Rzeczpospolita: Europa muss gerettet werden
Der ehemalige Präsident der EZB, Mario Draghi, warnt in einem lang erwarteten Bericht vor dem „langsamen Verfall“ der europäischen Wirtschaft. Um die Wettbewerbsfähigkeit der EU wiederherzustellen, seien jährlich bis zu 800 Milliarden Euro notwendig, schreibt in ihrem Aufmacher die konservativ-liberale Rzeczpospolita.
Der Bericht von Mario Draghi, lesen wir, umfasse fast 400 Seiten und behandle praktisch alle Sektoren der europäischen Wirtschaft mit Empfehlungen zur Verbesserung ihres Funktionierens. Entscheidend seien aber drei Leitlinien. Erstens die Schließung der wachsenden Investitionslücke zwischen der EU und den USA sowie China, insbesondere im Bereich neuer Technologien. Zweitens eine Dekarbonisierung der Wirtschaft, die die Wettbewerbsfähigkeit der EU steigern solle. Der dritte Schlüsselbereich sei Sicherheit, sowohl im militärischen Sinne – was von der EU den Aufbau eines echten gemeinsamen Rüstungsmarktes erfordere – als auch im wirtschaftlich-geopolitischen Sinne. Dies erfordere eine signifikante Verringerung der Abhängigkeit von einzelnen Lieferanten in Bereichen wie Hochtechnologie oder Pharmazeutika.
Wie das Blatt weiter betont, erfordere der radikale Plan, den der Italiener vorschlage, vor allem die Überzeugung der Mitgliedstaaten. Denn die Investitionslücke von 5 Prozent des BIP müsse von jemandem finanziert werden. Und von Seiten der renommierten Analytiker, die Draghi zu dem Thema befragt habe, herrsche in einem Punkt Einigkeit: Wie der ehemalige EZB-Chef betont, werde dies ohne öffentliche Mittel nicht möglich sein. Es gehe dabei um beträchtliche Summen. Seiner Meinung nach sollten die EU-Mittel gemeinsame, grenzüberschreitende europäische Projekte finanzieren, berichtet die Rzeczpospolita.
Rzeczpospolita: Friedensaufrufe statt Waffen
Präsident Selenskyj hat beim letzten Treffen der Ramstein-Gruppe nicht die erhoffte Zustimmung erhalten, Russland mit westlichen Waffen angreifen zu können. Stattdessen habe unter anderem Deutschland über ein Ende des Krieges gesprochen, schreibt, ebenfalls in der Rzeczpospolita der Publizist Andrzej Łomanowski.
Wie der Autor berichtet, habe der Westen weder die ukrainische Luftverteidigung verstärken wollen, noch habe er dem Beschuss Russlands mit eigenen Raketen zugestimmt. Das Scheitern des Wochenendtreffens der Ramstein-Gruppe sei zudem von Aufrufen zum Frieden überschattet worden. Der deutsche Bundeskanzler Olaf Scholz, so Łomanowski, soll als Erster gefordert haben, Russland zum nächsten „Friedensgipfel“ einzuladen. Unabhängig von ihm habe der indische Premierminister Narendra Modi den nationalen Sicherheitsberater Ajit Doval nach Moskau geschickt, um Gespräche mit Wladimir Putin zu führen. Es sei jedoch unklar, welche Vorschläge der Inder, der aufgrund seines bewegten Lebenslaufes als „indischer James Bond“ bezeichnet werde, dem Kreml vorlege. Die USA haben geschwiegen und nicht bekanntgegeben, ob sie diese Initiativen unterstützen, schreibt Andrzej Łomanowski in der Rzeczpospolita.
Dziennik/Gazeta Prawna: Heute Debatte Harris vs. Trump
Natürlich ist auch die anstehende Debatte zwischen Kamala Harris und Donald Trump in den USA ein wichtiges Thema in der polnischen Presse. Diese könnte ein weiterer Wendepunkt im Präsidentschaftswahlkampf sein, schreibt das Wirtschaftsblatt Dziennik/Gazeta Prawna. Beide Kandidaten, so das Blatt, hätten die Aufgabe, ihre Emotionen zu zügeln, um den gemäßigten Wählern nicht ihre radikale Seite zu zeigen. Dies werde insofern einfacher sein, als dass das Mikrofon jedes Kandidaten nur während der ihnen zugeteilten Redezeit eingeschaltet sei. „Eine wenig erfahrene Kandidatin wird einem Veteranen gegenüberstehen“, prognostiziert Jakub Graca vom Institut für ein Neues Europa im Gespräch mit Dziennik/Gazeta Prawna.
Gazeta Wyborcza: Jeder hat seine Herausforderungen
Halb im Spaß, halb im Ernst könne man sagen, dass Harris' Aufgabe darin bestehe, den Zuschauern zu zeigen, wer sie ist, während Trumps Aufgabe darin liege, dies zu verbergen, schreibt die linksliberale Gazeta Wyborcza. Wie die Zeitung hervorhebt, habe es die 59-jährige Demokratin geschafft, im demokratischen Wählerspektrum beträchtlichen Enthusiasmus zu wecken, wodurch sie den Rückstand auf ihren Rivalen, den Biden zuvor hatte, wieder wettmachen konnte. Allerdings zeige eine Umfrage der „New York Times“ auch, dass viele Wähler mehr über sie erfahren möchten. Die Meinungen über Trump seien indes längst gefestigt. Nur 9 Prozent der Befragten würden mehr Informationen über ihn benötigen, während 28 Prozent mehr über Harris wissen wollten.
Trumps Berater, so die Zeitung, sollen ihn dazu drängen, sich auf das Programm zu konzentrieren, da persönliche Angriffe, für die er bekannt sei und auf die er offenbar nicht verzichten könne, schlecht aufgenommen würden. Die Spin-Doktoren der Demokratin würden indes wohl hoffen, dass er diesen Rat nicht befolgen wird. „Sie wissen, dass Trump sich nicht kontrollieren kann, wenn er in Wut gerät. Wenn Harris ihn in irgendeiner Weise reizt, wird er sie beschimpfen. Das würde die Amerikaner daran erinnern, wie seine Präsidentschaft aussah. Die Wahlen 2020 drehten sich zu einem großen Teil um seine Persönlichkeit“, erklärt die amerikanische Politologin Karen Kedrowski im Gespräch mit der „Wyborcza“.
Autor: Adam de Nisau