Politiker der Regierungskoalition haben angekündigt, alle Gesetzentwürfe zur Abtreibung zur weiteren Bearbeitung an einen außerordentlichen Parlamentsausschuss überweisen zu wollen. Im Sejm hat gestern die erste Lesung der Gesetzesvorschläge zur Lockerung der Abtreibungsregelungen stattgefunden.
Insgesamt sind vier Vorschläge eingebracht worden. Die Linke hat zwei Projekte eingereicht, darunter eines zur Dekriminalisierung der Abtreibung. Marcelina Zawisza betonte während der Debatte die Notwendigkeit, die Sicherheit von schwangeren Frauen, medizinischem Personal und Hilfsorganisationen zu gewährleisten. Ihre Parteikollegin Wanda Nowicka sprach sich gegen die Rückkehr zu den Regelungen des sogenannten "Abtreibungskompromisses" von 1993 aber auch gegen das von Polen 2050 vorgeschlagene Referendum aus. Gleichzeitig plädierte sie dafür, alle Entwürfe gründlich im Ausschuss zu prüfen.
Die Bürgerkoalition (KO) strebt, wie die Vize-Fraktionschefin der Partei Monika Rosa, hervorhob, nach einem mehrheitsfähigen Gesetz. Dorota Łoboda von der KO unterstrich, dass der Staat Frauen die Möglichkeit einer sicheren und legalen Abtreibung in würdigen Bedingungen sichern sollte. Sie befürwortet eine liberale Gesetzgebung, die den Frauen Wahlmöglichkeiten bietet.
Das Polnische Volkspartei (PSL) sieht die größten Chancen für eine Liberalisierung in dem Vorschlag des Dritten Wegs, erklärte die PSL.-Abgeordnete Jolanta Zięba-Gzik. Wie sie hinzufügte, gebe es in der PSL nie eine Abstimmungsdisziplin zu weltanschaulichen Fragen. "Jeder wird nach seinem eigenen Gewissen abstimmen können, aber ich appelliere an jeden um Dialogbereitschaft", sagte die Abgeordnete.
Die Klimaministerin und Abgeordnete von Polen 2050, Paulina Hennig-Kloska, erklärte, sie selbst sei für die Möglichkeit des Schwangerschaftsabbruchs bis zur 12. Sie betonte jedoch, dass sie die Idee eines Referendums unterstütze, da dies dem Projekt eine signifikante gesellschaftliche Legitimität verleihen würde. Außerdem, so die Politikerin, könnte der Präsident ein Veto gegen das vom Sejm verabschiedete Gesetz einlegen.
Karina Bosak von der Konföderation sagte, dass das Leben und die Entwicklung eines Kindes ab dem Zeitpunkt der Empfängnis beginne und Frauen Unterstützung bräuchten. Als Frau, die kurz nach ihrem Eintritt in den Sejm ihr drittes Kind zur Welt gebracht habe, wisse sie um die Entbehrungen des Mutterseins. Sie fügte hinzu, dass sie davon träume, dass ihre Tochter Unterstützung und Hilfe erfährt. Die Abgeordnete sagte, es sei ihr wichtig, dass ein Kind als ein Geschenk und eine Freude angesehen werde und dass die Frau, die es Kind zur Welt bringt, nicht auf sich allein gestellt ist.
Die Recht und Gerechtigkeit PiS hat angekündigt, gegen die Projekte der Bürgerkoalition und der Linken zu stimmen und nur die Weiterleitung des Entwurfs des Dritten Weges zur Bearbeitung durch den entsprechenden Parlamentsausschuss zu unterstützen.
Die Abgeordneten befassen sich mit zwei Vorschlägen der Linken und je einem der Bürgerkoalition und des Dritten Weges.
Nach dem Vorschlag der Bürgerkoalition soll die Abtreibung bis zur 12. Woche erlaubt sein. Der Entwurf des Dritten Weges sieht die Wiedereinführung der Bestimmung vor, die einen Schwangerschaftsabbruch im Falle irreversibler
Fehlbildungen des Fötus erlaubt, einer Bestimmung also, die dem Urteil des Verfassungsgerichts vom Oktober 2020 vorausgeht. Die Abstimmung ist für Freitagnachmittag geplant.
Die Fraktionen sollen Kandidatenlisten für den Ausschuss einreichen. Sejmmarschall Szymon Hołownia gab bekannt, dass der Ausschuss 27 Mitglieder zählen wird. Die PiS wird 11, die Bürgerkoalition neun, Polen 2050, die PSL und die Linke jeweils zwei und die Konfederacja ein Mitglied stellen.
IAR/adn