In einem Zelt vor dem historischen Haupttor des ehemaligen Todeslagers Auschwitz II-Birkenau begann am Montagnachmittag die Hauptfeier zum 80. Jahrestag der Befreiung des deutschen Vernichtungslagers. Die wichtigsten Gäste waren eine Gruppe von etwa 50 Überlebenden und ehemalige Häftlinge des deutschen Lagers.
An der Zeremonie haben rund 3.000 Personen teilgenommen. Begrüßt wurden sie von Marian Turski, einem Auschwitz-Überlebenden und Mitglied des Internationalen Auschwitz-Rates.
„Meine wärmsten Gedanken und Gefühle gelten euch, meinen Kameraden im Elend, den Häftlingen“, lauteten die ersten Worte seiner Ansprache. Er betonte, dass „diejenigen, die die Freiheit erlebt haben, sehr wenige sind. „Es gibt nur noch eine Handvoll. Unsere Gedanken sollten daher der Mehrheit gelten, den Millionen von Opfern, die uns nie erzählen werden, was sie erlebt haben, was sie fühlten. Sie wurden von der Vernichtung verschlungen“, betonte Turski. Danach bat er die Anwesenden aufzustehen und eine Gedenkminute zu halten. Außer internationalen Politikern und Persönlichkeiten waren die wichtigsten Gäste eine Gruppe von etwa 50 Überlebenden und ehemalige Häftlinge des deutschen Todeslagers.
„Todesfabrik“
Eine der ersten Rednerinnen war auch Janina Iwańska. Als 14-Jährige Teilnehmerin des Warschauer Aufstands wurde sie 1944 in das Lager deportiert. In ihrer Rede erinnerte sie daran, wie das Konzentrationslager in ein Todeslager umgewandelt wurde, in dem es darum ging, so viele Menschen wie möglich zu töten. „1942 wurde im Herbst mit dem Bau der Krematorien und Gaskammern begonnen. Kurz darauf nahm die Todesfabrik ihre Arbeit auf. Hier geschah nichts anderes, die Menschen wurden einfach umgebracht. Es ist schwer zu zählen, wie viele Opfer es gab. Die meisten Menschen waren gekennzeichnet, aber es kam auch vor, dass Häftlinge aus anderen Ländern gebracht und ohne Registrierung in die Krematorien geführt wurden“, erklärte sie.
Wie sie sagte, hätten die Nazi- Folterer, als die Befreiung von Auschwitz endlich bevorstand, eifrig alles Mögliche getan, damit der Albtraum der Gefangenen nicht enden würde. „Selbst als die Deutschen die Schüsse der anrückenden Truppen hörten, taten sie alles, um sicherzustellen, dass die Opfer keine Hoffnung auf Rettung haben konnten. Sie versuchten immer wieder, die Gefangenen systematisch zu töten“, betonte sie.
„Prozedur der Entmenschlichung"
Unter den Rednern war auch Leon Weintraub. Er ist einer der letzten Überlebenden des Ghettos Litzmannstadt, ein ehemaliger Häftling von Auschwitz und anderen Lagern. Wie der 99-jährige Mann heute betonte, hat der Überfall der Deutschen sein ganzes Leben entgleist. „Ich bin im Ghetto gelandet. Als dessen Liquidierung begann, wurden wir nach Auschwitz deportiert. Meine Mutter und meine Tante wurden am selben Tag getötet und kremiert. Dann begann die Prozedur, uns die Menschlichkeit zu nehmen“, sagte er.
Er erzählte, wie er brutal rasiert wurde und Lagerlumpen erhalten hatte. „Wir wurden zu Wegwerfprodukten degradiert. Ich habe sehr gelitten, ich war einsam, brutal von meiner Familie getrennt. Der schwarze, stinkende Rauch, der aus den Schornsteinen aufstieg, hat mich sehr beunruhigt. Nach einigen Wochen gelang es mir, zu fliehen, illegal zu entkommen. Unbemerkt von den Wachen schloss ich mich einer Gruppe von Häftlingen an, die zur Arbeit außerhalb des Lagers ausgewählt wurden“, erzählte er.
„Seid wachsam. Schaut auf die Feinde der Demokratie"
Er appellierte an die junge Generation, die Vorteile der digitalen Welt mit Bedacht zu nutzen. „Seid wachsam. Wir Opfer von Verfolgung wissen, was es heißt, in der Minderheit zu sein. Schaut euch die Feinde der Demokratie an. Ich bitte euch, eure Anstrengungen zu verstärken, um die Wahrnehmung einer Welt, die zur Gewalt geführt hat, einer Fabrik des Todes, zu verhindern“, betonte er.
Die Zeremonie wurde mit einer Gedenkfeier für die Opfer abgeschlossen. Die Überlebenden und die Delegationsleiter gedachten der Opfer vor einem am Ort der Zeremonie aufgestellten historischen Eisenbahnwaggon. In denselben Waggons hatten die deutschen Nazis Juden und andere Menschen in ihre Vernichtungslager transportiert.
Gesandte aus 61 Ländern
Bei der Gedenkfeier waren Abgesandte aus 61 Ländern und internationalen Organisationen vertreten. Gastgeber war der Präsident der Republik Polen, Andrzej Duda, der die Ehrenschirmherrschaft über die Feierlichkeiten übernommen hat. Unter den Anwesenden waren Vertreter der polnischen Regierung und der britische König Charles III.
Ebenfalls anwesend waren der Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier und Frankreichs Präsident Emmanuel Macron, Bundeskanzler Olaf Scholz und die Präsidentin des Europäischen Parlaments, Roberta Metsola.
Israel war durch seinen Bildungsminister, Joav Kisch, vertreten. Der Präsident der Ukraine, Wolodymyr Selenskyj, war ebenfalls eingetroffen.
Abwesend war Russland, das aufgrund seiner Invasion der Ukraine nicht eingeladen wurde.
Bis zur Befreiung durch Soldaten der Roten Armee im Januar 1945 hatten die deutschen Nazis in Auschwitz etwa 1,1 Millionen Menschen ermordet. Die meisten Opfer waren Juden, aber auch sowjetische Kriegsgefangene, Polen, Roma, und Menschen anderer Nationalitäten. Rund 7.000 Häftlinge wurden bei der Befreiung lebend vorgefunden.
Auschwitz steht heute weltweit als Symbol für die Verbrechen des Holocausts und die Grausamkeiten des Zweiten Weltkriegs. Die Vereinten Nationen erklärten 2005 den 27. Januar zum Internationalen Tag des Gedenkens an die Opfer des Holocausts.
PAP/TNV24/ps