Dziennik Gazeta Prawna: Kampf um höchste EU-Ämter hat begonnen
Der Kampf um die höchsten Ämter in der Europäischen Union hat begonnen, schreibt in der heutigen Ausgabe das Wirtschaftsblatt Dziennik/Gazeta Prawna. Wichtige Gespräche zur Besetzung der wichtigsten EU-Posten nach den Wahlen zum Europäischen Parlament, so das Blatt, werden während eines informellen Mittagessens der Staats- und Regierungschefs der EU am Montag stattfinden. Hinter den Kulissen seien die Verhandlungen zur Übernahme der attraktivsten Ämter bereits jetzt im Gange.
Wie aus den Informationen des Blattes hervorgeht, sei im Falle Polens eine neue Kandidatur aufgetaucht - Piotr Serafin, ein enger Mitarbeiter von Donald Tusk werde als Kandidat für die Position des Erweiterungskommissars gehandelt.
Die Posten der Chefs der EU-Kommission, des Europäischen Rates, des EU-Parlaments oder EU-Diplomatie, seien für Polen außer Reichweite, urteilt das Blatt. Bislang schien die ernsthafteste Möglichkeit das neue Ressort des Verteidigungskommissars für den derzeitigen polnischen Außenminister Radosław Sikorski zu sein. Das Außenministerium selbst habe jedoch in inoffiziellen Gesprächen seinen Enthusiasmus für diese Bestrebungen gedämpft. Das Problem um das Ressort für Sikorski seien die Versuchungen Frankreichs, die Kontrolle über den Rüstungsbereich zu übernehmen. Und - wie das Blatt in der Regierung erfahren habe - auch ein abnehmendes Interesse an dem Posten bei Sikorski selbst.
Als Land mit einer umfangreichen Rüstungsindustrie sei Frankreich bestrebt, die Geldströme zu kontrollieren, die durch die neue Generaldirektion für Verteidigung fließen werden. De facto handelt es sich um Milliardenbeträge, die als staatliche Beihilfen an (vor allem französische) EU-Firmen fließen, die Waffen und Munition herstellen. Serafin als Erweiterungskommissar sei wiederum eine Gelegenheit, den Prozess der Integration der Ukraine in die EU zu kontrollieren. Das liege in Polens vitalem Interesse. Allerdings wäre es im Vorfeld der im Januar beginnenden sechsmonatigen Ratspräsidentschaft, in der die Rolle des Botschafters bei der EU (und der amtierende Botschafter sei eben Serafin) sehr groß ist, organisatorisch nachteilig. Im Falle Sikorskis wäre das Problem, einen potenziellen Nachfolger zu finden. Nach Informationen des Blatts seien in diesem Zusammenhang unter anderem die Unterstaatssekretäre des Außenministeriums, Marek Prawda und Henryka Mościcka-Dendys, im Spiel, so Dziennik/Gazeta Prawna.
Rzeczpospolita: Emmanuel Macron: entweder ich oder das Chaos
18 Tage vor den vorgezogenen Parlamentswahlen habe Präsident Macron die Franzosen vor eine harte Wahl gestellt: extremer Populismus oder die republikanische Front, schreibt Jędrzej Bielecki in der Rzeczpospolita. In der Geschichte der 1958 von General Charles de Gaulle gegründeten V. Republik, so der Autor, habe kein französischer Anführer eine so riskante Entscheidung getroffen. Wie Bielecki erinnert, habe Macron, aufgrund von Konsultationen in einem kleinen Kreis und trotz des Widerstands von Premierminister Gabriel Attal eine Stunde nach Bekanntgabe der Ergebnisse der Wahlen zum Europäischen Parlament angekündigt, dass er die Nationalversammlung auflöst. Die ersten Umfragen seien sehr beunruhigend: Das rechtsextreme Rassemblement National von Marine Le Pen könnte die Zahl seiner Abgeordneten von 88 auf 235–265 erhöhen und somit der Mehrheit von 289 Abgeordneten im 577-köpfigen Parlament sehr nahekommen. Gleichzeitig würde die Koalition der Präsidentenparteien von derzeit 249 auf 125–155 Sitze reduziert werden.
In den vergangenen 66 Jahren habe Frankreich dreimal eine Kohabitation erlebt, eine Situation, in der Präsident und Regierung verschiedenen politischen Lagern angehören. Immer habe es sich jedoch um ein Spiel zwischen moderater Linken und moderater Rechten gehandelt – zwischen Kräfte also, die viele gemeinsame Werte, insbesondere die republikanischen Prinzipien wie Demokratie und Rechtsstaatlichkeit, teilen. Diesmal habe sich der Präsident jedoch entschieden, das Risiko einzugehen, dass nationalistische und populistische Kräfte an die Macht kommen, die in anderen europäischen Ländern autokratische Tendenzen zeigen.
In seiner politischen Karriere, so Bielecki, habe Macron nie vor Risiken zurückgeschreckt. So habe er eine völlig neue politische Bewegung gegründet und ohne große politische Erfahrung 2017 den Élysée-Palast erobert. Auch habe er einige seiner Reformen durchgesetzt, wie die Erhöhung des Rentenalters auf 64 Jahre. Diesmal jedoch sei in Frankreich die Sorge weit verbreitet, dass Macron zu weit gegangen ist. Gerüchte besagen, dass sich der Präsident bei einem schlechten Wahlergebnis am 30. Juni und 7. Juli zurückziehen könnte, was vom Élysée-Palast dementiert wurde. Die französische Börse habe begonnen zu fallen, und die Renditen französischer Schulden seien gestiegen.
Macron habe eine tiefgreifende Umgestaltung der politischen Landschaft vorgeschlagen, indem er die republikanischen Kräfte um ein gemeinsames Projekt vereint. Ein solcher Zusammenschluss würde die bisherige Präsidentenkoalition mit der Sozialistischen Partei, Gegnern Ciottis bei den Republikanern und ökologischen Gruppen verbinden. Macron habe auch das Programm eines solchen Blocks skizziert, das eine Verschärfung der Migrationspolitik, Verbesserung der Sicherheit, bessere Lebensbedingungen, höhere Einkommen und leichteren Zugang zu Wohnraum umfasse. Auch eine Außenpolitik, die auf Unterstützung für die Ukraine und Stärkung des europäischen Projekts setze, sei Teil des Programms.
Macron habe auch einen Plan B. Er habe ihn am Mittwoch nicht ausdrücklich erwähnt, jedoch angedeutet, dass wenn er jetzt nicht auf den „Zorn“ der Franzosen reagiere, dieser solche Ausmaße annehmen könnte, dass er 2027 Le Pen den Weg zum Élysée-Palast ebnen könnte. Sollte jedoch diesen Sommer der rechtsextreme Kandidat Jordan Bardella Premierminister werden, könnte dies die Inkompetenz der extremen Rechten vor den entscheidenden Präsidentschaftswahlen aufdecken. Dies sei jedoch ein äußerst riskantes Szenario. In Großbritannien hätten die Regierungen von Boris Johnson tatsächlich die Leere hinter der Brexit-Demagogie gezeigt, was vermutlich zu einer historischen Niederlage der Konservativen Partei im Juli führen werde. In Italien jedoch habe Giorgia Meloni nach ihrem Machtantritt ihr Programm erheblich gemildert, was ihr erlaubt habe, sich als Premierministerin zu festigen.
Gazeta Wyborcza: An der Grenze getöteter Soldat hatte keine Schutzweste
Laut Informanten der linksliberalen Gazeta Wyborcza habe der an der polnisch-weißrussischen Grenze getötete Sergeant Mateusz Sitek keine sogenannte leichte Weste getragen, die vor Messerstichen schützt. Diese Ausrüstung fehle den meisten Soldaten, die das Gebiet patrouillieren, so das Blatt in seinem heutigen Aufmacher.
In einem Interview mit Monika Olejnik in der Sendung „Kropka nad i“ (TVN 24) sei Władysław Kosiniak-Kamysz, Vizepremier und Verteidigungsminister, gefragt worden, ob der Soldat eine Weste trug. Er habe geantwortet, dass dies Gegenstand der Untersuchung durch die Staatsanwaltschaft sei, der Soldat aber, seines Wissens nach, eine Schutzweste getragen habe. Quellen widersprechen jedoch den Aussagen von Kosiniak-Kamysz und behaupten, dass Sitek keine schutzstichfeste Weste trug. Diese Information sei durch zwei weitere Quellen bestätigt worden, die direkt mit den Einheiten (Grenzschutz, Militär) in Verbindung stehen, die den Grenzzaun bewachen.
Der Pressesprecher des Verteidigungsministeriums, Janusz Sejmej, habe erklärt, dass der Soldat eine kugelsichere Weste trug. Unabhängig von der Unterscheidung zwischen leichter und schwerer Weste bedeute dies, dass das Verteidigungsministerium dieser Version sicher sei. Was genau die Staatsanwaltschaft untersucht, bleibe unklar. Sergeant Sitek ist am 28. Mai mit einem Messer angegriffen worden und am 6. Juni gestorben.
Seit Ende Februar, so das Blatt weiter, führe das Verteidigungsministerium eine Operation mit dem Codenamen „Szpej“ durch, die darauf abziele, die an der Grenze eingesetzten Soldaten mit Ausrüstung wie Taschenlampen, Nachtsichtgeräten, Spezialkleidung und Schutzausrüstung, einschließlich leichter Westen, zu versorgen. Diese seien jedoch bisher nur in „Spurenmengen“ vorhanden. Unabhängige Medien hätten zuvor berichtet, dass Soldaten, die an die Grenze geschickt wurden, sich auf eigene Kosten besseres Equipment wie Handschuhe, Stiefel oder Beobachtungsgeräte anschaffen.
Dank der in den letzten Tagen gesammelten Informationen würden wir mehr Details zu dem Vorfall kennen, bei dem der Soldat getötet wurde. Ein Grenzschutzbeamter habe beschrieben, dass die Soldaten beim Erreichen des Zauns zunächst die zwischen den Stäben steckenden Wagenheber entfernen, die von Schmugglern benutzt werden, um die Stäbe zu spreizen. Der Soldat sei verletzt worden, als er versuchte, einen Wagenheber zu entfernen und dabei mit einem Messer unter die Rippen gestochen wurde.
Aus den erhaltenen Berichten gehe hervor, dass der Soldat allein versucht habe, den Wagenheber zu lösen und dabei nicht direkt gesichert gewesen sei. Dies sei ein Fehler der Kommandanten gewesen, die unbedingt maximale Vorsicht anordnen sollten. Patrouillen würden sich paarweise entlang des Zauns auf sogenannten technischen Wegen bewegen. Nach der Tragödie hätten Soldaten und Grenzschutzbeamte Anweisungen erhalten, sich nicht allein dem Zaun zu nähern und nach Möglichkeiten zu suchen, die Werkzeuge der Schmuggler mit anderen Werkzeugen wie Haken zu entfernen, so Gazeta Wyborcza.
Autor: Adam de Nisau