Rzeczpospolita: Die weiße Flagge des fehlbaren Papstes
Die Aussage von Papst Franziskus, der die Ukraine dazu aufgerufen hatte, Mut zur weißen Fahne und zu Verhandlungen zu haben, hat in Polen hohe Wellen geschlagen. Dasselbe hätte genauso gut auch Kreml-Sprecher Dmitri Peskow sagen können, schreibt dazu in der konservativ-liberalen Rzeczpospolita der Publizist Artur Bartkiewicz. Russland, so der Autor, sage schließlich seit langem, es sei bereit zu Verhandlungen - es genüge, wenn die Ukraine auf 20 Prozent ihres Territoriums und ihre Souveränität verzichtet, damit alle wieder billiges russisches Öl und Gas kaufen können. Natürlich, bis zu dem Moment, in dem Russland seine Armee wieder aufgebaut habe und zu dem Schluss komme, dass seine Sicherheit durch einen weiteren europäischen Staat gefährdet sei - vielleicht Moldau, Estland oder Polen. Die Appelle von Papst Franziskus würden diesen Kontext vollständig ignorieren. Wenn man von ihm absehe, seien sie verständlich – es sei schwer vorstellbar, dass das Oberhaupt der Kirche ein Befürworter des Krieges sein könnte. Aber nicht jeder Frieden sei gleich. Und der Frieden, zu dem der Papst aufrufe, wäre kein wirklicher Frieden, sondern nur ein Waffenstillstand vor dem nächsten Krieg, so Bartkiewicz. Aus der Perspektive eines Papstes aus dem fernen Argentinien, für das das zaristische Russland oder die Sowjetunion nie eine Bedrohung dargestellt hätten, sehe die Situation vielleicht wie ein regionaler Konflikt aus, dessen schnelles Ende die globale Situation beruhigen würde. Der Westen, und insbesondere die Länder unseres Teils von Europa, könnten sich eine solche Naivität jedoch nicht leisten. Sogar aus der Perspektive scheinbar vom Konflikt entfernter Staaten wie Argentinien sei eine solche Sichtweise kurzsichtig. Warum sollte Russland es bei der Ukraine belassen, wenn brutale Gewalt sich als ein effektives politisches Mittel erweist? Und die nächsten Ziele könnten bereits innerhalb der NATO liegen. Das würde einen globalen Konflikt bedeuten, dessen Folgen sowohl der Vatikan als auch Argentinien zu spüren bekommen würden. Und dessen Ende eine existenzielle Bedrohung für uns alle darstellen könnte.
Die Doktrin der katholischen Kirche verkünde, dass der Papst in Glaubensfragen unfehlbar ist. Aber sie sage nichts über Unfehlbarkeit in geopolitischen Angelegenheiten. Und in dieser speziellen Frage liege Franziskus einfach falsch, so Artur Bartkiewicz in der Rzeczpospolita.
Dziennik/Gazeta Prawna: Landwirte sind großes Kopfzerbrechen für Tusk
Die Gespräche zwischen Premierminister Tusk und den Landwirten am Samstag haben keinen Durchbruch gebracht. Und der Konflikt könnte sich für Tusk als eines der größten Kopfzerbrechen im anstehenden Wahlkampf vor den Kommunal- und Europawahlen erweisen, urteilt Agnieszka Burzyńska in ihrer Einschätzung für das Wirtschaftsblatt Dziennik/Gazeta Prawna. Die Koalitionsregierung habe sich zu Beginn ihrer Amtszeit auf Themen wie die öffentlichen Medien oder die Rechtsstaatlichkeit konzentriert. Doch die Betroffenen seien zwar vielleicht in den Medien präsent, könnten jedoch im Ernstfall nur einige hundert Personen zu Protesten bewegen. Die Landwirte, die von dem Zusammenbruch ihrer Familienbetriebe bedroht seien, würden viel entschlossener handeln. Sie würden nicht um edle Ideen kämpfen, sondern um ihre Existenz und die ihrer Familien. Das sei eine politische Emotion, vergleichbar mit der Empörung von Frauen, die – nach dem Urteil des Gerichts unter Julia Przyłębska zur Verschärfung der Abtreibungsregelungen – massenhaft nicht nur in Metropolen, sondern auch in Kreisstädten auf die Straße gegangen seien. Jarosław Kaczyński habe diesen Protest damals ignoriert, was ihn die Macht im Oktober letzten Jahres gekostet habe.
Das Problem des Zustroms billigerer, weil nicht nach strengen EU-Normen produzierter, landwirtschaftlicher Produkte aus der Ukraine, Weißrussland und sogar Russland sei für polnische Landwirte real und verheerend. Ungeklärte Probleme auf dem Agrarmarkt könnten - besonders in Ost- und Zentralpolen - einen realen Einfluss auf die Wählerwanderungen zwischen der derzeit regierenden Partei und der aktuellen Opposition haben.
Die Effektivität oder Ineffektivität von Tusk in Europa werde darüber entscheiden, ob die Regionen: Podkarpackie, Lubelskie, Podlaskie, Małopolskie und Świętokrzyskie – wie von Politikern der Regierungspartei deklariert – aus den Händen der PiS zurückerobert werden, oder ob sie für die nächsten fünf Jahre ein Depot für entlassene PiS-Aktivisten sein werden und dieser Formation die Möglichkeit geben, schwierige Jahre der Rechenschaft für acht Jahre räuberischer Regierung zu überstehen, so Agnieszka Burzyńska in Dziennik/Gazeta Prawna.
Rzeczpospolita: Kriegerische Deklarationen sind nicht genug
Die kriegerischen Deklarationen von Macron, der NATO-Truppen in der Ukraine nicht ausgeschlossen hatte, können einerseits als positives Zeichen gedeutet werden, dass die westlichen Politiker sich langsam bewusst werden, dass wir nun nicht mehr in einer Nachkriegs- sondern in einer Vorkriegszeit leben, schreibt Marek Cichocki in der Rzeczpospolita. Doch es stelle sich auch die Frage nach ihrer Glaubwürdigkeit. Wenn wir ehrlich seien, so der Autor, dann müssen wir eingestehen, dass die meisten Menschen in Europa die Realität der Unterschiede, die sich aus dem Ende der 79 Jahre andauernden Nachkriegszeit und dem Eintritt in eine Vorkriegszeit ergeben, nicht verstehen.
Werden entschlossene Erklärungen von Politikern das Bewusstsein für diesen Unterschied schärfen? Werden sie zum Beispiel bewirken, dass der deutsche Bundestag in einer Bewährungsprobe deutsche Bürger entsendet, um unter Lebensgefahr die östliche Grenze Polens oder Litauens zu verteidigen?
Die heutigen europäischen Politiker, lesen wir, für die der Krieg meist eine Abstraktion sei und die die Welt vor allem durch das Prisma von Expertisen und Zahlen sehen, müssten sich nun ganz offen die Frage stellen: Wenn wir tatsächlich in Vorkriegszeiten leben, für welche gemeinsamen Werte sollten Menschen aus Deutschland, Frankreich oder Italien zusammen mit Polen und Litauern ihr Leben opfern, um Europa zu verteidigen?
Ja, Europa habe mehr Einwohner, sei reicher und habe insgesamt mehr Militär, aber in einem echten Konflikt könnte das nicht ausreichen. Denn in Sachen Werte tobe heute in Europa ein wahrer Bürgerkrieg. Vielleicht sollte man diesen also, wenn die Zeichen tatsächlich auf Krieg stehen, zuerst würdevoll aussetzen, so Marek Cichocki in der Rzeczpospolita.
Autor: Adam de Nisau