Vergangene Woche hatte EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen angekündigt, dass bis zu zehn Milliarden Euro aus dem Kohäsionsfonds für Länder, die von schweren Überschwemmungen betroffen sind, mobilisiert werden könnten. Polen soll davon rund fünf Milliarden Euro erhalten.
Laut von der Leyen werden die Gelder aus verschiedenen EU-Programmen umgeschichtet. Detaillierte Angaben, welche Programme betroffen sind, stehen jedoch noch aus.
Wirtschaftsexperten wie Krzysztof Biegun von der Wirtschaftsuniversität Wrocław betonen, dass Polen trotz der Umverteilung erheblich von den Geldern profitieren werde. „Auch wenn es sich nicht um neues Geld handelt, wie es beim EU-Solidaritätsfonds der Fall wäre, werden die Änderungen der Finanzierungsregeln die Nutzung der Mittel erleichtern“, so Biegun gegenüber Euractiv.
Insbesondere sei keine Kofinanzierung durch die Mitgliedstaaten erforderlich, und die Gelder könnten als Vorfinanzierung für Investitionen verwendet werden.
Opposition übt scharfe Kritik
Die Opposition sieht dies jedoch anders. Sie argumentiert, dass die EU-Kommission lediglich Gelder bereitstelle, die Polen ohnehin im Rahmen des von der früheren PiS-Regierung (EKR) verhandelten Länderfinanzrahmens zustünden. Janusz Kowalski, Abgeordneter der PiS, äußerte scharfe Kritik: „Ministerpräsident Donald Tusk lügt die Polen an. Die Gelder, die er angeblich für die Flutopfer sichert, stammen aus Mitteln, die bereits zuvor ausgehandelt wurden“, schrieb Kowalski auf der Plattform X (vormals Twitter).
Tusk widerspricht
Ministerpräsident Donald Tusk wies diese Vorwürfe zurück und erklärte, dass Polen ohne die neuen Regeln die Mittel wahrscheinlich nicht hätte abrufen können. „Theoretisch war dieses Geld bereits in unserem Portfolio, aber aufgrund von Bürokratie und Verzögerungen wäre es schwer gewesen, die Mittel zu nutzen“, sagte Tusk in einer Pressekonferenz.
Wirtschaftsexperte Biegun fügte hinzu, dass noch unklar sei, aus welchen Programmen die Mittel konkret stammen. „Um Tusks Aussage genau zu bewerten, brauchen wir mehr Details von der Regierung“, so Biegun.
Polen beantragt zusätzliche EU-Hilfen
Angesichts des massiven Schadens bezweifelt Polen, dass die fünf Milliarden Euro Kohäsionsmittel ausreichen werden. Die Regierung hat daher angekündigt, zusätzliche Mittel aus dem EU-Solidaritätsfonds zu beantragen, der speziell für große Naturkatastrophen bereitgestellt wird.
Laut einem Sprecher der Europäischen Kommission stehe die EU der Mobilisierung des Solidaritätsfonds offen gegenüber, erfordere jedoch einen offiziellen Antrag der betroffenen Mitgliedstaaten.
Tusk kündigte außerdem an, dass die polnische Regierung insgesamt 23 Milliarden Zloty (5,4 Milliarden Euro) aus nationalen und EU-Mitteln für den Wiederaufbau nach der Flutkatastrophe bereitstellen werde.
euractiv/PAP/jc