Deutsche Redaktion

Wahlen im Schatten des Lehrerstreiks?

13.09.2019 12:43
Themen für heute: Ein erneuter Lehrerstreik könnte den Wahlkampf überschatten, Ziobro bleibt Justizminister und Wahlgeschenke für Schlesien.
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Rzeczpospolita: Wahlen im Schatten des Lehrerstreiks?

Ein erneuter Lehrerstreik könnte den Wahlkampf überschatten, berichtet heute die konservative Rzeczpospolita. Nachdem es dieses Jahr bereits zu einem landesweiten Streik gekommen ist, erwägt der polnische Lehrerverband offenbar noch dieses Jahr einen neuen Streik, um die Forderung nach angemessener Bezahlung für Lehrkräfte durchzusetzen. Die endgültige Entscheidung sollte eigentlich in den nächsten Tagen fallen, wurde jetzt aber aus organisatorischen Gründen verschoben. Somit bestehe die Chance, dass der Streik nur einige Tage vor den Parlamentswahlen im Oktober starten könnte. Das sei gut so, schreibt die Redakteurin Zuzanna Dąbrowska in ihrem Kommentar. So könnten die Lehrer endlich die verdiente Aufmerksamkeit bekommen, und die Wähler könnten entscheiden, wie sie die Bildungspolitik der PiS-Regierung quittieren wollen. Die bedauernswerten Folgen der von der ehemaligen PiS-Bildungsministerin Anna Zalewska forcierten Schulreform seien jedenfalls nicht zu übersehen. Durch die Reform mussten sich dieses Jahr zwei Jahrgänge um die Aufnahme in die weiterführenden Lyzeen bewerben. Überfüllte Klassen, Lehrermangel und Organisationschaos seien die Folge der schlecht organisierten Reform, so Dąbrowska.

Regierungspolitiker werfen den Lehrern vor, sie würden den Streik durch den Beginn kurz vor den Wahlen politisieren. Den Vorwurf einer angeblich unzulässigen Politisierung verwendet die Regierung gerne gegen Kritiker. Völlig zu Unrecht – denn das Thema Schule und Bildung sei von Natur aus politisch, schreibt Dąbrowska.

Rzeczpospolita: Ziobro bleibt wohl Justizminister

In der heutigen Rzeczpospolita finden wir auch einen Kommentar zum Misstrauensvotum gegen Justizminister Zbigniew Ziobro, über das am Mittwoch im Sejm abgestimmt wurde. Alles sei nach dem üblichen Drehbuch verlaufen, schreibt Redakteur Tomasz Pietryga. Die Opposition habe Ziobro scharf attackiert und ihm vorgeworfen, für die sogenannte „Hater-Affäre“ verantwortlich zu sein. Mitarbeiter des Justizministeriums hatten sensible Daten über unliebsame Richter an eine Troll-Fabrik weitergereicht, und diese damit beauftragt Hassmails sowie verleumderische Postings in den Sozialen Medien zu verbreiten. Dies sei nur ein Teil der Strategie Ziobros, die Unabhängige Justiz in Polen auszuhebeln, so die Opposition weiter. Seine Partei- und Regierungskollegen sind Ziobro einstimmig zur Hilfe geeilt. Der Justizminister habe selbst nichts von dem Prozedere gewusst und sofort nach dem Bekanntwerden die verantwortlichen Personen entlassen, so die Erklärung der Regierung.

Wie erwartet scheiterte das Misstrauensvotum. Am Rückhalt der PiS-Partei für den umstrittenen Justizminister werde sich auch in Zukunft nichts ändern, schreibt Pietryga. Die PiS habe ein gutes Gespür für die gesellschaftliche Stimmung. Die meisten Polen würden nicht zwischen guten und schlechten Richtern differenzieren, sondern diesen Berufsstand als einheitlichen Block betrachten. Und Richter würden sich in Polen keiner großen Sympathie erfreuen, schreibt der Redakteur. Ziobro verkörpere das Verhältnis der rechten Stammwähler zum Gerichtswesen. Auch PiS-Chef Jarosław Kaczynski teile seine Ansichten, lesen wir in der Rzeczpospolita.

Gazeta Wyborcza: Wahlgeschenke für Schlesien

Wir bleiben bei der Innenpolitik und beim Wahlkampf. Die linksliberale Gazeta Wyborcza analysiert heute die Bemühungen der Regierung um die Wählergunst in Schlesien. Premierminister Mateusz Morawiecki startet als Nummer Eins der PiS-Wahlliste in Katowice, der Hauptstadt der Woiwodschaft Schlesien. Gleichzeitig pumpe die Regierung Milliardeninvestitionen in die Region. Der Premier verbringe fast jedes Wochenende in Schlesien, um bei Wahlveranstaltungen für seine Regierung zu werben. Überall betone er die geplanten Großinvestitionen, auch dann, wenn diese noch gar nicht sicher seien. In Katowice etwa soll ein neues, hochmodernes Wissenschaftszentrum entstehen. Im Moment gebe es zwar nur eine unterschriebene Absichtserklärung, aber schon jetzt verkündet Morawiecki gemeinsam mit dem Präsidenten von Katowice, dass die Stadt der PiS-Partei eine Investition im Wert von fast 400 Millionen Zloty verdanke. Insgesamt seien die aktuell geplanten und versprochenen Investitionen in Schlesien rund 3,3 Milliarden Zloty wert, schreibt die Zeitung Gazeta Wyborcza. Für diese Geschenke würden aber nicht nur die Einwohner der Region, sondern alle Polen bezahlen müssen, erinnert die Gazeta Wyborcza in ihrem Kommentar. Die versprochenen Investitionen seien oftmals wirtschaftlich nicht durchdacht, es gehe der PiS-Partei nur darum, politisches Kapital aus ihnen zu schlagen.


Filip Żuchowski