Deutsche Redaktion

Emotionale Genugtuung

03.09.2019 13:13
Die polnische Presse kommentiert weiterhin den Verlauf des 80. Jahrestages des Ausbruchs des II. Weltkrieges. 
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TYGODNIK POWSZECHNY: Emotionale Genugtuung

Der 80. Jahrestag des Ausbruchs des II. Weltkrieges wird weiterhin sehr ausführlich in der polnischen Presse kommentiert. Dabei stellt Wojciech Pięciak, Publizist der Wochenzeitschrift Tygodnik Powszechny fest, dass die Geschichtsverarbeitung ein sehr dynamischer Prozess sei, den man stark beeinflussen könne. Noch vor zehn Jahren habe kaum jemand gehört, sowohl in Polen als auch im Ausland, was in den frühen Stunden des 1. Septembers 1939 in der damaligen deutsch-polnischen Grenzstadt Wieluń geschehen war. Parallel zu der Attacke auf die Westerplatte wurde die kleine westpolnische Stadt, ohne jegliche militärische Bedeutung, infolge eines Bombardements fast komplett zerstört. Inzwischen sei Wieluń zu einem Symbol geworden: nicht nur des Kriegsbeginns, sondern auch des brutalen Charakters der deutschen Besatzung in Polen.  

Diesen mentalen Wandel in Bezug auf die Geschichte gäbe auch das Gespräch zwischen den Präsidenten Polens und Deutschlands wieder, lesen wir weiter. Auf die Frage seines polnischen Amtskollegen, wo er die Feierlichkeiten begehen möchte, antwortete Frank-Walter Steinmeier, es wäre eben Wieluń. Die Rede, die der deutsche Politiker in der kleinen Stadt gehalten habe, sehr rührend und in Schlüsselmomenten auf Polnisch gesprochen, werde sicherlich künftig zu den wichtigsten symbolischen Momenten der beiderseitigen Kontakte gehören. 

Geht es nach Pięciak, werde auch die Rede des amerikanischen Vizepräsidenten auf dem Piłsudski-Platz in Warschau Eingang in die Geschichte finden. Wie es scheint, sei es keinem anderen ausländischen Politiker jemals gelungen, so sehr die polnischen Erwartungen in Bezug auf die eigene Geschichte zu decken. Mike Pence sagte genau das, was viele Polen über die Geschichte des eigenen Landes im XX. Jahrhundert hören möchten, und zwar, dass ihr Land, von zwei totalitären Systemen angegriffen und nie gebrochen worden sei. 

Am 1. September, zuerst in Wieluń, dann in Warschau, sei es zu einer wichtigen symbolischen und emotionalen Genugtuung für Polen gekommen. Eine Genugtuung für das damalige Polen, das seine Freiheit und seine Werte zu verteidigen versuchte, für die Bürger des damals multinationalen Landes, die millionenweise ihr Leben verloren haben und letztendlich auch für uns, - Menschen – die mit der dramatischen Geschichte, ihren heldenhaften aber auch dunklen Seiten, weiterzuleben versuchen, so Wojciech Pięciak in Tygodnik Powszechny.

 

RZECZPOSPOLITA: Polnisch-amerikanische Freundschaft blüht

Am Rande des sehr bewegenden Jahrestages des Ausbruchs des II. Weltkrieges, sei es auch zu mehreren politischen Treffen gekommen, die praktische Resultate mit sich bringen könnten, lesen wir in der Tageszeitung Rzeczpospolita. Es gehe unter anderem um die Aufnahme Polens in das Visa-Waiver-Programm, dass Bürgern mehrerer Länder die Möglichkeit gibt, in die USA ohne Visum einzureisen. Bei einer gemeinsamen Pressekonferenz, sagte US-Vizepräsident Mike Pence, es sei eine Aufgabe für seinen Chef. Zugleich äußerte er jedoch die Meinung, dass die Aufhebung der Visumspflicht für polnische Bürger im Herbst, bei der geplanten Visite Trumps in Polen bekannt gegeben werde.

Den Amerikaner käme die Aufnahme Polens in das Visa-Waiver-Programm unter anderem aus wirtschaftlichen Gründen sehr gelegen, schreibt das Blatt weiter. Die immer reicheren Polen könnten zu einer wichtigen Touristengruppe avancieren. Auf der anderen Seite seien auch politische Argumente von Bedeutung. Die Visumspflicht trübe die sehr intensiven Kontakte mit einem Land, dass aus amerikanischer Perspektive zu einem Schlüsselpartner in diesem Teil Europas geworden ist.

Nach dem Treffen mit Andrzej Duda sagte US-Vizepräsident Mike Pence, dass Amerika erneut in Polen nach Inspiration im Kampf um die Freiheit suche. Er versicherte zugleich, dass die Kontakte zwischen Polen und den Vereinigten Staaten niemals besser gewesen waren. Dies sei unter anderem mit den gleichen Werten verbunden, an den sich beide Regierungen richten würden, so Rzeczpospolita.

 

DZIENNIK/GAZETA PRAWNA: Schulen kämpfen mit Lehrermangel

Kurz nach Beginn des neuen Schuljahres nimmt die Tageszeitung Dziennik/Gazeta Prawna die Situation in den Schulen unter die Lupe. Als die großangelegte und umstrittene Schulreform im Jahr 2016 eingeführt wurde, habe der Lehrerverband mit Entlassungen gedroht. Die Gewerkschaftler gingen davon aus, dass nach der Abschaffung von Gymnasien Tausende Lehrer ihre Arbeit verlieren würden. Sławomir Broniarz, Chef des Verbandes der Polnischen Lehrer habe von ca. 45 Tausend Entlassungen gesprochen. Nach drei Jahren sei die Situation mehr oder weniger klar: zu massenhaften Entlassungen sei es nicht gekommen – im Gegenteil viele Schulen würden weiterhin nach neuen Lehrkräften suchen.

Selbstverständlich habe es hier und da Entlassungen gegeben, doch insgesamt kämpften polnische Schulen mit einem anderem Problem, und zwar mit dem Lehrermangel. Dringend gesucht werden vor allem Englischlehrer, so Dziennik/Gazeta Prawna.

Jakub Kukla