Bei einem Briefing für die polnische Presse zu den Aussichten eines ukrainischen NATO-Beitritts erklärte Sikorski, „es gibt nichts Gefährlicheres als Sicherheitsgarantien, die unzuverlässig sind". Er habe den Eindruck, „dass man im Moment davon ausgeht, dass die Ukraine dem Bündnis erst beitreten kann, wenn der Krieg vorbei ist". Sikorski räumte ein, dass Kiew mit der auf dem Gipfeltreffen vorgeschlagenen „Brücke zur NATO" wahrscheinlich nicht zufrieden sein werde. Es werde erst zufrieden sein, wenn es den Krieg gewonnen habe. „Aber wir tun sehr viel, um dies zu erreichen", betonte er. Die Verbündeten sollen ihm nach auf dem am Dienstag beginnenden Gipfel der Ukraine weitere „riesige" 40 Milliarden Dollar an materieller Hilfe zusagen. Außerdem soll eine Gruppe von Ländern ein Abkommen über die Zusammenarbeit mit der Ukraine in Sicherheitsfragen unterzeichnen. Polen werde ebenfalls dabei sein.
„Zuallererst werden wir zeigen, dass wir geeint sind. Die NATO wurde gegründet, um ein aggressives Russland abzuschrecken. Russland ist wieder aggressiv. Die NATO hat beim ersten Mal gewonnen, sie wird auch beim zweiten Mal gewinnen", erklärte Polens Chefdiplomat.
Wird die NATO russische Raketen abschießen?
Der Leiter des Außenministeriums erwähnte auch die Idee in Richtung Polen fliegende russische Raketen noch über ukrainischem Gebiet abzuschießen. Wie er erklärte, sei dies zwar noch kein Thema auf dem NATO-Gipfel, werde aber in „verbündeten Kreisen" diskutiert. „Russische Raketen verletzen unseren Luftraum, und Menschen werden getötet. Wenn sie sich über unserem Territorium befinden, ist ein Abschuss nicht ohne Risiko für unsere Bürger. Ich denke also, dass es sowohl legal als auch vernünftig wäre, Raketen abzuschießen, die unser Territorium bedrohen. Wir würden in Selbstverteidigung handeln - aber Polen will hier keine Einzelentscheidungen treffen. Dies würde eine Verstärkung der Patrouillen über Polen im Kreis der Alliierten erfordern", betonte der Minister.
Sikorski: „Ungarn missbraucht unser Vertrauen"
Der Chef der polnischen Diplomatie hat auch erneut die Besuche des ungarischen Ministerpräsidenten Viktor Orban in Russland und China scharf kritisiert. Wie er sagte, habe er nicht die Europäische Union vertreten. „Ministerpräsident Orban vertritt Ungarn, und er nimmt alle Risiken auf sich, die mit dieser Tätigkeit verbunden sind. Ich erinnere mich an die Worte von Ministerpräsident Donald Tusk, der sagte, dass es bereits solche Leute gab, die Frieden versprachen, und heute sind sie Symbole der Appeasementpolitik", sagte er. „Ungarn missbraucht unser Vertrauen. Was der Regierung missfällt, und was Ungarn auf allen möglichen Ebenen wiederholt mitgeteilt wurde, ist, dass Ungarn seit einem Jahr zwei Milliarden Zloty (ca. 450 Mio. EURO) an Rückzahlungen für militärische Ausrüstung blockiert, die wir der Ukraine gegeben haben, und das wären zwei Milliarden gewesen, die direkt in den Fonds für die Modernisierung der Streitkräfte geflossen wären", so Sikorski. „Das ist nicht bündnisfreundlich, sondern unfreundlich", urteilte er.
Bei einem früheren Pressegespräch in Washington teilte der stellvertretende Ministerpräsident und Verteidigungsminister Wladyslaw Kosiniak-Kamysz mit, er und Sikorski hätten einen Plan, um Ungarn zur Beendigung seiner Blockade zu drängen, wollte aber keine Einzelheiten nennen.
IAR/PAP/ps