Deutsche Redaktion

Die Barriere an der Grenze funktioniert. Das Geschäft mit Migranten boomt

10.08.2023 13:07
Zwei Jahre nach dem regelmäßigen Kampf der polnischen Grenzschützer mit Migranten steige der Druck an der polnisch-belarussischen Grenze. In diesem Jahr habe es bereits mehr Versuche gegeben, die Grenze zu durchbrechen als im gesamten letzten Jahr, schreibt Dziennik am Donnerstag.
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Zwar helfe die stählerne Absperrung an der Grenze, dies zu verhindern, aber ihre Wirksamkeit bleibe begrenzt. Alles würde darauf hindeuten, dass die Migrationsroute weiterhin funktioniere. Jede Woche würden 600-800 Migranten Polen passieren, sagt ein Migrationsspezialist der Warschauer Universität gegenüber der Zeitung. Die große Mehrheit von ihnen versuche dann, nach Westeuropa zu gelangen. Einige würden erst deutsche Dienste stoppen. In der ersten Jahreshälfte seien bereits 12.000 Versuche registriert worden, illegal über die polnische Grenze nach Deutschland einzureisen. Im gleichen Zeitraum vor einem Jahr seien es weniger als 5.000 gewesen, sagt Prof. Maciej Duszczyk. Seiner Meinung nach beweise die steigende Zahl der Überquerungsversuche, dass die Stahlbarriere nicht dicht sei. Andernfalls würde es nicht so viele Versuche geben, über diese Route in die EU einzudringen.

Die anhaltende Beliebtheit der Ost-Route zeige sich auch in ausländischen Foren. Und das obwohl sie viel kleiner und um einige tausend Dollar pro Person teurer sei als die Balkan- oder Mittelmeerroute. Eine Reise über diese Route koste etwa 10 000 Dollar, in den anderen Fällen etwa 5 000 Dollar. Die Route durch Belarus habe auch unbestreitbare Vorteile: Nach den Erfahrungen der Migranten sei sie sicherer und einfacher. Alles dank der belarussischen Behörden, die diese Migrationsroute aufrechterhalten, so der Experte.

Polens Grenzschutz distanziere sich zu den Berechnungen von Prof. Duszczyk. Seine Spekulationen würden nicht die Daten berücksichtigen, die der Grenzschutz aber aus Gründen der nationalen Sicherheit nicht preisgeben könne. Die Absperrung selbst an der Grenze zu Belarus sei darüber hinaus erst seit etwa einem Monat voll funktionsfähig.

Darüber hinaus würden die Migranten die Grenze illegal mit Hilfe belarussischer Dienste überqueren, heißt es. Sie würden den Ausländern Pontons für Flüsse oder Leitern, Schaufeln und Schneidausrüstung geben, damit sie über die Sperre gelangen. Geht es nach dem Grenzschutz, wäre die Zahl der erfolgreichen illegalen Grenzübertritte allerdings deutlich höher, wenn die Absperrung nicht gebaut worden wäre.

Auch die polnischen Behörden würden keinen Hehl daraus machen, dass die Grenze nicht hundertprozentig dicht sei. Der Grenzschutz habe schließlich kürzlich das Verteidigungsministerium um 1.000 zusätzliche Soldaten an der polnisch-belarussischen Grenze gebeten. Am Donnerstag soll diese Zahl sogar auf 2.000 erhöht werden, heißt es abschließend in der Tageszeitung. 

Ex-Außenminister für Wprost: Die Ukraine hat drei Probleme in ihren Beziehungen zu Polen 

Das Wochenblatt Wprost indes befragt den ehemaligen polnischen Außenminister zu der jüngsten Aussage eines engen Beraters des ukrainischen Präsidenten. Demnach bleibe Polen der engste Partner und Freund der Ukraine bis zum Ende des Krieges. Danach würde diese Beziehung einen wettbewerbsfähigen Charakter annehmen.

Wie Witold Waszczykowski gegenüber Wprost erklärt, müssten mit der Zeit gewisse Wettbewerbselemente auftauchen. Während des Beitrittsprozesses Kiews zur EU könne es zu Unstimmigkeiten kommen. Es sei ein natürliches Aufeinanderprallen von gegensätzlichen Prioritäten souveräner Staaten, erklärt der Politiker.

Trotz verschiedener Kooperationsmechanismen sei die Union schließlich kein Club von Altruisten. Jeder würde hier seine eigenen Interessen verfolgen. Bis dahin werde Polen die Integrationsbemühungen Kiews unterstützen, so Polens ehemaliger Chefdiplomat. Für Warschau sei es vor allem wichtig, nicht Nachbar eines Kriegslandes zu sein, sondern eines freundlichen und sich entwickelnden Staates. Noch weniger wolle man mit Russland angrenzen, sollte es die Ukraine besetzen.

Geht es nach dem Diplomaten, habe die Ukraine jedoch drei Probleme in ihren Beziehungen zu Polen. Erstens: Sie verstehe nicht, wie die Union funktioniere. Zweitens habe sie in der europäischen Sicherheitsarchitektur eindeutig auf Deutschland gesetzt. Drittens spiele die Ukraine in jüngsten Reden offen auf einen Regierungswechsel in Polen an. Waszczykowski nach, glaube Kiew auch, dass die Rückkehr der oppositionellen Bürgerplattform an die Macht zu einem noch interesseloseren Verhalten gegenüber der Ukraine und zu einer unterwürfigen Haltung gegenüber der deutschen Politik führen werde. Die Ukraine würde nicht verstehen, dass Deutschland kein Interesse an einer freien und souveränen Ukraine habe. Genauso wie es vor 2014 der Fall gewesen sei. Berlin, so Waszczykowski abschließend, wolle den Konflikt mit Russland um jeden Preis so schnell wie möglich befrieden. Den Deutschen liege es nämlich vor allem daran, den Kreml zurück in den globalen Wirtschaftskreislauf zu bringen, lautet sein Fazit für Wprost. 

Dziennik/Gazeta Prawna: Glauben Polen an eine Verbesserung des Gesundheitssystems? 

Die Hälfte der Polen glaube, dass die Politiker das Gesundheitssystem des Landes reparieren können, lesen wir im Online-Blatt Dziennik. Am wenigsten Vertrauen in dieser Frage hätten 60 Prozent der Wähler der regierenden Partei Recht und Gerechtigkeit. Am meisten Vertrauen in die Wirksamkeit der Politiker hätten laut einer Umfrage von United Surveys im Auftrag der Tageszeitung DGP und dem privaten Radiosender RMF FM junge und oppositionelle Wähler. Insgesamt würden demnach mehr als 47 Prozent der Befragten den Politikern ihren Glauben schenken. Unter den Anhängern der Opposition seien es 56 Prozent der Wähler der Bürgerkoalition PO. Noch mehr, nämlich 60 Prozent, seien es bei Wählern der Bauernpartei PSL und 65 Prozent der Wähler der Linken.

Was empfinden Polen als besonders störend im staatlichen Gesundheitswesen? Dies hänge auch von den politischen Sympathien ab. Für die Mehrheit sei die Länge der Warteschlangen entscheidend. Allerdings verkünde keine politische Partei den Wahlslogan, die Warteschlangen zu verkürzen, heißt es im Online-Blatt. Gesundheitsexperten sei dieses Versprechen nur schwer zu erfüllen. Bis jetzt habe sich die Situation weder durch die Abschaffung von Beschränkungen noch durch die Erhöhung der Gesundheitsausgaben verbessert. Für Wähler der Bauernpartei sei es auch wichtig, dass die Ärzte- und Krankenhäuser näher beieinander liegen. Für die Wähler des linken Flügels sei die Qualität der Versorgung wichtiger als für die übrigen Wähler.

60 Prozent der Befragten würden den Ärzten im Allgemeinen vertrauen. Hier gebe es kaum Unterschiede bei den Wählern.

Können die Politiker mehr Initiative zeigen und das Gesundheitssystem verändern? Ja. Aber nur, wenn alle endlich anfangen würden, über Unterschiede hinweg zu denken und dieses Thema politisch anzugehen, sagt ein amtierender Politiker im Interview. Nach verschiedenen Analysen von Experten sei der Optimismus vor den Wahlen auch immer größer, heißt es weiter. Danach stelle sich gewöhnlich heraus, dass diese Wirksamkeit von Politikern in Wirklichkeit viel geringer sei als erwartet. Was ermutigend bleibe, lesen wir am Schluss, sei, dass der Glaube an die politische Kausalität bei jungen Wählern so hoch bleibe.


Piotr Siemiński