DZIENNIK/GAZETA PRAWNA: Langer Schatten der Vergangenheit
In einem Gespräch mit dem Blatt Dziennik/Gazeta Prawna erinnert sich Professor Włodzimierz Filar - emeritierter Oberst und ehemaliges Mitglied der polnischen Untergrundarmee AK – an die dramatischen Ereignisse von vor fast 80 Jahren. Vergangene Woche sind 76 Jahre seit dem Massaker von Wolhynien vergangen. Am 11 Juli 1943 erreichte der Massenmord der ukrainischen Nationalisten an der polnischen Bevölkerung seinen Höhepunkt. An diesem Tag, dem sogenannten blutigen Sonntag, sind fast einhundert polnische Ortschaften durch ukrainische Nationalisten, die Ukrainische Aufstandsarmee aber auch ukrainische Zivilisten angegriffen worden. Bei der Aktion wurden über zehn Tausend polnische Zivilisten ermordet.
Die Morde an polnischen Bürgern sind bis 1944 fortgesetzt worden. Bei weiteren Massakern in den Jahren 1943-44 wurden, laut verschiedenen Schätzungen, insgesamt zwischen 100.000 und 150.000 Polen umgebracht. Öffentlich habe er über das Massaker zum ersten Mal erst im Jahr 1992 gesprochen. In Zeiten des Kommunismus sei es nicht möglich gewesen, über die Ereignisse zu sprechen. Genauso wie man nicht zugeben konnte, dass man Mitglied der AK gewesen war. Die meisten seiner Mitarbeiter hätten keine Ahnung gehabt, dass er während des II. Weltkrieges im Untergrund tätig war, genauso wie sie keine Ahnung gehabt hätten, dass er in Wolhynien dem Tod entkommen sei. Er habe sich detaillierte Notizen gemacht, damit er nichts verwechsele, wenn er über diese Ereignisse werde schließlich sprechen können, sagt Professor Filar.
Für viele Polen seien die Morde ein Schock gewesen, führt der Wissenschaftler fort. Die Kontakte mit den Ukrainern seien gut gewesen, die Polen und die Ukrainer seien Nachbarn gewesen. Er selbst habe die ukrainische Sprache gelernt, er kenne alle ukrainischen Lieder, er habe viele Freunde unter Ukrainern. Er habe sogar während des Krieges Treffen der ukrainischen Nationalisten besucht, die die Meinung äußerten, dass man gemeinsam mit den Polen gegen die Sowjets kämpfen solle. Keiner habe geahnt, dass diese Menschen auf Bandera hören würden, der mit antipolnischen Parolen agierte und Polen als ein Hindernis auf dem ukrainischen Weg zum eigenen Staat darstellte, sagt Professor Włodzimierz Filar im Blatt Dziennik/Gazeta Prawna.
RZECZPOSPOLITA: Beflügelte Opposition
Die heutige Presse fasst auch das ereignisreiche politische Wochenende zusammen. Die beiden größten Parteien haben ihre Pläne für den Wahlkampf vorgestellt. Viele Kommentatoren unterstreichen, dass sich der Chef der größten Oppositionspartei Bürgerplattform, Grzegorz Schetyna, bei dem zweitägigen Programmtreffen beflügelt zeigte, schreibt in seiner Stellungnahme in der Tageszeitung Rzeczpospolita Michał Kolanko. Schetyna, erinnert der Publizist, habe sechs Programmpunkte für die Wahlen im Herbst vorgestellt. Er habe unter anderem von der Legalisierung von Homo-Ehen gesprochen, und eben dieser Punkt habe die meisten Kommentare provoziert und für Euphorie in den Reihen der liberalen Parteimitglieder gesorgt, lesen wir. Diese Ankündigung könne man zugleich als einen Abschied vom langjährigen Koalitionspartner, der Bauernpartei PSL verstehen, stellt Kolanko fest. Für die konservative PSL sei die angekündigte Unterstützung für die LGBT-Szene ein weiterer Beweis für den Linksruck der Bürgerplattform.
Der Hauch von Optimismus sei jedoch zu wenig, so Kolanko weiter, um einen systematischen und effektiven Kampf mit der Regierungspartei aufzunehmen. Aber die Überzeugung, dass der Parteiführer die wichtigsten Punkte des politischen Kampfes richtig definiere, sei schon eine Neuigkeit in den Reihen der Opposition. Auch die Regierungspartei dürfe dies nicht ignorieren. Sowohl die Medien, als auch die Wähler mögen keine Geschichten mit vorhersehbarem Ende. Vielmehr erwartet die Öffentlichkeit ein Kopf-an-Kopf-Rennen, so Michał Kolanko in der Rzeczpospolita.
SUPER EXPRESS: Kaczyński’s Abschied von der Politik?
Viele Wähler der Regierungspartei können sich nicht vorstellen, dass die Partei ein anderer Politiker als Jarosław Kaczyński führt, stellt in der neuen Ausgabe die Tageszeitung Super Express fest. Der 70-jährige Politiker sei sich jedoch der Tatsache bewusst, dass die Zeit unaufhaltsam renne und er, früher oder später, die Parteispitze werde verlassen und seinen Nachfolger aufzeigen müssen. Vieles deute darauf hin, dass sich Kaczyński bereits Gedanken über die Zukunft mache. Am Wochenende, beobachtet das Blatt, habe sich der Parteichef an einem Picknick in der Gemeinde Gózd beteiligt. Es sei eine der ersten Wahlkampfveranstaltungen gewesen, die die Regierungspartei vor den herbstlichen Parlamentswahlen plane.
Kaczyński habe, lesen wir weiter, die bisherigen Leistungen seiner Partei gelobt und weitere Neuerungen angekündigt. Zugleich habe er die Hoffnung geäußert, dass derjenige, der in vier Jahren an seiner Stelle auftreten werde, ebenfalls werde sagen können, dass die Politiker der Regierungspartei erneut ihr Wort gehalten hätten. Diese Aussagen habe eine Welle von Kommentaren ausgelöst. Die Publizisten überlegen nun, ob man diese Worte als einen Abschied von der aktiven Parteipolitik verstehen sollte, schreibt Super Express.
Jakub Kukla