Deutsche Redaktion

Macht Donald Tusk einen guten Job als Ministerpräsident?

31.12.2024 10:47
Wahlkommission akzeptiert Finanzbericht der Partei „Recht und Gerechtigkeit“ (PiS) aus den letzten Parlamentswahlen. Die Beziehungen zwischen Polen und Deutschland bleiben angespannt. Wie bewerten die Polen Donald Tusks Arbeit als Ministerpräsident? 
Donald Tusk
Donald TuskShutterstock/Longfin Media

RZECZPOSPOLITA: Keine gute Wortwahl

Die staatliche Wahlkommission (PKW) hat entschieden: Am Montag hat sie den Finanzbericht der Partei „Recht und Gerechtigkeit“ (PiS) aus den letzten Parlamentswahlen akzeptiert. Dies bedeutet, dass die Partei die zustehenden Gelder erhalten wird, schreibt die Tageszeitung Rzeczpospolita. Spätestens am Dienstag werde das entsprechende Dokument auf dem Schreibtisch des Finanzministers liegen, kündigte Richter Sylwester Marciniak an. Der Betrag beläuft sich auf 38,7 Millionen Złoty.

Kurz darauf übte der Premierminister jedoch Druck auf den Finanzminister aus, indem er auf der Plattform X schrieb, es gebe kein Geld und werde auch künftig keines geben. Der Ombudsmann Marcin Wiącek stellte daraufhin klar, dass keine Zuständigkeitsregelung den Premierminister ermächtige, die Wirkung der PKW-Resolution zu bewerten.

Es gibt noch einen weiteren Aspekt, den Rzeczpospolita hervorhebt: Dem Ministerpräsidenten habe es nicht nur an Zurückhaltung, sondern auch an politischem Selbsterhaltungstrieb gefehlt. Er habe die PKW-Resolution mit Worten kommentiert, die seinem Lager in der Vergangenheit Niederlagen eingebracht hatten. Dabei zitierte er Jan Vincent-Rostowski, der als Finanzminister einst in Bezug auf das geplante Kindergeld „500 Plus“ sagte: „Es gibt kein Geld und es wird auch keines geben.“

Wir kennen den Rest der Geschichte sehr gut – wer gewann, wer verlor, heißt es weiter. Diese Aussage wurde zu einem Symbol der Bürgerplattform (PO) in ihren schlimmsten Tagen. Hat der Premierminister den Kontext der zitierten Worte vergessen? Die Wahl des Zitats von Donald Tusk ist also, gelinde gesagt, originell. Die Opposition muss sich nun nicht einmal sehr anstrengen; es reicht, dass es den Polen wirtschaftlich etwas schlechter geht, damit Tusk erkennt, dass er dieses Bonmot à rebours zur falschen Zeit abgerufen hat. 

DZIENNIK/GAZETA PRAWNA: Keine Verbesserung in Sicht 

Die Beziehungen zwischen Polen und Deutschland bleiben trotz der pro-europäischen Wende der Regierung von Donald Tusk angespannt und von Misstrauen geprägt, berichtet die Dziennik/Gazeta Prawna unter Berufung auf einen Artikel der britischen Zeitung The Guardian.

Dem Artikel zufolge hat die Regierung Tusk zwar den langjährigen Streit mit der EU über die Rechtsstaatlichkeit beigelegt und damit Milliarden von Euro an EU-Geldern freigesetzt. Dennoch bleiben die Beziehungen zwischen Warschau und Berlin schwierig. Ein Streitpunkt ist nun die Erhöhung der europäischen Verteidigungsausgaben, denen Deutschland skeptisch gegenübersteht.

Verärgert zeigte sich Berlin, als sich Tusk im Mai mit dem griechischen Premierminister Kyriakos Mitsotakis zusammentat, um einen europäischen Verteidigungsschild zum Schutz des EU-Luftraums zu fordern. Deutschland lehnte den Plan aufgrund der hohen Kosten ab. Für Tusk sei dies das Ende eines positiven, zukunftsweisenden Projekts gewesen, das die bilateralen Beziehungen hätte verbessern können, berichtet die Tageszeitung.  

SUPER EXPRESS: Alter Regierungsstil unter neuen Bedingungen  

Wie bewerten die Polen Donald Tusks Arbeit als Ministerpräsident? Die Meinungen sind geteilt. Laut einer aktuellen Umfrage von United Surveys haben 47,1 Prozent eine positive Meinung, während 48,7 Prozent kritisch eingestellt sind.

Ein Experte analysiert in der Zeitung, was Tusks Wahrnehmung in der Bevölkerung verbessern könnte. Laut Prof. Jarosław Flis von der Jagiellonen-Universität wird die bevorstehende Präsidentschaftswahl eine Schlüsselrolle spielen.

„Diese Wahl wird eine große Veränderung bringen. Zudem bleibt abzuwarten, wie sich die politische Lage in Deutschland nach den Wahlen entwickelt und welche Veränderungen in Frankreich anstehen. Derzeit ist Italien – neben Polen – das einzige stabile große EU-Land, während die Aussichten in anderen Ländern unvorhersehbar sind“, so Flis.

Neben der Präsidentschaftswahl könnten auch globale Ereignisse Einfluss nehmen. Der Experte verweist auf Donald Trumps Ankündigungen, beispielsweise den Krieg in der Ukraine innerhalb von 24 Stunden beenden zu wollen.

Prof. Flis sieht jedoch ein Problem: Tusk habe sich an den Regierungsstil aus seiner ersten Amtszeit gewöhnt, als er mit der Bauernpartei PSL einen Koalitionspartner hatte, der wenig Spielraum besaß. Damals konnte die Bauernpartei ihre Meinung kaum gegen die Bürgerplattform durchsetzen. Heute könnte Tusk jedoch selbst Gefahr laufen, das Amt des Premierministers zu verlieren, wenn er nicht die notwendige Anpassungsfähigkeit zeigt, schätzt der Politologe.

 

Autor: Kuba Kukla