Deutsche Redaktion

"Keine Sonderbehandlung für Netanjahu"

14.01.2025 12:54
Die Debatte über eine eventuelle Umgehung des internationalen Haftbefehls gegen Israels Premierminister Netanjahu, falls dieser zum 80. Jahrestag der Befreiung von Auschwitz in Polen erscheinen sollte, bleibt ein wichtiges Thema der Pressekommentare. Außerdem geht es darum, wie Trump Zölle mit Sicherheitsgarantien verknüpfen will. Und: Die nationalkonservative Presse warnt vor geplanter Zensur im Internet. Mehr dazu in der Presseschau.
Entrance to Auschwitz-Birkenau: A somber reminder of historys darkest chapters.
Entrance to Auschwitz-Birkenau: A somber reminder of history's darkest chapters.Photo: Fabian Börner, zugeschnitten von Agp, CC BY-SA 3.0 DE , via Wikimedia Commons

Zur Erinnerung. Obwohl seit Längerem klar war, dass Israel bei den Gedenkfeierlichkeiten durch den Bildungsminister repräsentiert werden soll, hatte Staatspräsident Andrzej Duda die Regierung vergangene Woche dazu gedrängt, Netanjahu Sicherheit bei einem eventuellen Besuch in Polen zu garantieren. Die Regierung hat daraufhin einen Beschluss gefasst, der allen Mitgliedern der israelischen Delegation die sichere und freie Teilnahme an den Feierlichkeiten garantiert.

Rzeczpospolita: Keine Sonderbehandlung für Netanjahu

Wie die konservativ-liberale Rzeczpospolita unter Berufung auf eine aktuelle Umfrage des Meinungsforschungsinstituts IBRiS berichtet, hält die Mehrheit der Polen diese Entscheidung für falsch. Genauer gesagt, bewerten 51,9 Prozent der Befragten den Regierungsbeschluss, eine sichere und freie Teilnahme hochrangiger israelischer Vertreter an der Gedenkfeier zum 80. Jahrestag der Befreiung des Konzentrationslagers Auschwitz zu garantieren, negativ. Besonders Wähler der regierenden Bürgerkoalition lehnen die Entscheidung ab: 63 Prozent von ihnen bewerten sie negativ, nur 20 Prozent äußern sich positiv, so das Blatt.

Die polnische Regierung habe aus rein politischen Gründen und im Zeichen der Unterordnung gegenüber den USA beschlossen, ihre moralische Autorität in Bezug auf die Rechtsstaatlichkeit aufzugeben, schreibt dazu der Publizist der Rzeczpospolita, Piotr Szymaniak. Damit stelle sich das Land nicht etwa in eine Reihe mit Großmächten, wie die USA, Russland oder China, die die Beschlüsse des Internationalen Strafgerichtshofs anfechten, sondern eher mit Staaten wie der Mongolei oder afrikanischen Ländern. Er, so Szymaniak, kenne die Kulissen hinter dem Beschluss nicht und könne daher nur darauf hoffen, dass die Entscheidung, auf der internationalen Arena nach der Pfeife der Stärkeren zu tanzen und die damit verbundene Kompromittierung, sich irgendwann und auf irgendeine Weise für das Land auszahlt. Auf nationaler Ebene sei jedoch klar, dass die Regierung durch ihr Verhalten das moralische Recht verloren habe, die Rechtsstaatlichkeit wiederherzustellen. „Wenn die Regierung uns einerseits weitere Turbulenzen im Zusammenhang mit der geplanten Verifizierung von einem Drittel der Richter wegen ihrer fehlerhaften Ernennung servieren will und andererseits plant, auf die Verhaftung einer Person zu pfeifen, der Verbrechen gegen die Menschlichkeit vorgeworfen werden, dann stimmt etwas grundlegend nicht“, so Szymaniak in der Rzeczpospolita.

Dziennik Gazeta Prawna: „Handel für Sicherheit“ – Trump meint es ernst

Die USA könnten unter der künftigen Regierung von Donald Trump eine 20-prozentige Zollgebühr auf Waren aus verbündeten Staaten einführen, schreibt Zbigniew Parafianowicz im Wirtschaftsblatt „Dziennik Gazeta Prawna“. Ein solcher Vorschlag, so der Autor, stamme von Stephen Miran, einem einflussreichen Berater des gewählten Präsidenten. Miran argumentiere, dass diese Zölle die Kosten des amerikanischen Schutzschirms für seine Verbündeten kompensieren sollten. Staaten, die mit Gegenzöllen reagieren, könnten hingegen den Verlust ihrer Sicherheitsgarantien riskieren.

Polen, so Parafianowicz, habe Trumps Forderung nach einer Erhöhung der Verteidigungsausgaben auf 5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts unterstützt. Polens Verteidigungsminister habe jedoch gegenüber der „Financial Times“ angemerkt, dass dies für einige NATO-Mitglieder schwer umsetzbar sei. Spanische Medien hätten Trumps Pläne als „imperiale Steuer“ bezeichnet.

Laut Miran sei eine solche Zollpolitik Teil eines umfassenderen Plans, Handel, Militärausgaben und Sicherheitsgarantien zu verknüpfen. Die Linie sei klar: „Entweder höhere Militärausgaben oder Zölle.“ Trump sehe in China einen wichtigeren Rivalen als in Russland und wolle durch diese Maßnahmen Ressourcen für die geopolitische Konkurrenz mit Peking freisetzen. Der für Hudson Bay Capital arbeitende Wirtschaftsberater Trumps, Stephen Miran, lesen wir, sei ein Harvard-Absolvent. Er habe bereits in der Vergangenheit für das Finanzministerium gearbeitet und unter anderem mit dem Nobelpreisträger Nouriel Roubini publiziert. Seine Ansichten könne man nicht als die isolierte These eines exzentrischen Verrückten betrachten. Trumps Erklärungen vor einigen Tagen über 5 Prozent des BIP für Rüstung und frühere Erklärungen über sicherheitsbezogene Zölle könnten bestätigen, dass der gewählte Präsident Mirans Empfehlungen folgen wird, so Zbigniew Parafianowicz in Dziennik/Gazeta Prawna. 

Do Rzeczy: „ACTA 3 in Planung? – Verteidigen wir die Freiheit im Netz!“

Thema Nummer eins in der nationalkonservativen Presse sind indes die Pläne der Regierung, dem Präsidenten des Amts für elektronische Kommunikation (UKE) das Recht einzuräumen, Inhalte im Internet ohne gerichtliche Prüfung blockieren zu lassen. Nutzer sozialer Medien würden erst nachträglich über die Löschung ihrer Beiträge informiert. Die Opposition und nationalkonservative Medien sprechen von Zensur und einem Angriff auf die Meinungsfreiheit. 

Wie das Wochenblatt „Do Rzeczy“ schreibt, sei die geplante Regelung Teil der Umsetzung des EU-Digital Services Act (DSA), den Polen verpflichtend umsetzen müsse. Kritiker, darunter der Nationale Rundfunk- und Fernsehrat (KRRiT), würden darin jedoch den Versuch sehen, eine umfassende Zensur einzuführen. Die KRRiT betonte in einer Stellungnahme, dass solche Maßnahmen einen klaren Bruch mit der durch Artikel 54 der polnischen Verfassung garantierten Meinungsfreiheit darstellen würden.

Ex-Premierminister Morawiecki, lesen wir, rufe in den sozialen Medien unter dem Hashtag „Stop der Zensur im Internet“ zur Verteidigung der Netzfreiheit auf: „Die Freiheit im Internet ist ein Fundament der Demokratie und ein wesentliches Kontrollinstrument der Macht“, so Morawiecki. Auch die PiS-Partei warnt auf ihrem Konto auf X vor den Plänen. “Die Regierung Tusk versucht wieder einmal, den Polen ihre Online-Freiheit zu nehmen! Beamte werden die Möglichkeit erhalten, alle von Polen ins Internet gestellten Inhalte zu entfernen. Lasst uns das weitergeben - wir müssen das gemeinsam stoppen", lesen wir in dem Post.

Zur Erinnerung: Artikel 54 der polnischen Verfassung verbiete präventive Zensur und garantiert jedem die Freiheit, seine Meinung zu äußern sowie Informationen zu erhalten und zu verbreiten. Seit einiger Zeit würden jedoch einige Politiker der Regierungskoalition sowie einige Journalisten und Publizisten offen über die Sperrung von Inhalten sprechen, so Do Rzeczy. 

Autor: Adam de Nisau

Polen sieht Trumps Forderung nach höheren NATO-Verteidigungsausgaben gelassen

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Internationaler Haftbefehl: Staatspräsident Duda fordert Ausnahme für Netanjahu bei Auschwitz-Gedenken

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Polen hat sich hinter die Forderung des designierten US-Präsidenten Donald Trump gestellt, die Nato-Mitglieder sollten ihre Verteidigungsausgaben auf fünf Prozent ihrer Wirtschaftsleistung erhöhen.