Rzeczpospolita: Ist die Ukraine bereit für den Wiederaufbau?
Am Dienstag hat in Berlin die jährliche Wiederaufbaukonferenz URC2024 Ukraine begonnen. Ziel ist es, Mittel und Investitionen für die Erneuerung der durch Putins Bomben zerstörten Infrastruktur zu sammeln. Bei der letztjährigen Konferenz in London sicherte sich Kiew fast 60 Milliarden Euro. Wie die Rzeczpospolita erinnert, steht der Besuch von Wolodymyr Selenskyj diesmal vor dem Hintergrund kompromittierender Turbulenzen in Kiew.
Am Montag, kurz vor Beginn der Berliner Konferenz, so das Blatt, sei Mustafa Najem zurückgetreten. Er hatte mehr als ein Jahr die Staatliche Agentur für Wiederaufbau und Entwicklung der Ukraine geleitet. Najem begründete seinen Rücktritt damit, dass die Regierung die Arbeit der Agentur systematisch behindere und ihm die Teilnahme an der Berliner Konferenz untersagt habe.
Najem erklärte auf Facebook, dass sein Team seit November letzten Jahres ständigem Widerstand und künstlichen Hindernissen ausgesetzt sei. Das Budget für den Wiederaufbau und die Instandhaltung von Straßen sei komplett gestrichen worden. Zudem blockiere die Regierung seit drei Monaten fast 150 Millionen Euro, die bei der Europäischen Investitionsbank für wichtige Infrastrukturen wie Wasser- und Energieversorgung geliehen wurden. Najem betonte, dass die nicht fristgerechte Bezahlung von Unterauftragnehmern das Vertrauen in den Staat untergrabe und bei internationalen Partnern Unmut hervorrufe.
Najem berichtete weiter, dass die Gehälter der meisten Mitarbeiter seiner Behörde seit Jahresbeginn absichtlich um bis zu 68 Prozent gekürzt wurden, um die Behörde als ineffektiv und überflüssig darzustellen. Najem, ein bekannter und glaubwürdiger Beamter, hatte im November 2013 als Journalist mit seinem Aufruf zum Majdan zur Revolution in der Ukraine beigetragen.
Wie die Financial Times von hochrangigen ukrainischen und westlichen Gesprächspartnern erfahren habe, habe eine Reihe von Personalwechseln in den letzten Monaten zu Spannungen in den Beziehungen Kiews zu westlichen Partnern geführt. Daria Kaleniuk, Geschäftsführerin des Kiewer Zentrums für Korruptionsbekämpfung, erinnerte daran, dass der Vizepremier und Infrastrukturminister Oleksandr Kubrakow kürzlich entlassen wurde. Ein Grund sei die Zusammenarbeit seines Ministeriums mit dem Nationalen Antikorruptionsbüro der Ukraine (NABU) gewesen. Najem und Kubrakow hatten Ermittlungsbeamten geholfen, im November zwei Abgeordnete der Werchowna Rada der Korruption zu überführen. Diese hatten Bestechungsgelder im Austausch für die Teilnahme an Wiederaufbauprogrammen angeboten. Einer der Festgenommenen war sogar Mitglied des Ausschusses für Korruptionsbekämpfung.
Kaleniuk erklärte, dass dies äußerst negative Auswirkungen auf die Außenpolitik und das Vertrauen in die Ukraine habe. Wenn Kiew etwas vom Westen fordere, müsse es in der Lage sein, komplexe Projekte umzusetzen, Versprechen einzuhalten, Transparenz zu gewährleisten und über die für den Wiederaufbau ausgegebenen Gelder zu berichten. All dies erwarte der Westen, die Ukraine könne dies aber immer noch nicht erfüllen, so die ukrainische Anti-Korruptions-Aktivistin im Gespräch mit der FT.
Dziennik Gazeta Prawna: Polens Armee wird von einem Spinnennetz umwoben
Polen gebe wieder einmal Milliarden Zloty für ausländische Militärkäufe aus, obwohl im eigenen Land billigere und bessere Waffen verfügbar seien. Trotz Regierungsankündigungen sei nicht genügend Geld investiert worden, um unabhängig zu werden, schreibt das Wirtschaftsblatt Dziennik/Gazeta Prawna. Als Władysław Kosiniak-Kamysz Verteidigungsminister wurde, erinnert das Blatt, habe er angekündigt, 50 Prozent der Kampfausrüstung in polnischen Unternehmen oder auf polnischem Territorium herstellen zu lassen.
Stattdessen habe Polens Rüstungsagentur in den ersten drei Monaten dieses Jahres langfristige Verträge mit polnischen Unternehmen im Wert von 2,4 Milliarden Zloty und mit ausländischen Unternehmen im Wert von fast 20 Milliarden Zloty unterzeichnet. Ein solches Missverhältnis überrasche hochrangige Offiziere. Wie der ehemalige Oberbefehlshaber der Landstreitkräfte, General Waldemar Skrzypczak betont, könne Polen wegen solcher politischer Entscheidungen keine technologische Autonomie erreichen. Er wisse nicht, ob die Schuld bei Lobbyisten oder woanders liege. Polen sei technologisch keineswegs weit hinter ausländischen Firmen. In einigen Bereichen sei Polen sogar weit voraus, etwa bei Panzerabwehrprogrammen und Lenkflugkörpern. Polens Industrie verfüge auch über eigene Technologie für Präzisionsmunition für die Artillerie. Umso erstaunlicher sei es, dass die Regierung gleiche oder schlechtere Ausrüstung im Ausland für die dreifache Summe kaufe.
Er, so Skrzypczak, habe über die Jahre eine beunruhigende Regelmäßigkeit bemerkt, die das polnische Ingenieurwesen lähme. Polen kaufe im Ausland ohne Prüfung oder Zertifizierung, während polnische Geräte strengen Tests unterzogen würden, für die die Firmen hohe Summen zahlen müssten. Ausländische Firmen bräuchten diese Tests nicht. Dies sei ein Spinnennetz, das das polnische technische Denken umspanne und die technologische Entwicklung Polens behindere, so Skrzypczak im Gespräch mit DGP.
PAP: Polen sollte sich gemeinsam mit Frankreich an einer Ausbildungsmission in der Ukraine beteiligen
Polen sollte sich an der geplanten militärischen Ausbildungsmission in der Ukraine beteiligen, sagt der Journalist des Wirtschaftsblatts Dziennik Gazeta Prawna, Zbigniew Parafianowicz, der von einem Einsatz in der Ukraine zurückgekehrt ist, im Gespräch mit der Polnischen Presseagentur PAP. Die Einladung zur Teilnahme an der Initiative, so Parafianowicz, stamme von Frankreich. Deutschland sei beispielsweise nicht eingeladen worden. Das Ziel der Mission bestehe darin, die ukrainischen Streitkräfte auf ihrem Boden zu stärken. Während Italien und Spanien zögerten und es europäische Vorbehalte gegen eine Eskalation der Spannungen mit Russland gebe, erwarte Präsident Emmanuel Macron eine schnelle Entscheidung der teilnehmenden Länder. Parafianowicz betonte die Bedeutung von Erfahrungen aus erster Hand im Ukraine-Konflikt. Die Teilnahme Polens würde auch das Verständnis für die regionale Dynamik verbessern.
Geht es nach Parafianowicz, habe Polen durch den Krieg in der Ukraine bereits viel Zeit verloren, um aus dem Konflikt zu lernen. Die Teilnahme an der Ausbildungsmission würde dem polnischen Militär erlauben, den Kriegsschauplatz in der Region wirklich zu verstehen. Die Teilnahme an dieser Mission wäre ratsam und würde Polen nur Vorteile bringen, so der erfahrene Auslandskorrespondent, der über die Länder Osteuropas und der ehemaligen Sowjetunion berichtet.
Autor: Piotr Siemiński