Deutsche Redaktion

Hochwasser in Polen: Internationale Hilfe, Präventionsmaßnahmen und politische Debatten

20.09.2024 08:00
Deutsche Soldaten in Polen? Schuldzuweisungen von Regierung und Opposition hinsichtlich der Hochwassersituation.
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Bild:PAP/Michał Meissner

DO RZECZY: Wo sind die deutschen Soldaten?

Premierminister Donald Tusk hatte angekündigt, dass deutsche Soldaten bei der Hochwasserhilfe in Polen unterstützen würden. Wie sich jedoch herausstellt, sind sie bislang noch nicht in unser Land entsandt worden, schreibt die Wochenzeitschrift Do Rzeczy.

Während einer Sitzung des Krisenstabs in Wrocław am Donnerstag erklärte Premierminister Donald Tusk, dass ausländische Soldaten Polen bei der Bekämpfung der Überschwemmungen unterstützen sollen. Bereits jetzt seien 30 amerikanische Soldaten mit Ausrüstung in Żagań im Einsatz. Dies sei mehr als nur eine Geste, es sei praktische Hilfe, betonte Tusk.

Der Premierminister fügte hinzu, dass sich auch deutsche Soldaten freiwillig gemeldet hätten, um Polen zu helfen. „Wenn Sie deutsche Soldaten sehen, geraten Sie bitte nicht in Panik, es ist Hilfe“, sagte der Premierminister.

Journalisten fragten daraufhin beim deutschen Verteidigungsministerium nach, ob tatsächlich deutsche Soldaten in Polen im Einsatz seien. Nach den vorliegenden Informationen befindet sich die Bundeswehr lediglich in Gesprächen mit Polen über die Möglichkeit, bei der Beseitigung der Flutschäden zu helfen. Bislang wurden jedoch keine deutschen Soldaten nach Polen entsandt.

Laut Do Rzeczy wartet die Bundeswehr auf Informationen der polnischen Regierung darüber, welche Ausrüstung konkret benötigt wird. Erst dann werde klar, ob Deutschland in der Lage sei, Hilfe zu leisten. Zudem wird deutlich, dass von Berlin nicht viel Unterstützung zu erwarten ist, da Deutschland selbst auf die Ankunft der Hochwasserwelle an der Oder und Elbe wartet. Deshalb könnten sie nur begrenzt Ausrüstung an andere Länder abgeben, die ebenfalls von der Zerstörungskraft des Wassers betroffen sind, berichtet Do Rzeczy.

 

DZIENNIK/GAZETA PRAWNA: Man könnte immer mehr tun

Der Leiter des Lehrstuhls für Hydrologie und Klimatologie an der Universität Lublin, Prof. Stanisław Chmiel, weist darauf hin, dass nach Katastrophen oft Stimmen laut werden, man hätte sich besser auf die Überschwemmungen vorbereiten sollen, um die Folgen abzumildern. Seiner Meinung nach ist dies jedoch kein spezifisch polnisches Problem, da auch Länder wie die Tschechische Republik, die Slowakei, Deutschland und Österreich mit extremen Wetterereignissen zu kämpfen haben.

Katastrophen seien unvorhersehbar, erinnert der Wissenschaftler. Natürlich hätten wir uns besser auf dieses Hochwasser vorbereiten können, aber das sei eine Frage von vielen Jahren, nicht nur von einigen Monaten. Es sei darüber diskutiert worden, wie man sich vor Überschwemmungen schützen kann, jedoch seien nicht immer die richtigen Entscheidungen getroffen worden. Eine gute Entscheidung sei sicherlich der Bau eines Stausees in Racibórz gewesen, der die Chancen auf den Schutz von Kędzierzyn, Opole und Wrocław deutlich erhöht habe, so der Hydrologe.

Auf die Frage, was noch getan werden könne, erklärte Prof. Chmiel, dass vor allem die Bebauung von Überschwemmungsgebieten eingeschränkt werden müsse, um künftige Hochwasserschäden zu mildern. Für die großen Flüsse seien bereits Überschwemmungsgebietskarten erstellt worden, aber für die kleineren Flüsse und deren Nebenflüsse fehle dies noch.

Außerdem plädiert der Professor für eine Diskussion über mögliche Umsiedlungen von Menschen, die in gefährdeten Überschwemmungsgebieten leben. Der beste Zeitpunkt, solche Entscheidungen zu treffen, sei direkt nach einem Hochwasser, wenn die Menschen am ehesten bereit seien, solch schwierige Schritte zu erwägen, räumt Prof. Chmiel in der Dziennik Gazeta Prawna ein.

 

FAKT: Gegenseitige Schuldzuweisungen sind erbärmlich

Politiker der Opposition und der Regierung schieben sich gegenseitig die Schuld für die Hochwassersituation im Südwesten Polens zu. Der Generalmajor der polnischen Armee, Roman Polko, zeigte sich über dieses Verhalten tief enttäuscht. In seiner Kritik verschonte er weder die eine noch die andere Seite des politischen Spektrums.

Polko zog eine starke Parallele zu einer anderen politischen Figur und sagte, dass ihn die Pressekonferenzen des Premierministers an Putins Medienshows erinnern, bei denen sich niemand traue, ein Wort zu sagen.

Gleichzeitig sei Premierminister Donald Tusk weder Gott noch ein Wahrsager und könne das Wetter nicht kontrollieren, wie es seine Gegner implizieren würden. Es sei unfair, ihm hier ein Versäumnis vorzuwerfen. Tusk habe die Lage ernst genommen und versuche, den Menschen Hoffnung zu geben, auch wenn die Umstände schwierig seien, erklärte General Polko im Interview mit der Wochenzeitschrift Wprost.

Auf die Frage, wer für das Hochwasser verantwortlich gemacht werden könne, sagte Polko, dass dies auf Versäumnisse vergangener Regierungen zurückzuführen sei. „Jede Seite sollte sich an die eigene Brust klopfen“, fügte er hinzu.

Das politische Gezänk über die katastrophale Hochwassersituation sei widerlich, so der General. „Die Schuldzuweisungen sind ekelhaft. Die Diskussionen sollten sich auf Lösungen konzentrieren, wie Fehler behoben und zukünftige Katastrophen besser bewältigt werden können“, sagte General Polko gegenüber Wprost.


Autor: Kuba Kukla