Deutsche Redaktion

Wer ist die neue Spitzenkandidatin?

04.09.2019 12:36
Wer ist die neue Spitzenkandidatin der Bürgerplattform für das Amt des Premierministers, Małgorzata Kidawa-Błońska?
Presseschau
Presseschau pixabay.com/CC0

Rzeczpospolita: Die PO versteckt ihren Parteichef

Überraschend hat Grzegorz Schetyna, der Chef der Bürgerplattform (PO), verkündet, dass er nicht als Kandidat für das Amt des Premierministers in die Parlamentswahlen gehen werde. Stattdessen hat die größte Oppositionspartei in Polen die Abgeordnete und frühere Parlamentspräsidentin Malgorzata Kidawa-Błońska zur Spitzenkandidatin ernannt. Über den Schachzug berichtet heute unter anderem die konservative Tageszeitung Rzeczpospolita.

"Schetyna macht einen auf Kaczyński" schreibt der Redakteur Michał Szułdrzyński in seinem Kommentar. Damit spielt er auf die erfolgreiche Taktik der PiS-Partei bei den letzten Parlamentswahlen an. PiS-Chef Jarosław Kaczyński sowie weitere kontroverse Politiker der Partei hatten sich im Wahlkampf zurückgehalten, damit die Partei ein „freundliches“ Gesicht präsentieren konnte, um Wähler außerhalb des eigenen Lagers anzulocken. Nun tue es ihr die Bürgerplattform mit ihrer Entscheidung in letzter Minute gleich. PO-Chef Grzegorz Schetyna habe endlich einsehen müssen, dass er eine Belastung für seine Partei darstellt. Seine Umfragewerte seien miserabel. Deswegen habe er für das Wohl der von ihn geführten Oppositionskoalition auf seine eigenen Ambitionen verzichtet, schreibt der Autor. Die neue Spitzenkandidatin Kidawa-Błońska bringe der PO gleich mehrere Vorteile. Eine Frau an der Spitze verbessere das Image der Partei und erschwere dem Gegner politische sowie persönliche Angriffe. Die Strategie habe aber auch einen Nachteil. Sollte die Opposition siegen, so werde es erneut dazu kommen, dass das Amt des Premierministers und das Amt des Parteichefs der größten Regierungspartei von zwei unterschiedlichen Personen ausgeübt werden, so wie es aktuell auch bei der PiS-Regierung der Fall ist. Darauf sei das politische System Polens eigentlich nicht ausgelegt, lesen wir in der Rzeczpospolita.

Gazeta Wyborcza: Wer ist die neue Spitzenkandidatin?

Wer ist die neue Spitzenkandidatin der PO, Małgorzata Kidawa-Błońska? Die linksliberale Gazeta Wyborcza präsentiert heute ein kurzes Portrait. Kidawa-Błońska gelte als gemäßigt, umgänglich und kompromissbereit, lesen wir in der Zeitung. Ihre politische Karriere habe sie über die lokale Selbstverwaltung bis in den Sejm geführt, wo sie sich mit der Arbeit am Gesetz für In-Vitro-Behandlung bei Kinderlosigkeit einen Namen gemacht habe. Sie habe damals eine Arbeitsgruppe ihrer Fraktion zu dem Thema geleitet. Obwohl sie selbst eine Befürworterin der In-Vitro-Behandlung sei, habe Sie auch konservative Parteikollegen in die Gruppe eingeladen, daneben auch anerkannte Mediziner, Wissenschaftler, Ethiker und Philosophen. Kidawa-Błońska gehöre zum liberalen Flügel der PO, so unterstütze sie z.B. gleichgeschlechtliche Partnerschaften. Höhepunkt ihrer politischen Karriere sei das Amt der Parlamentspräsidentin, das Sie 2015 bekleidete, womit sie formal gesehen die zweitranghöchste Person im polnischen Staat war. Von Parteifreunden ist zu hören, Małgorzata-Kidawa-Błońska sei eine professionelle Politikerin, die sich in ihrer Arbeit nicht nach Emotionen oder einer Ideologie ausrichte, so die Gazeta Wyborcza.

Rzeczpospolita: Fachkräftemangel im öffentlichen Dienst

Wir kommen zu einem anderen Thema. In polnischen Ämtern und Behörden herrsche akuter Mitarbeitermangel, schreibt die Rzeczpospolita. Besonders schwierig sei es gut ausgebildete Spezialisten für Veterinärämter, die Bauaufsicht oder Behörden aus dem Bereich Transport- und Schifffahrt zu finden. Hauptgrund für das geringe Interesse potenzieller Kandidaten seien die niedrigen Gehälter, schreibt die Rzeczpospolita. Insgesamt gäbe es viereinhalb Mal weniger Bewerber für den öffentlichen Dienst, als noch vor fünf Jahren. Auch erfahrene Mitarbeiter würden immer öfter ihren Dienst quittieren, weil die freie Wirtschaft mit besseren Erwerbsaussichten lockt. Die niedrigen Gehälter im öffentlichen Dienst seien für die Mitarbeiter sehr frustrierend, so die Rzeczpospolita. Das könne sich auch auf die Qualität ihrer Arbeit und öffentlichen Dienstleistungen auswirken, warnen Experten. Der öffentliche Dienst sei neben dem desolaten Gesundheitssystem der am stärksten vernachlässigte Bereich des polnischen Staates, fasst die Rzeczpospolita zusammen. 

 

Filip Żuchowski