Deutsche Redaktion

Kontroverse um Bestattung der Opfer des Massakers von Wolhynien. Sikorski spricht von "Menschenrechten"

30.09.2024 12:42
Die Diskussion um eine würdige Bestattung der Opfer des Massakers von Wolhynien hat erneut an Fahrt aufgenommen. Der polnische Außenminister Radosław Sikorski betonte am Montag in einem Interview mit dem Radiosender TOK FM, dass dies nicht nur eine Frage der europäischen Kultur, sondern auch eine christliche Pflicht sei.
Radosław Sikorski
Radosław SikorskiKonrad Laskowski/MSZ/ Źróło: Flickr/PolandMFA

Hintergrund der Äußerung war ein Treffen von Sikorski mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj im September in Kiew. Polnische diplomatische Quellen berichteten von einer angespannten Atmosphäre während des Gesprächs. Die ukrainische Seite habe der polnischen Regierung unter anderem vorgeworfen, die Ukraine nicht ausreichend bei den Beitrittsverhandlungen mit der EU zu unterstützen und zu wenig militärisches Gerät zu liefern. Zudem habe die ukrainische Delegation das Thema der Exhumierungen der Opfer des Wolhynien-Massakers nicht auf die Tagesordnung setzen wollen.

Europäischer Kulturkodex und christliche Pflicht

Sikorski hob hervor, dass die würdige Bestattung der Opfer des Massakers von Wolhynien nicht nur eine historische, sondern auch eine kulturelle und religiöse Verpflichtung sei. „Es ist eine Frage des europäischen Kulturkodexes, der bis in die Antike zurückreicht, und eine christliche Pflicht. Diese Meinung teilen in Polen auch der Vizepremier Władysław Kosiniak-Kamysz, Premierminister Donald Tusk und Präsident Andrzej Duda“, so der Außenminister.

Exhumierungsfrage als Hindernis für EU-Beitritt?

Auf die Frage, ob die ungelöste Exhumierungsfrage ein Hindernis für den EU-Beitritt der Ukraine darstelle, erklärte Sikorski: „Die Verhandlungen zum EU-Beitritt der Ukraine werden ein komplexer Prozess. Die Ukraine hat sich durch ihren Heldenmut den Kandidatenstatus erkämpft, aber die eigentlichen Verhandlungen werden kompliziert. Wir werden die Europäizität der Ukraine bewerten, und dazu gehören auch Fragen der Menschenrechte, Rechtsstaatlichkeit und Demokratie.“

Historische Belastungen zwischen Polen und der Ukraine

Das Massaker von Wolhynien bleibt seit Jahren ein belastendes Thema in den polnisch-ukrainischen Beziehungen. Zwischen 1943 und 1944 verübte die Ukrainische Aufständische Armee (UPA) in Wolhynien und den südöstlichen Wojewodschaften Polens eine ethnische Säuberung, bei der etwa 100.000 polnische Zivilisten ermordet wurden. Während Polen dies als Völkermord verurteilt, betrachten viele Ukrainer das Massaker als Teil eines beidseitigen Konflikts.

Die polnische Regierung möchte die Opfer an ihren Begräbnisorten würdevoll bestatten und plant in einigen Fällen auch Exhumierungen. Die ukrainische Seite ist jedoch dagegen und knüpfte in der Vergangenheit ihre Zustimmung an den Wiederaufbau eines Denkmals der UPA im polnischen Hruszowice, was für Polen nicht akzeptabel ist.


TOKFM/jc

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