Rzeczpospolita: Russland lotet die Stimmung in Polen aus. Verdächtige Fragen zu Meinungen über Ukrainer
Russland führt Krieg auf allen möglichen Ebenen. Vieles deute darauf hin, dass die Analyse der öffentlichen Meinung eine davon sei. Wie die Rzeczpospolita am Montag schreibt, erhalten polnische Unternehmen Angebote zur Durchführung von Umfragen über die Meinung der Polen zu Russen und Ukrainern. Die Preise liegen 200 bis 300 Prozent über den marktüblichen Sätzen. Das Verdächtige: Es sei schwer, den Auftraggeber zu identifizieren, z. B. durch den Namen des Unternehmens oder die E-Mail-Adresse. Wie wir lesen, werden die Auftragsanfragen ausschließlich von privaten Gmail-Adressen gesendet. In den Fußzeilen der E-Mails stünden indes Firmenadressen, die gar nicht existieren, genau wie die angegebenen Telefonnummern. Wie Experten gegenüber der Tageszeitung erklären, bestehe ein wichtiger Punkt darin, dass diese Unternehmen oder Einzelpersonen in der Lage seien, für solche Umfragen im Voraus zu zahlen.
Diese seltsamen Aufträge, so das Blatt weiter, sollen sich vor den polnischen Parlamentswahlen im Oktober deutlich verstärkt haben. Wie einer der Experten erklärt, habe seine Firma recht merkwürdige Fragen erhalten, die man auf dem Markt gewöhnlich nicht stellen würde. Es ging zum Beispiel um die Haltung der Polen gegenüber den Ukrainern, was sie ärgert, was sie an diesem Thema stört. Und ob sie denken, dass Polen die Ukrainer aus dem Land vertreiben sollte. Es habe auch Fragen zur Haltung der Polen gegenüber den Russen gegeben, zum Beispiel ob Putin die Ukraine zu recht angegriffen oder ob sich die polnische Haltung gegenüber gewöhnlichen Russen aufgrund dieses Angriffs geändert habe. Ein wichtiges Element bei diesen Fragen, so das Blatt, sei der Aspekt der Verteilung der Unterstützung für politische Parteien gewesen.
Nun, so Rzeczpospolita, wiederhole sich die Situation. Etwa zwei Monate vor den Wahlen zum Europäischen Parlament seien weitere ähnliche Angebote aufgetaucht. Zusätzlich zu den bereits erwähnten Fragen gebe es auch neue. Die nicht identifizierbaren Unternehmen wollen etwa wissen, ob die EU keine neuen Sanktionen gegen Russland verhängen oder die Waffenlieferungen an die Ukraine nicht einschränken sollte, da dies der EU-Außenpolitik schade.
Es habe auch Fragen gegeben, ob sich die Einstellung gegenüber den Russen ändern würde, sollte der Krieg enden, oder was Menschen tun würden, falls der Krieg in der Ukraine weiter eskalieren oder sogar auf Polen übergreifen würde. Ob man beispielsweise dafür die EU verantwortlich machen würde. Andere wiederum wollten wissen, ob die Polen nicht der Meinung seien, dass die Ukrainer die öffentliche Meinung in Europa und in der Welt zunehmend manipulieren, indem sie damit drohen, dass Russland einen militärischen Konflikt mit der EU und der NATO anstrebe, und ob Russland deshalb nicht stärkere militärische Schritte unternehmen und die EU selbst der Ukraine den Rücken kehren sollte.
Vertreter polnischer Meinungsforschungsunternehmen seien überzeugt, dass der Stil dieser Fragen sowie deren Muster auf russische oder belarussische Dienste hinweise. Die Fragen würden klar darauf hindeuten, dass jemand dieses Wissen später nutzen könnte, um die Situation in Polen, aber auch in ausgewählten Ländern der gesamten EU zu destabilisieren, lesen wir in Rzeczpospolita.
Defence24: Raketenexplosionen in Russland könnten die Russen wachrütteln
Die Zustimmung der USA und Deutschlands dafür, dass die Ukrainer westliche Waffen auf russischem Territorium einsetzen dürfen, könnte eine weitaus größere Wirkung haben als nur die Zerstörung einiger militärischer Einrichtungen oder Einheiten, schreibt Oberleutnant Maximilian Dura im Nachrichtenportal Defence24. Die ukrainischen Raketenangriffe in Russland nördlich von Charkiw, so der Autor, werden der russischen Öffentlichkeit zum ersten Mal deutlich machen, dass es sich bei dem, was Putin die so genannte „militärische Sonderoperation“ nenne, um einen regelrechten Krieg handelt. Denn nun werde das, was die Russen bisher nur aus offiziellen Medienberichten kennen, in Form von herabfallenden Raketentrümmern und Artilleriegranaten direkt neben ihren Häusern auftauchen.
Bislang, lesen wir, hätten die Angriffe ukrainischer Spezialeinheiten und Langstreckendrohnen das tägliche Leben der russischen Gesellschaft nicht grundlegend beeinträchtigt. Die Russen würden sich daher sicher fühlen und sich selbst im Grenzgebiet nicht darum kümmern, dass einige Kilometer weiter ihr Militär ukrainische Städte zerstört. Das könnte sich nun ändern, so Dura. Denn nun könnten alle Einrichtungen, militärische Ausrüstung und Soldaten in einem Umkreis von bis zu 200 km um Charkiw Ziel eines Raketenangriffs werden. Trotz der vermeintlichen Präzision solcher Angriffe seien laut dem Offizier Nebenwirkungen unvermeidlich. In den vom russischen Militär am stärksten belasteten Gebieten könnte es daher sogar zu einer Zwangsevakuierung der Bevölkerung kommen. Dies wiederum würde die lokale Wirtschaft weitaus stärker beeinträchtigen als der derzeitige Krieg. Und die örtliche Bevölkerung werde erfahren, dass die Vorbereitung von Truppen auf einen Angriff auf die Ukraine in ihrem Gebiet mit einer entschlossenen Antwort einhergehen könne. Die Russen könnten also beim Anblick ihrer Panzer aufhören, freundlich zu winken, und anfangen, mit den Fäusten zu drohen, so Dura.
Die bloße Zerstörung russischer Ausrüstung, selbst in großer Zahl, lesen wir weiter, habe die Einstellung der russischen Gesellschaft zum Krieg bisher nicht verändert. Sie würde Kampfhandlungen immer noch als etwas Fernes sehen, das ihr tägliches Leben nicht beeinflusse. So sei es auch während der Kriege in Afghanistan, Tschetschenien, Georgien und 2014 in der Ukraine gewesen. Russlands Territorium sei in der Regel unantastbar geblieben. Die Auswirkungen der vom Kreml geführten Kriege seien nur auf Friedhöfen sichtbar gewesen. Nun würden die Russen lernen, dass ein Angriff auf ihren Nachbarn mit einem schweren Gegenangriff enden werde. Und möge dies die Botschaft sein, die einen Mentalitätswandel in der russischen Gesellschaft einleitet, so Maximilian Dura im Portal Defence24.
Dziennik/Gazeta Prawna: Wieso steigt das Interesse der Polen am freiwilligen Wehrdienst?
In Polen indes ändere das Verteidigungsministerium die Vorschriften, um noch mehr Polen zu den Waffen rufen zu können. Ein entsprechender Verfassungsentwurf liege bereits vor, schreibt das Wirtschaftsblatt Dziennik/Gazeta Prawna. Die vom stellvertretenden Ministerpräsidenten und Verteidigungsminister Władysław Kosiniak-Kamysz vorbereitete Verordnung sehe vor, das Einberufungslimit in diesem Jahr um weitere 10.000 Bewerber zu erhöhen. Während das Verteidigungsministerium versichere, dass die Notwendigkeit einer Gesetzesänderung auf das große Interesse am Militärdienst zurückzuführen sei, seien Berufsoffiziere nicht unbedingt glücklich über diesen Trend, lesen wir im Blatt.
In den Augen des ehemaligen Kommandeurs der Landstreitkräfte, General Waldemar Skrzypczak, sei der freiwillige Grundwehrdienst nicht das beste Rezept für die Rekrutierungsprobleme der polnischen Streitkräfte. Wie er überzeugt, bildet er die Menschen nicht für spezialisierte und fortgeschrittene Aufgaben aus, sondern für die Bedienung einfacher Waffen. Und dies sei nicht der Weg zu einer modernen Armee, so der General. Alle modernen Armeen der Welt würden sich auf hochqualifizierte Militärspezialisten stützen, die die neuesten Technologien beherrschen, mahnt Waldemar Skrzypczak in dem Tagesblatt.
Der General befürchtet, dass ein großer Teil der sich für den freiwilligen Wehrdienst entscheiden Bürger dies nicht aus patriotischen Gründen tue. Laut ihm würden viele oft nur in die Armee gehen, um Geld für den Urlaub zu verdienen oder um sich einen Laptop zu kaufen. Es gehe nur um Geld. Die Zahlen würden beweisen, dass dieses System und die Methoden Bürger für den verantwortlichen Wehrdienst zu überzeugen, ineffizient seien, so General Skrzypczak im Gespräch mit Dziennik/Gazeta Prawna.
Autor: Piotr Siemiński