„Das sind keine Herausforderungen, die wir allein bewältigen können", betonte Sikorski während einer gemeinsamen Pressekonferenz mit den Außenminister Deutschlands und Frankreichs, Annalena Baerbock und Stephan Sejourne nach einem Treffen im Rahmen des Weimarer Dreieck-Formats. Wie der polnische Chefdiplomat erinnerte, gehören zu den Bedrohungen für die EU auch der Druck auf die EU-Grenzen. Hier würden Russland und Belarus illegale Migranten einschleusen, sowie Sabotage- und Diversionsversuche unternehmen. Dank der Zusammenarbeit mit Berlin sei zuletzt ein solcher Versuch in Polen verhindert worden, teilte Sikorski mit.
„Vor 33 Jahren, als das Weimarer Dreieck entstand, schien es, als seien die Schreckgespenster des 20. Jahrhunderts besiegt, als hätten wir als Europäer gelernt, in Frieden zu leben, leider hat sich herausgestellt, dass nicht alle so dachten", erklärte Sikorski. „Nach zwei blutigen Weltkriegen haben wir ein gewisses Tabu aufgestellt, nämlich dass Grenzen in Europa nicht gewaltsam verändert werden dürfen, alle Grenzen in Europa sind künstlich; wenn wir anfangen würden anzuerkennen, dass es erlaubt ist, Grenzen gewaltsam zu verändern, wäre das ein Rezept für einen Krieg aller gegen alle; das darf Wladimir Putin nicht gelingen", betonte der Minister. Das Wichtigste sei, dass die Ukraine diesen Krieg nicht verliere und Russland ihn nicht gewinne, fügte er hinzu.
„Die Ukraine verteidigt die europäische Friedensordnung"
Baerbock wies nach ihrem Treffen mit den Chefdiplomaten Polens und Frankreichs darauf hin, dass das Format des Weimarer Dreiecks die Vielfalt der drei Länder im kleinen Rahmen zusammenbringe und die Europäische Union angesichts der täglichen Herausforderungen stärke. Aus dem Weimarer Dreieck sollten ihrer Ansicht nach Impulse für Europa ausgehen. Die Ministerin machte deutlich, dass die „Weimarer Agenda" auch eine europäische Sicherheits- und Verteidigungspolitik umfasse. „Wir wollen, dass die Europäische Union eine Sicherheitsunion wird, denn eine starke NATO ist unsere Sicherheit", betonte Baerbock.
Wie sie ergänzte, waren sich die in Weimar versammelten Minister einig, mindestens 2 Prozent des BIP für die Verteidigung aufzubringen. Diese Mittel sollten strategisch eingesetzt werden, das heißt durch Investitionen in neue Technologien und gemeinsame Einkäufe. Die Diplomaten diskutierten auch über die Notwendigkeit einer globalen Energiewende, die „eine wirtschaftliche Chance und Teil unserer europäischen Sicherheitspolitik ist".
Bei dem Treffen wurde auch die Lage in der Ukraine und in Moldau besprochen. Die Ukraine verteidige die europäische Friedensordnung, deshalb sei es so wichtig, ihre Luftverteidigung zu verstärken, betonte Baerbock. Mit Blick auf die bevorstehenden Wahlen zum Europäischen Parlament rief sie auf, zur Wahl zu gehen. „Jeder einzelne von uns kann Europa stärker machen, jede Stimme für eine demokratische Partei ist eine Stimme für die Freiheit. (...) Die Demokratie muss unterstützt und verteidigt werden", so Baerbock abschließend.
„Wir hören der Ukraine und ihren Bedürfnissen zu"
Frankreich arbeite zur Unterstützung der Ukraine in einer Koalition im Bereich der Luftverteidigung mit. In den kommenden Wochen werde Paris seine Bemühungen diesbezüglich verstärken, sagte der Chef des französischen Außenministeriums. „Dies bleibt weiterhin unsere Priorität", ergänzte der Minister. Wir hören auf die Ukraine und ihre Bedürfnisse, versicherte Sejourne.
Auch er appellierte an junge Menschen, sich an den Wahlen zum Europäischen Parlament im Juni zu beteiligen. Ihm zufolge werden dies die wichtigsten Wahlen seit mehreren Jahrzehnten und das Ergebnis entscheidend für die Richtung sein, in die sich Europa entwickeln werde. Gleichzeitig warnte er, dass Russland seit dem Beginn der Invasion in der Ukraine im Bereich der Desinformation aktiv sei. Der Kreml versuche, Europa zu destabilisieren, was sich auch bei den Wahlen zum Europäischen Parlament manifestieren könnte.
Sikorski wies in diesem Zusammenhang darauf hin, dass Polen eine Initiative zur Bekämpfung der russischen Desinformation gestartet hat. Das Außenministerium stelle dafür 10 Millionen Euro zur Verfügung. Andere Länder seien eingeladen, sich dieser Initiative anzuschließen, fügte er hinzu. Der Minister betonte die Notwendigkeit der Zusammenarbeit zwischen Politikern und „ernsthaften Medien, die Informationen überprüfen" und rief dazu auf, nicht auf „russische Fakes, russische Desinformationen hereinzufallen, denn im Wahlkampf steht wirklich viel auf dem Spiel".
„Polen unterstützt eine Zweistaatenlösung im Nahost-Konflikt"
Die Außenminister des Weimarer Dreiecks wurden auch gebeten, sich zu der Ankündigung der Ministerpräsidenten Irlands, Norwegens und Spaniens vom Mittwoch zu äußern, die Unabhängigkeit Palästinas anzuerkennen. Polen erkenne die Staatlichkeit Palästinas seit mehreren Jahrzehnten an, sagte Sikorski. Polen habe bereits zusammen mit 143 Ländern in der UNO für die Mitgliedschaft Palästinas in den Vereinten Nationen gestimmt, das heißt für die „Aufwertung (seines) Status" in der Organisation. „Dies war kein Votum gegen irgendjemanden und insbesondere nicht gegen Israel, sondern für eine Zweistaatenlösung", betonte der Minister.
„Wir werden die Bemühungen des Hohen Vertreters der Europäischen Union (Josep Borrell) und anderer Länder unterstützen, die glauben, dass eine langfristige, stabile Lösung für die fünf Millionen Palästinenser notwendig ist. Wir glauben, dass eine solche langfristige Lösung eine Zweistaatenlösung wäre, und ich erinnere daran, dass Palästina außenpolitisch durch die Palästinensische Autonomiebehörde und nicht durch die Hamas repräsentiert wird", erklärte der Leiter der polnischen Diplomatie.
PAP/RMF24/ps