Nach Ansicht vieler Kommentatoren geben der Ablauf und der Inhalt der Gespräche Anlass zur Sorge. Dem ukrainischen Journalisten Witali Portnikow nach „beginnen die Gespräche in erster Linie mit Russland, was bedeuten könnte, dass die Ukraine nicht wie ein gleichberechtigter Partner berücksichtigt wird“.
Kritik in den USA: „Ein Geschenk an Putin“
Trumps Gespräch mit Putin und die Worte von Pentagon-Chef Pete Hegseth, der einen möglichen NATO-Beitritt der Ukraine abgelehnt hat, sind auch in den USA selbst auf breite Kritik gestoßen. Nationale Sicherheitsexperten haben diese Ereignisse noch vor Beginn der Verhandlungen als „Geschenk an Putin“ bewertet. Dem US-Geschäftsmann und Putin-Kritiker Bill Browder nach, lasse der Kreml „die Sektkorken knallen“. Militäranalysten der Denkfabrik Institute for the Study of War (ISS) haben auf Putins Rhetorik hingewiesen, mit der er weiterhin versuche, seine Bedingungen durchzusetzen, indem er die Notwendigkeit der Neutralität der Ukraine und den Rückzug der NATO aus Osteuropa fordere.
Unabhängige Kommentatoren: „Die Ukraine als Tauschmittel“
Sowohl in der Ukraine als auch in Russland machen unabhängige Kommentatoren aus ihrer Besorgnis keinen Hehl. Wie ukrainische Experten betonen, könnten Entscheidungen über das Schicksal ihres Landes über ihre Köpfe hinweg Kiew zu ungünstigen Lösungen zwingen. „Donald Trump hat deutlich gemacht, dass es möglich ist, Gespräche über die Ukraine ohne die Ukraine zu führen“, sagte der russische Politikwissenschaftler Iwan Preobraschenski.
Der ehemalige Schachweltmeister und russische Oppositionelle Garri Kasparow wiederum warnte, dass Verhandlungen ohne Europa zu gefährlichen Präzedenzfällen in der Region führen könnten. Einige unabhängige russische Analysten wiesen darauf hin, dass Putin, selbst wenn er sich auf Verhandlungen einlässt, seine imperialen Ambitionen nicht aufgeben werde. Ihrer Ansicht nach versuche der Kreml weiterhin, seine Kontrolle über die Ukraine und andere ehemalige UdSSR-Republiken zu festigen und die NATO zu schwächen.
„Verrat und weiterer Krieg"
Britische Medien warnen, dass ein möglicher Deal zwischen Trump und Putin „Verrat und einen weiteren Krieg“ bedeuten könnte. Die BBC berichtete, dass Putin „nicht länger isoliert“ sei, was ihm einen diplomatischen Vorteil verschaffe. Dem Daily Telegraph zufolge stehe Europa vor einer wichtigen Entscheidung: Entweder es erhöht seine Verteidigungsinvestitionen oder es lässt zu, dass sein Schicksal in Moskau und Washington entschieden werde. „Der Westen hat sich für die Entehrung entschieden, indem er sich Präsident Putin beugt und wird dafür mit noch mehr Krieg belohnt werden“, schrieb der ehemalige britische Verteidigungsminister, Ben Wallace, im Telegraph.
Polen: Unterstützung für die Ukraine bleibt unverändert
Der polnische Außenminister Radosław Sikorski hat auf dem Treffen des Weimarer Dreiecks in Paris angekündigt Polen werde seine Unterstützung für die Ukraine fortsetzen. „Wir können nicht zulassen, dass die Ukraine in den Gesprächen der Großmächte zum Spielball wird. Polen wird sich weiterhin für verstärkte Sanktionen gegen Russland und militärische Unterstützung für die Ukraine einsetzen“, erklärte Sikorski.
Der Leiter der polnischen Diplomatie wies auch auf die Notwendigkeit hin, das Engagement Europas für seine Verteidigung zu erhöhen. „Es gibt keine besseren Garantien für die Sicherheit unseres Kontinents als eine enge transatlantische Zusammenarbeit, aber Europa sollte mehr und mehr für seine eigene Verteidigung tun“, betonte er.
Friedensgespräche in Moskau und Washington?
Donald Trump hat am Mittwoch eineinhalb Stunden lang mit Wladimir Putin über den Krieg in der Ukraine gesprochen. Der amerikanische Präsident bewertete das Gespräch als „lang und sehr fruchtbar“. Beide Seiten hätten sich darauf geeinigt, dringend Friedensverhandlungen aufzunehmen. Trump hat angekündigt, seine diplomatischen Vertreter würden umgehend Gespräche mit russischen Unterhändlern aufnehmen, um „das millionenfache Sterben zu beenden“.
Eine Stunde nach seinem Gespräch mit Putin hat Trump Wolodymyr Selenskyj angerufen. Der ukrainische Präsident hat das Gespräch als „bedeutend“ bezeichnet. Es habe Schritte zur „Beendigung der russischen Aggression und zur Sicherung eines dauerhaften Friedens“ sowie die ukrainisch-amerikanische Zusammenarbeit bei der Herstellung von Drohnen betroffen.
Nach Angaben von Kreml-Sprecher Dmitri Peskow ging es bei dem Gespräch auch um den Austausch russischer und amerikanischer Staatsbürger und das geplante Treffen zwischen Trump und Putin. Die Präsidenten sollen sich darauf geeinigt haben, die Gespräche sowohl in Moskau als auch in Washington zu führen. Allerdings soll der Kreml auch in seinen Mitteilungen darauf drängen, dass sogenannte „Grundursachen“ des Konflikts beseitigt werden müssten.
PRdZ/IAR/ps