handelsströme zwischen Indien und der EU auf rund 124 Mrd. EUR. Dennoch würden diese weit unter ihrem Potenzial liegen. Ein Handelsabkommen mit einem so mächtigen Wirtschaftspartner könnte Indien langfristig Vorteile bringen. Natürlich nur, wenn die Verhandlungen mit günstigen Bedingungen für beide Seiten enden.
Neu-Delhi müsste zu Zugeständnissen bereit sein, um indischen Waren und Dienstleistungen den Zugang zu den entwickelten EU-Märkten zu ermöglichen. Die EU erwarte Gegenseitigkeit. Sie möchte von Indiens riesigen Binnenmarkt, unter anderem für Automobile, profitieren.
Die russische Aggression gegen die Ukraine habe sich negativ auf die EU ausgewirkt, heißt es weiter. Sie habe zu einer hohen Inflation aufgrund steigender Energiekosten geführt. Auch die Abhängigkeit von russischen Rohstoffen habe Brüssels Politik in den Ruin getrieben. Indien sei davon nicht so stark betroffen, habe aber mit Grenzspannungen mit China zu kämpfen. Die EU sollte dem Experten nach somit versuchen, Peking für Neu-Delhi wirtschaftlich zu ersetzen.
Wie Arak am Schluss schreibt, habe Europa nicht einmal ein Freihandelsabkommen mit den USA. Ihm nach scheine es einfacher, eines mit Indien zu unterzeichnen als mit den zunehmend protektionistischen USA. Vor allem, weil sich Indien bereits für einige europäische Märkte geöffnet habe.
Autor: Piotr Siemiński