Deutsche Redaktion

"Debatte über Friedensmission in der Ukraine gewinnt an Fahrt"

20.12.2024 14:23
Laut europäischen Diplomaten könne nur eine amerikanische Beteiligung eine solche Mission absichern. Die USA scheinen ihre Rolle jedoch anders zu sehen. Außerdem: Benjamin Netanyahu wird dem 80. Jahrestag der Befreiung von Auschwitz aus Angst vor einer Verhaftung wohl fernbleiben. Und: Mit neuem Chef des Verfassungsgerichts geht auch der Streit um die Rechtsstaatlichkeit in Polen in eine neue Runde. Mehr dazu in der Presseschau.
Ciężka sytuacja wojsk Ukrainy w okolicach Pokrowska
Ciężka sytuacja wojsk Ukrainy w okolicach Pokrowska General Staff of the Armed Forces of Ukraine/Facebook

Gazeta Wyborcza: Debatte über Friedensmission in der Ukraine gewinnt an Fahrt

Die Debatte über eine Friedensmission in der Ukraine gewinnt an Fahrt, schreibt Bartosz Wieliński von der Gazeta Wyborcza. Diese Idee, so der Autor, stamme ursprünglich von General Keith Kellogg, dem Sondergesandten von Donald Trump für die Ukraine und ziele auf die Einrichtung einer demilitarisierten Zone im Land ab. Die Details würden sich systematisch ändern. Ursprünglich habe „Politico“ berichtet, dass die Mission vier Brigaden umfassen könnte, die von Frankreich, Deutschland, Polen und Großbritannien gestellt würden, was nach NATO-Standards bis zu 20.000 Soldaten bedeuten würde. Später habe es von Reuters geheißen, dass sogar ein fünffach größerer Truppeneinsatz denkbar sei, was eine gewaltige Belastung für die europäischen Bodenstreitkräfte darstellen würde. Experten, die von Reuters zitiert werden, würden darauf hinweisen, dass eine solche Mission erhebliche logistische und personelle Herausforderungen mit sich bringen würde, insbesondere angesichts der langen Rotationszeiten und der Notwendigkeit, kontinuierlich Verstärkungen bereitzustellen.

Eine namentlich nicht genannte Quelle, lesen wir weiter, habe gegenüber der Gazeta Wyborcza bekräftigt, dass eine ernsthafte Diskussion über eine Friedensmission vorerst sowieso verfrüht sei: „Vor der Entsendung europäischer Soldaten muss Russland einem Waffenstillstand zustimmen, und davon sind wir weit entfernt“, betont der Informant der Zeitung. Und fügt hinzu, dass die Europäer es vermeiden sollten, noch bevor der Vereidigung des gewählten US-Präsidenten in Konflikt mit Trump zu geraten. "Wir müssen abwarten und sehen, was er tun wird, wenn er das Amt übernimmt", so der Informant. Ähnliche Signale seien aus dem Europäischen Rat zu vernehmen. Eine andere diplomatische Quelle erkläre, dass es im Moment niemanden gebe, der Soldaten in die Ukraine entsenden wolle. Auch in Bezug auf Frankreich könne man sich nicht sicher sein. 

Wieliński verweist darauf, dass die Sicherung der langen Grenze zwischen der Ukraine und Russland enorme militärische Ressourcen erfordern würde. Zum Vergleich: Während des Kalten Krieges seien in Westdeutschland nahezu 700.000 NATO-Soldaten stationiert gewesen, um die etwa 1.400 Kilometer lange Grenze zur DDR zu sichern. Die Grenze zwischen Russland und der Ukraine sei etwa 2.000 Kilometer lang. Zudem wäre angesichts ständiger Provokationen durch Russland eine hohe Bereitschaft der Truppen erforderlich, einschließlich logistischer Unterstützung und regelmäßiger Rotation der Einheiten.

Ein weiterer kritischer Punkt sei die Abhängigkeit von den USA. Laut europäischen Diplomaten könne nur eine amerikanische Beteiligung eine solche Mission absichern. Aus Gesprächen zwischen EU-Diplomaten und Vertretern der neuen US-Administration in Washington gehe hervor, dass die Amerikaner vor allem eine unterstützende Rolle anstreben, ohne jedoch direkt Truppen in die Ukraine entsenden zu wollen. Sowohl Russland als auch die Ukraine würden zwar Bereitschaft signalisieren, über einen Waffenstillstand zu sprechen. Russland mache solche Verhandlungen jedoch von der Aufhebung westlicher Sanktionen abhängig, was Polen strikt ablehne, da es wirtschaftlichen Druck als effektives Instrument gegen Russland betrachte.

Die nächste Runde der Gespräche wird möglicherweise konkretere Vorschläge enthalten, da General Kellogg bald erneut nach Europa reisen soll, um die Pläne weiter auszuarbeiten, so Bartosz Wieliński in der Gazeta Wyborcza. 

Rzeczpospolita: Feierlichkeiten zum 80. Jahrestag der Befreiung von Auschwitz im Schatten von Den Haag

Israel wird bei den Feierlichkeiten zum 80. Jahrestag der Befreiung von Auschwitz wohl nur durch den Außenminister vertreten sein, berichtet die konservativ-liberale „Rzeczpospolita“. Grund dafür sei der Haftbefehl des Internationalen Strafgerichtshofs (IStGH) in Den Haag gegen Israels Premierminister Benjamin Netanjahu. Polens Vizeaußenminister Władysław Bartoszewski, der die Zeremonien koordiniert, betonte, Polen sei verpflichtet, die Beschlüsse des Gerichts zu respektieren. Wie das Blatt schreibt, habe Israel von vornherein nicht versucht, eine Teilnahme Netanjahus durchzusetzen, da die Reaktion Warschaus vorhersehbar gewesen sei. „Wir hoffen, dass Wladimir Putin eines Tages vor dem Internationalen Strafgerichtshof steht. Daher müssen wir die Entscheidungen des Tribunals respektieren“, zitiert „Rzeczpospolita“ eine anonyme diplomatische Quelle. Auch Präsident Izchak Herzog werde im Unterschied zu seinem Vorgänger Reuwen Riwlin voraussichtlich nicht anwesend sein.

Ihre Teilnahme an den Feierlichkeiten, lesen wir weiter, hätten Frankreichs Präsident Emmanuel Macron, Spaniens König Felipe VI. mit Königin Letizia, König Charles III. sowie Deutschlands Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier bestätigt. Es werde jedoch erwartet, dass Kanzler Olaf Scholz nicht anreisen wird. Wie das Blatt beobachtet, seien bei der 80. Jahrestagsfeier des Ausbruchs des Zweiten Weltkriegs sowohl der Bundespräsident als auch die damalige Kanzlerin Angela Merkel anwesend gewesen. Auch Ungarns Premier Viktor Orbán werde fehlen. Budapest werde stattdessen durch Präsident Tamás Sulyok vertreten, so das Blatt.

Ob US-Präsident Donald Trump, der eine Woche vor den Feierlichkeiten vereidigt werde, die Einladung annehmen werde, sei noch unklar. Wahrscheinlicher sei die Teilnahme seines Vizepräsidenten J.D. Vance oder des Außenministers Marco Rubio. Sicher sei, dass Russland gänzlich von den Feierlichkeiten ausgeschlossen sein werde. Zur möglichen Teilnahme des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj gebe es derzeit keine Bestätigung, so Rzeczpospolita.

Gazeta Polska Codziennie: Chef des Verfassungsgerichts greift Regierungskoalition an

Seit dem 9. Dezember hat Polen einen neuen Chef des Verfassungsgerichts - den als engen Vertrauten von Ex-Justizminister Zbigniew Ziobro geltenden Bogdan Święczkowski. Und damit geht auch der Streit um die Rechtsstaatlichkeit in Polen in eine weitere Runde. Das Verfassungsgericht in seiner aktuellen Form wird sowohl von der Regierung als auch von einem Teil der Juristen stark kritisiert. Am 6. März hatte der Sejm eine Resolution zur Beseitigung der Folgen der Verfassungskrise von 2015 bis 2023 verabschiedet und festgestellt, dass die Berücksichtigung von Entscheidungen des Verfassungsgerichts, die unter Verstoß gegen das Gesetz ergangen sind, als Verletzung des Legalitätsprinzips betrachtet werden könnte. Seit dieser Resolution werden die Urteile des Verfassungsgerichts nicht mehr im Gesetzblatt (Dziennik Ustaw) veröffentlicht. In einem umfassenden Interview für die nationalkonservative Gazeta Polska Codziennie äußert sich der neue Chef des Verfassungstribunals nun zum Konflikt um die Rechtsstaatlichkeit und seinen Plänen.

Święczkowski, dem die Regierungskoalition ihrerseits den Aufbau einer politisierten Landesstaatsanwaltschaft während der Regierung PiS vorwirft, zeichnet in dem Gespräch seinerseits ein düsteres Bild der Rechtsstaatlichkeit in Polen und kritisiert die Vernachlässigung verfassungsmäßiger Prinzipien: „Die Fragen der Achtung der verfassungsmäßigen Prinzipien, die in unserem Land seit Jahrzehnten bestehen, sehen derzeit sehr schlecht aus“, betont Święczkowski und appelliert um die schnellstmögliche Besetzung vakanter Richterposten. 

Die Resolution des Parlaments vom März bezeichnet er als „lächerlich und erschreckend zugleich“. Es sei ein Rückfall in die Zeiten der Volksrepublik, eine „Volksrepublik-Bis“. Des Weiteren ruft Święczkowski zu einer konstruktiven Zusammenarbeit zwischen den drei Gewalten auf und unterstreicht die Notwendigkeit, die Prinzipien der Autonomie und Kooperation der Gewalten zu respektieren.

Schließlich kündigt er auch an, Beziehungen zu Verfassungsgerichten anderer europäischer Länder und internationalen Institutionen wie der EU-Kommission oder der OSZE aufzubauen, um die Position des Verfassungsgerichts zu stärken.

Angesichts des beschädigten Images des Verfassungsgerichts gibt Święczkowski zu, dass keine besondere Kampagne zur Verbesserung des Ansehens gestartet werden könne. Er setze vielmehr darauf, dass eine unpolitische und professionelle Arbeit langfristig das Vertrauen der Öffentlichkeit zurückgewinnen werde, so Bogdan Święczkowski in der Gazeta Polska Codziennie.

Autor: Adam de Nisau

Streit um Rechtsstaatlichkeit: Schlagabtausch zwischen Staatspräsident Duda und Regierung im Sejm

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Internationaler Strafgerichtshof erlässt Haftbefehle gegen Anführer Israels und der Hamas

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Der Internationale Strafgerichtshof (IStGH) hat am Donnerstag Haftbefehle gegen den israelischen Premierminister Benjamin Netanjahu, den ehemaligen israelischen Verteidigungsminister Yoav Gallant und den Hamas-Anführer Ibrahim Al-Masri wegen Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit während des Gaza-Konflikts erlassen.

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